Piketty 2.0: Ideen für mehr Verteilungsgerechtigkeit

13. Februar 2020
„Prominente VerteilungsforscherInnen, allen voran Thomas Piketty, haben in den letzten Wochen hitzige Debatten angeregt. Dieses Mal jedoch nicht primär aufgrund der Veröffentlichung neuer Daten oder Zahlen – zur Diskussion stehen Maßnahmen zur Reduktion von Ungleichheiten. Diese Vorschläge werden vom Ruf nach einer möglichst breiten demokratischen Debatte über Gerechtigkeitsvorstellungen begleitet.“ (…)


https://awblog.at/piketty-2-0-ideen-verteilungsgerechtigkeit/?jetztlesen
Kommentar GB:
Die Verteilungsfrage (Distribution) ist im frühen 19. Jahrhundert von David Ricardo (Klassische Politische Ökonomie) in den Mittelpunkt gerückt worden, und seither ist sie wichtig geblieben. Piketty hat sie als Volkswirt in der Gegenwart mit empirischem Schwerpunkt neu aufgerollt, und ebenso hat die Soziologie (Hans-Jürgen Krysmanski) sie in dem heute aktuellen globalistischen Zusammenhang thematisiert.
Ein Problem dabei ist die theoretische Begründung der sozioökonomischen Ungleichheit versus ihrer moralischen, in der Regel vulgärmoralischen Beurteilung, die in unserer Gegenwart generell die große Mode ist, aber ihre Unterkomplexität nicht bemerkt. Man kann sich generell nicht einfach auf „Gerechtigkeit“ berufen, weil das eine unbestimmte regulative Idee ist, die erst in dem Maße an Bedeutung gewinnt, in dem sie theoretisch und empirisch konkretisiert und also in ganz bestimmter Art und Weise begründet werden kann.
Eine moralphilosphische Beurteilung ist zwar möglich und nötig, aber die methodischen Ansprüche an die Begründung sind weitaus höher als das in der heutigen öffentlichen Darstellung erkennbar wird. „Gefühlte“ Gerechtigkeitsvorstellungen sind nicht mehr als subjektive Willkür. Vorurteile, Ressentiments, Denkfehler und mangelnde Kenntnis der ökonomischen und sonstigen Zusammenhänge prägen das Bild, und dies selbst bei Großinstitutionen wie den beiden christlichen Kirchen in Deutschland.
Karl Marx hat seinerzeit in seinem Hauptwerk eine werttheoretische Begründung der sozioökonomischen Ungleicheit sozialer Klassen ins Zentrum gestellt, und nicht etwa eine moralphilosophische Begründung – oder gar deren Verfallsform einer vulgärmoralischen Polemik, wie sie heute üblich geworden ist. Die heutige politische Debatte der Distribution ist  auf das frühsozialistische Niveau zurückgefallen, oder sogar noch darunter. Und das entspricht eben dem allgemeinen Bildungsverlust.
 
 
 
 
 

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