Über die Krise des Liberalismus und die neue konservative Avantgarde

24. November 2022

„Der Politikwissenschaftler Ivan Krastev setzt sich in einem Gespräch mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ mit der Krise des Liberalismus auseinander. Diese Krise sei eine Krise der „progressiven Weltsicht“, die einer wachsenden Zahl von Menschen nicht mehr als plausibel erscheine. In Polen und Ungarn, aber auch in Israel sieht Krastev eine postliberale, konservative „Avantgarde“ entstehen, die nach gesellschaftlicher und kultureller Selbstbehauptung im Chaos der Gegenwart strebe.

Die Krise des Liberalismus habe die folgenden Ursachen:

In weiten Teilen westlicher Gesellschaften sei der Optimismus verschwunden, dass diese ihre Probleme lösen könnten. Man könne eine „Verschwinden der Zukunft“ beobachten. Während die Linke fürchte, „dass wir mit dem Weltklima die Grundlagen des Lebens schlechthin zerstören“, sorge sich die Rechte, „dass wir die Grundlagen unserer spezifischen – israelischen, italienischen, ungarischen – Lebensweise zerstören“. Konservative hätten „früher etwas verteidigt, das sie bewahren wollten – jetzt verteidigen sie etwas, das verschwunden ist und nicht wiederkommen wird, ethnische Homogenität zum Beispiel“.
Der „Verlust der Zukunft“ habe im Wesentlichen demographische Ursachen. Überall im Westen seien „alternde und schrumpfende Bevölkerungen“ und speziell in Osteuropa „massenhafte Auswanderung und Entvölkerung ganzer Landstriche“ zu beobachten.
Immer mehr Menschen fragten sich außerdem angesichts der als bedrohlich wahrgenommenen Folgen universalistischer, allen Menschen die gleichen Rechte zuschreibenden Vorstellungen: „Wo bleibt der Schutz des Einzelnen und seiner Gemeinschaft?“ Wenn „jeder dein Bruder ist, so die Wahrnehmung, dann bist du ein Einzelkind.“
Der Liberalismus habe darüber hinaus den „Riesenfehler“ begangen, sich selbst für „alternativlos“ zu halten und die auf ihm beruhende Politik entsprechend darzustellen, denn in „der Demokratie kommt es zentral auf das Gefühl an, mit Wahlen einen Unterschied machen zu können“.“ (…)

 

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