von Dr. Konrad Kustos
Politische Weltbilder sind im Wandel
„Katja Kipping, die Führerin der neuen Linken, jedenfalls der Partei, die diesen Namen trägt, schalt kürzlich in einer Fernsehdiskussion Österreichs Außenminister Sebastian Kurz: „Ihre europäische Lösung bedeutet Tränengas und einen Schießbefehl gegen Menschen“. Nun gut, so kann man es auch formulieren, wenn man Oppositionspolitik auf Kanzlerlinie macht. Linke und CDU in einem Boot? Mit unserem orthodoxen Verständnis von „links“ passt das so wenig zusammen wie die Aktionen der Antifa, die sich immer mehr gegen bürgerliche Freiheiten und die rechtsstaatliche Ordnung richten statt gegen das kapitalistische System. Dieser Paradigmenwechsel von rechts und links in der Realität und in unserer Vorstellung war hier schon vor einer Woche Thema, da aber noch als Aufarbeitung des gängigen Verständnisses, heute soll es um die Transformation der Begriffe und Inhalte gehen.“ (…)
„Der HU-Soziologe Alexander Meschnig sieht das neue Linkssein jenseits einer Parteienzuordnung in einer allgemeinen Dekadenz begründet, die sich als „feindselige Haltung gegenüber der eigenen Gesellschaft und ihrer politischen Ordnung, bei gleichzeitiger Glorifizierung alles ‚Fremden‘ zeigt.“ Er sieht darin einen Mangel an Selbstachtung und einem Hass auf das Eigene. Diese Abwertung des Eigenen sei „tief in den kulturellen Traditionen unserer protestantisch geprägten Schuldkultur“ verwurzelt. Zur Neuformulierung der Religion als Niedergangsphänomen wurde in diesem Blog vor kurzem ganz Ähnliches gesagt.
Die Abkehr von linken Prinzipien ist für Linke also vor allem ein psychologisches und dieses wiederum ein zeitgeistiges Phänomen. Sozialismus oder Kommunismus spielen keine Rolle mehr, die über Folklore hinausgeht, und die einst egalitäre Anarchie dient nur noch als Vorwand für Krawall. Soziale Gerechtigkeit und unsoziale Herrschaftsverhältnisse sind unerheblich geworden. Es geht stattdessen um so große wie schwammige Themen, also beispielsweise um Humanismus, Gleichheit und Demonstrationsökologie ohne ökologischen Nachweis. Dazu gehört natürlich auch der immer beliebter werdende „Kampf gegen Rechts“, mit dem sich die Neu-Linken anscheinend selbst bestätigen wollen, dass sie doch irgendwie immer noch Alt-Linke, also echte Linke sind. Das wirkliche neue Linksgefühl aber fasste hier kürzlich ein Kommentar in seiner ganzen Plattitüdenhaftigkeit zusammen: „Links ist offen, sozial und solidarisch“. Für wen und mit wem denn eigentlich, gehörte das nicht dazu?
Die erklärten Linken sind natürlich nicht alleine ein Opfer des Zeitgeistes geworden, denn auch das um linkssozialisierte „Normale“ wie auch um „normale“ Bürgerliche erweiterte Spektrum denkt inzwischen in ganz ähnlichen, eben neulinken Bahnen. Das ist bei Letzteren zwar ebenso doof, aber deren gutes Recht, solange sie sich nicht selber links nennen. Die erklärten Linken verraten jedoch ihre Herkunft und ihre ursprüngliche Klientel. Das war zwar letztlich auch schon bei der alten Linken so, doch die lieferte wenigstens einen ideologischen Überbau inklusive Verwirklichungsversprechen.“ (…)
http://www.freiewelt.net/blog/links-hat-immer-rechts-10066408/
Kommentar GB:
Es ist dies ein überfälliger Beitrag zur Kritik der Gesinnungsethik und der Pastorenpolitik.
Und es ist dies eine m. E. glänzende Analyse der Linken im weitesten Sinne, jener Linken also, deren immer offenkundiger werdende Verblödung ich hier, zwischen Verzweiflung und Zynismus pendelnd, selbst immer wieder kommentiere (siehe unten).
Was ich dem Autor sehr hoch anrechne ist, dass er Antworten auf all die offenen Fragen nach dem „Warum?“ gibt, Antworten, die ich schon bisher gesucht, aber nicht gefunden hatte, und die mindestens einen hohen Grad von Plausibilität für sich beanspruchen können. Mit anderen Worten: ich kenne derzeit keine besseren Eklärungsversuche. Großes Lob!
https://frankfurter-erklaerung.de/2016/04/afd-und-islamfeinschaft/
https://frankfurter-erklaerung.de/2016/04/dreht-sich-hans-koschnik-im-grabe-herum/
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