Allen Frauen Gutes tun – der Mutter zuliebe?

von Prof. Gerhard Amendt
Kollektive Schuldgefühle gibt es nicht. Wer in der Debatte über die aktuellen wie historischen Arrangements von Männern und Frauen sich Gedanken über eine männliche Kollektivschuld macht, der sitzt im Boot der Feministen und Genderideologen.  (…)

„Alle rätseln darüber, warum Männer zu mehr als dreißig Jahren Männerbeschimpfung durch Feministen und Genderideologen, von aufmüpfigen Ausnahmen abgesehen, stur und verbissen geschwiegen haben. Auch dem Historiker Martin van Creveld ist das aufgefallen. Er bietet eine interessante Erklärung an. Er meint, dass das Schweigen der Männer zum männerabschätzigen Feminismus sich aus Schuldbewusstsein herleiten könne. Die Grundlage dafür sei Dankespflicht gegenüber Müttern, weil diese sie geboren haben. Und darauf verzichtet haben, sie abzutreiben. Das Schweigen zu den ewigen Wehklagen über Männliches enthalte letztlich den Vorwurf, dass Männer undankbar seien  und, wie das im Leben öfters ist, dass sie das beschämt, was ihnen die Sprache verschlägt – sie schweigen. Der Undank vergrößert sich ins Unermessliche, weil der lamentierende Feminismus in seiner Opferverliebtheit überall versagende Männer wähnt, die alle Frauen vernachlässigen, statt ihnen eine gutes Leben und eine sichere Welt zu bescheren.

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Warum Männer dazu schweigen, ist damit aber noch lange nicht erklärt. Denn könnte man nicht geltend machen, dass Männer den Feminismus bekämpfen sollten, weil sie nicht wollen, dass er ihre Mütter für dumm und unselbständig verkauft und sie im Namen eines nicht existierenden Opferkollektivs in die Sackgasse von Ressentiment, Ärger und Hass auf Ehemänner, Väter und Großväter treibt? Das zu verkünden, wäre eine gelungene Art, sich für die Schenkung des Lebens zu bedanken, vorausgesetzt, dass man den Gedanken einer Dankesschuld akzeptieren sollte. Das wäre etwas anderes, als sich vor den Plattitüden des Feminismus zu ducken, Asche aufs Haupt zu streuen und die Mütter sprachlos zu Existenzkrüppeln deklarieren zu lassen. Und im Übrigen: Warum sollen Männer allen Frauen Dank für ihre Existenz schulden? Sie wurden doch nur von einer geboren. Dank ist eine personenbezogene Haltung und keine auf die Gattung!
Und es gibt noch ein weiteres Problem!
Müssten Frauen gegenüber ihrer Mutter nicht ebenfalls Dankesschuld empfinden, denn auch sie wurden unter Schmerzen geboren. Dafür gibt es aber keine Hinweise. Soll man daraus schließen, dass die Mehrheit der Frauen zu den Verunstaltungen durch Feminismus ebenfalls aus Dankespflicht schweigt und sich für „Dummerchen“ verkaufen lässt?“  (…)
„Ist die Frage nach dem Schweigen der Männer denn so wichtig, denn die Frauen schweigen zur Genderideologie nicht minder, die ihnen ein Reich unbeschwerter Wellness aus genderideologischer Hand verheißt? Allerdings um den Preis einer verhängnisvollen Etikettierung, die ihnen Verantwortungsfähigkeit abspricht und eine patriarchalisch bedingte Verkümmerung anhängt. Autonomie wird ihnen nicht zugetraut. Stattdessen schweben Lösungen im Raum. Entweder die Männer ziehen sie reumütig aus dem Schlamassel heraus oder die Frauen werden an den Tropf des bevormundenden Staates gehängt. Die Genderideologen werden den Staat den Männern vorziehen, denn ihr Verhältnis zu Männlichem ist essentiell gestört und ihre eigene Existenz ist ein Beispiel dafür, dass es sich gut an diesem Tropf hängen lässt.
Offenbar geht es nicht um das Schweigen zur Genderideolgie. Es geht um etwas Prinzipielles. Die Genderideolgie ist Ausdruck eines Erlösungswahns für eine phantasierte Opfergruppe, die von einer phantasierten Tätergruppe befreit werden soll. Sich auf dieses Spiel einzulassen, verwandelt lösbare Konflikte in ein unüberwindbares Freund-Feind-Verhältnis. Das bringt weder Frauen noch Männer voran. Worum geht es aber dann? Männer wie Frauen müssen gemeinsam ihre Probleme und Lebensperspektiven organisieren. Wer immer von beiden statt die Eigeninitiative den Staat zur Hilfe ruft oder sich der Genderideologie anschließt, der ist auf dem Weg, sich seiner Autonomie zu begeben.“  (Hervorhebung: GB)
Zum Artikel:

http://cuncti.net/geschlechterdebatte/886-allen-frauen-gutes-tun-der-mutter-zuliebe

Kommentar GB:
„Die Genderideolgie ist Ausdruck eines Erlösungswahns für eine phantasierte Opfergruppe, die von einer phantasierten Tätergruppe befreit werden soll.“
Mit anderen Worten: die Genderideologie ist eine Form von Irrsinn.  –

Lucas Schoppe schreibt:
„Als der deutsche Philosoph Johann Gottlieb Fichte zu Beginn des 19, Jahrhunderts seine „Reden an die deutsche Nation“ verfasste, bestand diese deutsche Nation aus einer unübersehbaren Menge kleinerer und größerer Staaten. Die Gemeinsamkeit einer „Nation“ konnte Fichte allein angesichts eines gemeinsamen Feindes beschwören, nämlich angesichts der französischen Besatzung.
Das ist ein offenkundig widersprüchliches Modell: Die Gemeinsamkeit, die durch den Feind angeblich bedroht wird, entsteht überhaupt erst durch diese Bedrohung. Widersprüchlich ist auch eine Konsequenz davon: Trotz aller Klagen über die „Unterdrückung“ besteht strukturell ein erhebliches Interesse daran, die Vorstellung der Bedrohung unendlich zu verlängern, die Unterdrückung eben nicht zu beenden, weil ohne sie die phantasierte Gemeinsamkeit auseinanderfallen würde.
Trotz solch absurder Konsequenzen hat das Modell Tradition und lässt sich unschwer in heutige Geschlechterdebatten übertragen.
Die Begriffe „Mann“ oder „Frau“ sind als soziale Kategorien kaum brauchbar, weil die Lebensbedingungen der damit Bezeichneten innerhalb von jeder der beiden Gruppen radikal unterschiedlich sind. Es gibt kein Kollektiv der Frauen, keine gemeinsame Klasse – ebenso wenig wie bei den Männern. Die Phantasie eines Kollektivs der Frauen lässt sich nur stützen durch die Beschwörung einer gemeinsamen Bedrohung und Unterdrückung: durch die Männerherrschaft, das „Patriarchat“ oder die „heterosexistische Ordnung“.
Dieses grundlegende Modell der heute vorherrschenden feministischen Spielarten produziert gleich zweifach Frauenfeindlichkeit, und dies nicht zufällig, sondern notwendig: eben durch die Behauptung eines Kollektivs der Frau, und durch die Behauptung einer umfassenden Männerherrschaft.
Wer dann als Frau aus diesem Kollektiv ausscheidet, ist nicht einfach eine Frau, die eine andere Meinung hat – sondern sie versündigt sich an den Frauen insgesamt, kollaboriert auf Kosten anderer mit den Gegnern. Als „Feindin aller Frauen“ beschimpfte beispielweise, ganz ironiefrei, die Kolumnistin Silke Burmester bei Spiegel-Online die damalige Familienministerin Kristina Schröder, weil diese in einem Buch Kritik am heutigen Feminismus geübt und zudem auch noch das Betreuungsgeld zu verantworten hatte.
Doch auch die Phantasie einer Männerherrschaft, die Frauen und Männer als gegnerische Kollektive einander gegenüberstellt, hat frauenfeindliche Konsequenzen – allein schon deshalb, weil die Feindschaft gegen eine Gruppe von Menschen, ist sie erst einmal etabliert, sich unschwer auf andere Gruppen ausweiten lässt.
Vor allem aber leben die meisten Menschen unter solchen ökonomischen Bedingungen, dass sie auf eine Kooperation miteinander angewiesen sind – und das gilt insbesondere für die Kooperation von Männern und Frauen. Kurz: Einen Geschlechterkampf kann nur jemand beschwören, der sich das leisten kann. So ist denn der heutige Feminismus unverkennbar eine Angelegenheit relativ privilegierter, bürgerlicher, akademisch gebildeter Frauen, die ihre eigene Situation in die Situation aller Frauen hineinspiegeln und so ihre politischen  Interessen mit dem Anspruch legitimieren können, Frauen insgesamt zu vertreten.
Dafür aber ist vor allem eines nötig: dass der größte Teil der Frauen still bleibt und nicht widerspricht. Die oben zitierten Beispiele feministischer Frauenfeindlichkeit sind so immer auch als Exempel zu verstehen, die zur Einschüchterung vieler Frauen statuiert werden.
Die gebräuchliche feministische Rede von einer „Objektifizierung“ von Frauen phantasiert also Anteile der eigenen Position in andere hinein. Tatsächlich wird ein Großteil der real existierenden Frauen in feministischen Debatten zum Objekt gemacht, dient als Instrument und Werkzeug zur Durchsetzung partikulärer Interessen. So wie aber ein Tischler irritiert wäre, wenn sein Holzhammer plötzlich beginnen würde, mit ihm zu sprechen – so sind denn auch Vertreterinnen einer feministisch inspirierten Politik irritiert, wenn nicht-feministische Frauen sich plötzlich öffentlich äußern.“
http://man-tau.com/2015/10/17/frauenfeindlichkeit-und-feminismus/
 
 
 
 

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