Cornel West: Für die Verteidigung der abendländischen Bildung

20. April 2021

„Der Philosoph Cornel West lehrt an der Harvard University. In einem heute zusammen mit Jeremy Tate veröffentlichten Aufsatz kritisiert er den gegenwärtig vor allem im angelsächsischen Sprachraum stattfindenden Kampf gegen die Vermittlung des abendländischen Kulturerbes an Universitäten. Dieser Kampf illustriere den Grad des geistig-moralischen Verfalls der USA. Das abendländische Erbe sei das Erbe aller freien Menschen und müsse unbedingt verteidigt werden.

Der abendländische Literaturkanon sei eine „Konversation unter großen Denkern, die sich über Generationen hin erstrecke und umso reicher wird, je mehr es durch unsere  eigenen Stimmen und die exzellenten Stimmen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und anderen Orten der Welt ergänzen“. Er sei ein zudem „ausgedehnter Dialog der crème de la crème unserer Zivilisation über die fundamentalsten Fragen“, dessen Ziel ein besseres Leben sei. Durch die Auseinandersetzung mit diesem Erbe wachse der Geist des Menschen, weil er in höchstem Maße herausgefordert werde.
Der als Sklave geborene Frederick Douglass, der später zu einem bedeutenden amerikanischen Schriftsteller wurde, habe die Schriften abendländischer Denker wie Sokrates, Cato und Cicero studiert, um zu lernen, wie ein freier Mann zu denken. Die Aktivisten, die das abendländische Erbe an Universitäten bekämpften, wollten „das Licht der Weisheit und Wahrheit schwächen“, das Douglass und viele andere Afroamerikaner inspiriert habe, die sich für individuelle Freiheit eingesetzt hätten. Das abendländische Erbe sei auch zum Erbe der Schwarzen in den USA geworden, weil es ihnen ermöglicht habe, zu sich selbst zu finden und geistig frei zu werden.
Der aktuelle Kampf gegen das abendländische Erbe sei ein Zeichen für den „geistigen Verfall, moralischen Abstieg und die tiefe geistige Enge, die in der amerikanischen Kultur Amok laufen“. Man könne dies nur verurteilen. Die Fixierung auf die negativen Aspekte einzelner Teile des westlich-abendländischen Erbes verstelle mittlerweile vollständig den Blick auf dessen Gesamtheit sowie auf dessen Stärken und Leistungen.
Die Akteure dieses Kampfes seien nicht nur identitätspolitische Aktivisten, sondern auch postliberale Ideologen, für die Bildung nur Vermittlung praktischer Fähigkeiten sowie die Aneignung von Titeln sei. Diese Ideologen kämpften gegen ein Bildungsverständnis, das die Bildung der Seele sowie die „Kultivierung von geistig intakten und moralisch ausgestatteten Menschen“ anstrebe, die über Tugenden wie Tapferkeit und Gemeinsinn verfügen.1 “

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und

https://renovatio.org/2017/06/historiker-caspar-hirschi-kosmopolitischer-liberalismus-als-treiber-sinkenden-gesellschaftlichen-zusammenhalts-und-erosion-der-demokratie/

 

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