Thüringen: Merkel und Lindner haben die Demokratie sabotiert

Hartmut Krauss

Man kann natürlich schlecht etwas sabotieren, das realiter gar nicht mehr existiert:

„Die „repräsentationsdemokratische“ Beschneidung und Einschränkung der politischen Handlungsmacht der Gesellschaftsmitglieder ist im Endeffekt nichts anderes als die funktionale Zurechtstutzung des politischen Systems auf die Bedürfnisse der ökonomischen, bürokratischen und ideologischen Herrschaftsträger. Dem Wähler wird suggeriert, seine Stimme habe Gewicht und bestimme die Ausrichtung des Regierungshandelns. Tatsächlich aber ratifizieren die Bürger im Wahlakt ihre Selbstabdankung als demokratischer Souverän und legitimieren eine ihnen zunehmend entfremdete politische Klasse, die vorgibt, in ihrem Namen zu handeln, in Wahrheit aber ganz anderen Interessen als denen des Gemeinwohls folgt. Die Umsetzung von Partialinteressen als Allgemeininteresse auszugeben und kontingente Entscheidungen als alternativlosen Sachzwang oder gar als moralische Pflicht erscheinen zu lassen, wirken hierbei als zentrale Verschleierungsideologie.“

Zur Konstitution der Postdemokratie
Die formal-institutionelle Wahrung des Anscheins demokratischer Verhältnisse und Prozeduren bei gleichzeitiger Aushöhlung und Deformierung ihrer realen Substanz (siehe die genannten Voraussetzungen oben) nennt man „Postdemokratie“ (Crouch 2008). So steht heute bestenfalls ein Drittel der wahlberechtigten Bevölkerung hinter der „stärksten“ Partei, die den Regierungschef stellt, d.h. der Legitimationskoeffizient sinkt (Albrecht 2011). Infolgedessen kommt es zu Wahlergebnissen, die „unnatürliche“ und damit handlungsdiffuse und fragile Regierungskoalitionen hervorbringen, die von den Konkurrenten keiner gewollt hat und die bei näherer Betrachtung auf faulen Kompromissen basieren. Genau dieses Resultat zeigt sich jetzt erneut im Ausgang der Bundestagswahl 2017.“ (Und eben jetzt – so ist aktuell hinzuzufügen – in der besonders anrührenden politischen Tragikkomödie in Thüringen.)

https://hintergrund-verlag.de/spaetkapitalistische-systementwicklung/merkel-nicht-weg/


sowie ein Interview mit Prof. Patzelt zur aktuellen Lage in Thüringen:
https://deutsch.rt.com/inland/97724-patzelt-neuwahlen-in-thueringen-werden-afd-weitere-waehler-zutreiben/?utm_source=spotim&utm_medium=spotim_recirculation

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