Die geistige Freiheit an Universitäten ist in Gefahr

4. Februar 2021

Sandra Kostner/Andreas Rödder

„Die Migrationsforscherin Sandra Kostner und der Historiker Andreas Rödder gehören zu den Gründern des neu gegründeten „Netzwerks Wissenschaftsfreiheit“. In einem heute veröffentlichten Gespräch äußern sie sich über den „intellektuellen Lockdown“ und die zunehmende „Verengung des Diskursraums“ an Universitäten in Deutschland, für die Anhänger radikaler identitätspolitischer Ideologien verantwortlich seien. Diesen Ideologien müsse entschlossen entgegengetreten werden.1

Kostner sprich von einem „intellektuellen Lockdown“ in Deutschland. Die Universität als Institution werde durch aktivistische Tendenzen unter Wissenschaftlern zunehmend bedroht. Diese „nutzen Forschung und Lehre, um die Gesellschaft zu verändern – gemäß ihrer politischen Einstellung“, weshalb es sich bei ihnen um „Agenda-Wissenschaftler“ handele:

Diese kennzeichne „ein absoluter Wahrheitsanspruch“ und dass sie „intolerant gegenüber abweichenden Argumenten“ seien. Kritik begegneten sie „nicht mit Argumenten, sondern mit moralischer Diskreditierung, sozialer Ausgrenzung und institutioneller Bestrafung“.
Widerspruch werde nicht mehr in Form von Argumenten vorgebracht, sondern durch Mobs, die über soziale Medien mobilisiert würden und „einen riesigen Aufruhr“ veranstalteten, wenn ein Forscher eine politisch unerwünschte Position äußere. Man spreche in diesem Fall direkt die Leitungsebene der Universitäten an, um Druck zu erzeugen und die kritische Stimme zu „canceln“. Hochschulleitungen „knicken zu oft ein, sobald der moralische Furor entfacht ist – und dringen darauf, Vorträge abzusagen oder Gäste wieder auszuladen“. Da ein großer Teil der Wissenschaftler befristet beschäftigt sei, herrsche ein großer Druck vor, sich ideologisch konform zu verhalten.
Diese Entwicklung betreffe vor allem „stark politisierte Fachrichtungen wie die Gender-Studies“ aber auch „viele andere Geistes- und Sozialwissenschaften“. Sie breite sich gegenwärtig auch auf die Rechts- und Wirtschaftswissenschaften aus.
Laut Rödder soll die neue Initiative den verengten geistigen Raum an Universitäten wieder öffnen:

Die „Verengung des Diskursraumes“ habe mit „der Postmoderne, dem Dekonstruktivismus“ und der Vorstellung begonnen, „dass unsere Ordnungsvorstellungen willkürliche Konstrukte sind“. Teile der Kulturwissenschaften hätten sich auf Grundlage dieser Weltanschauung „seit den Nullerjahren schleichend ideologisiert und vertreten heute einen illiberalen, absoluten Geltungsanspruch.“
Er beobachte, „dass an den Unis ein neues diskursives Klima entsteht“, in dem Aktivisten „Vorlesungen oder Veranstaltungen mit unliebsamen Rednern unterbinden“, Dozenten diffamieren und Druck auf Universitätsmitarbeiter ausüben, „unliebsame Themen zu vermeiden“.
Die beschriebene „identitätspolitische Ideologisierung“ verbinde sich mit der „neoliberalen Umgestaltung der Universitäten“. Weil eingeworbene Drittmittel ein Indikator zur Leistungsmessung sind, seien individuelle Forscher abhängig von Gremien, die über die Vergabe solcher Mittel entscheiden. Wer als konservativ gelte, habe in der Regel keine Chance, solche Mittel zu erhalten. Dies erzeuge Konformitätsdruck.
„Konformitätserwartungen“ herrschten an Universitäten auch auf sprachlicher Ebene vor, etwa wenn die Verwendung von Gender-Sprache verlangt werde. Solche Forderungen „transportieren politischen und intellektuellen Normierungsdruck“ und beeinträchtigten die Wissenschaftsfreiheit.“ (…)

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