9-Euro-Ticket: Unterwegs im Orient-Express

Hartmut Krauss  –  25.08.2022

Der Artikel unter dem folgenden Link vermittelt einen recht guten ausschnitthaften Eindruck, was man sinnlich-konkret unter einer gegenwärtigen globalkapitalistisch regulierten (bunten) Niedergangsgesellschaft zu verstehen hat:

https://www.anonymousnews.org/meinung/9-euro-ticket-unterwegs-im-orient-express/

9-Euro-Ticket: Unterwegs im Orient-Express

(…) „Es fing damit an, dass schon an unserem Abfahrtsbahnhof in brütender Hitze eine Muslima neben mir auf der Wartebank saß. Alles, was sie trug, war exklusiv und teuer. Gelassen trank sie durch einen Strohhalm eine Capri-Sonne. Ihre Attitüde war herablassend. So verhalten sich Menschen, wenn sie wissen, dass sie ganz oben sitzen und ihnen niemand etwas anhaben kann.

Hinter mir saßen zwei offenbar alkoholisierte „Südländer“ und müffelten vor sich hin. Als nächstes kamen eine Inderin und ein afrikanisches Ehepaar mit Nachwuchs vorbei. Sie wirkten alle entspannt, alle glücklich, alle wohlgenährt und wohlgekleidet. Ein Sinto streifte durch die Bahnhofshalle, als wäre sie sein Wohnzimmer, und prüfte, ob es irgendwo etwas abzugreifen gab. Ich kenne ihn vom Sehen. In Gruppen zu mindestens einem Dutzend verbringen männliche Sinti und Roma schreiend und krakeelend den Tag in unserm Stadtpark und pilgern dann in Rotten zu ihrem Pendelbus, der sie zurück in die Unterkunft bringt. Unterkunft? Ja, denn sind es handelt sich offiziell um „ukrainische Flüchtlinge”. Auf dem Weg vom Park zum Bus gehen sie noch einkaufen und schleppen – ein Hoch auf den deutschen Sozialstaat – riesige Tüten mit Wasservorräten und Essen in den Bus. Auch sie sind stets entspannt und fröhlich. Aber auch ihre Attitüde erscheint mir teilweise wie die von „Eroberern”, die gemütlich abwarten, bis die schwindenden Einheimischen weggestorben oder -gezogen sind und sie hier ganz unter sich sind. Dass es nicht mehr lange dauert, steht außer Frage. Niemand legt sich mit ihnen an – weil sie, im Gegensatz zu den Deutschen, wie Pech und Schwefel zusammenhalten.“ (…)

„Eine Dame, die schon von einem türkischen Sicherheitsmann mit gelber Weste barsch auf das Tragen der Maske hingewiesen worden war, hat ihr Gesicht wieder frei, als sie im Gang steht. Aus drei (!) Metern Entfernung ruft ihr eine sitzende Stasi-Maskenträgerin zu, sie solle gefälligst die Maske aufziehen, wenn sie schon die ganze Zeit reden müsse. Dann fällt der Blick ihres Mannes auch noch auf mich, die direkt vor seiner Nase steht, woraufhin er zynisch meinte: „Sie brauchen wohl auch keine Maske…“ Klein, feist mit listigen braunen Augen schaut er mich an und – ich schwöre es – bläht sich auf wie ein Luftballon. Hätte ich eine Stecknadel dabei gehabt, hätte ich einfach durch einen klitzekleinen Stich seine Luft abgelassen. Stattdessen warte ich, bis der Ausstieg beginnt und sage dann ruhig: „Stasi, Gestapo, Stalin, Pol Pot.“ Ich höre noch sein empörtes Schnauben, während ich den Zug verlasse – und zeige ihm und seiner Frau dann zum krönenden Abschluss von draußen beide Stinkefinger. (…)

Nach einer wundersamerweise ereignislosen Fahrt erreichen wir Hannover und warten auf den Metronom. Die Gleise quellen wie in Indien vor Menschenmassen über – das 9-Euro-Ticket lässt grüßen! Deutsche in ärmlicher Kleidung sitzen auf dem Boden, afrikanische Großfamilien halten mitten auf dem Bahnsteig Picknicks ab, überall sieht man Araber, Türken, Inder, Sinti und Roma mit riesigen Seesäcken, Koffern, Rucksäcken und Kinderwagen. Ein lautes Stimmengewirr, Geschnattere, Geschrei, Gefluche, Gerenne, beschwörendes Gerede in Handys und blankes Chaos. Dazu überwältigende Essensgerüche, Schweißgeruch, Fettgestank – und kein Wort Deutsch. Die wenigen Einheimischen stehen still und stumm vereinzelt auf den Gleisen, während um sie herum ein Schmelztiegel „neu dahergelaufener“, quasi überschüssiger Menschen und Glücksritter aus den Armenhäusern der Welt brodelt.“ (…)

 

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