Verkehrung der Islam- und Migrationsdebatte auf der Rechts-Links-Achse

Hartmut Krauss

Vorbemerkung

Nach den Gewaltexzessen während des G-20-Gipfels in Hamburg Anfang Juli 2017 ist eine erhitzte Debatte über Linksextremismus in Deutschland entstanden. Je nach weltanschaulich-politischer Ausrichtung wird ebenso heftig wie chaotisch aufeinander eingeschlagen. Das muss auch so sein, denn schon die jahrelang währende vergiftete Debatte über Islam und Migration hat die politischen Grundkoordinaten heillos durcheinandergewirbelt. Versuchen wir deshalb im Folgenden ein wenig grundsätzlich klärendes Licht in dieses begriffliche und diskursive Chaos zu bringen.

Die Bezeichnungen „Rechtsextremist“, „Rechtsradikaler“, „Rechtspopulist“, „Faschist“, „Rassist“ etc. sind heute – insbesondere im hochemotionalisierten islampolitischen Kampffeld – längst keine klaren Begriffe mehr, die unvermittelt wissenschaftlich analytischen Ansprüchen genügen. Vielmehr handelt es sich zumeist um rein polemische Etikettierungen zwecks Stigmatisierung, Schmähung und Herabsetzung des politischen Gegners. Dasselbe gilt umgekehrt für das pauschal antilinke Hassbild der jung- und altkonservativen, nationalistischen, ethnopluralistischen und christlich-fundamentalistischen Islamgegner. Diese setzen völlig verfehlt Multikulturalismus, Kulturrelativismus und Postmodernismus mit kritischer Gesellschafts-und Subjekttheorie gleich, verwechseln Marx mit Foucault und halten die grünen und sozialdemokratischen „Freunde des Islam“ und Missgestalter des posttriumphalistischen Krisenkapitalismus sowie die „sozialstalinistischen Umverteiler“ der „Linkspartei“ unversehens für „Linke“. In primitiver Manier werden Marx, Engels, Stalin, Pol Pot, Claudia Roth, Mao, Maas und Stegner etc. in einen Topf geworfen.

Generell gilt für diese neue antimuslimische Rechte, dass nicht der Hitlerfaschismus, sondern die zur mythologischen Homogenität verschmolzenen 68er das eigentliche Drama der deutschen Geschichte darstellen.

Wer den Islam verteidigt, ist für diese Akteure automatisch ein „Linker“. Dabei wird diese antilinke Einstellung so weit geöffnet, dass auch Angela Merkel, Ruprecht Polenz und die Dialog-Christen hineinpassen. Die vermeintlich heile Welt beginnt erst rechts von der CDU.

Auf der anderen Seite der Barrikade skandieren selbsternannte „Antifas“ Seite an Seite mit Salafisten, HAMAS-Anhängern und anderen proislamischen Judenhassern aberwitzige Parolen, die wohl als Legitimation für ihre undistanzierte und absolut antiemanzipatorische Kumpanei mit den Protagonisten der islamischen Herrschaftskultur dienen sollen. Für dieses pseudolinke Spektrum ist automatisch jeder ein „Rechter“, „Rassist“, „Fremdenfeind“ etc., der den Islam kritisiert. Insgesamt betrachtet hat dieser pseudolinke Diffamierungsmob mit wissenschaftlich-emanzipatorischer Gesellschafts- und Ideologiekritik genau so wenig zu tun wie Hooligans mit gutem Fußball.

 

Als heftig umkämpfte weltanschaulich-politische Richtungsbegriffe reflektieren die Bezeichnungen „rechts“ und „links“ im Wesenskern zwei gegensätzliche Grundauffassungen, wie sie sich nach der Überwindung der feudalen Gesellschaftsordnung in Europa im Anschluss an die französische Revolution herausgebildet haben. Im Zentrum steht hierbei das subjektive Verhältnis zu vorgegebenen (überlieferten) Strukturen zwischenmenschlicher Herrschaftsverhältnisse:

„Rechts“ bezeichnet das subjektive Interesse an der Aufrechterhaltung/Bewahrung (Konservierung) bzw. Wiederherstellung oder gar Vertiefung und Perfektionierung überlieferter zwischenmenschlicher Herrschafts- bzw. hierarchisch-ständisch gegliederter Sozialbeziehungen, „angestammter“ Vormachtpositionen und Privilegien etc. einschließlich des darauf gerichteten Ensembles herrschaftsbegründender und legitimierender Ideologien, Ethiken, Moralkonzepte etc. In klassischer Form geht es hierbei um die Verteidigung/Restauration einer prämodernen Herrschaftsordnung mit einer religiös-absolutistischen Legitimationsideologie. Mit dem Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus und der Etablierung expansiver kapitalistischer Systeme (Kolonialismus, Imperialismus) treten dann – an die Stelle ständisch-feudaler Herrschaftsideologie und neben die religiöse Legitimation – ‚Nation’, ‚Ethnie’ und ‚Rasse’ als neue herrschaftsfundierende Konzepte.

„Links“ bezeichnet hingegen das subjektive Streben nach der Überwindung/Veränderung der vorgefundenen Herrschaftsverhältnisse im Interesse der individuellen und kollektiven Emanzipation bzw. Befreiung aus beherrschten, unterdrückten, chancenungleichen etc. Lebenspositionen vermittels der Generierung und Aneignung neuer/kritischer geistig-moralischer Leitkonzepte und praktisch-kritischer Tätigkeitsformen. Von herausragender Bedeutung war hier die Entwicklung einer aufklärungshumanistischen Weltanschauung im Kontrast zur traditionellen christlich-feudalen Legitimationsideologie der Adelsherrschaft. Am treffendsten und tragfähigsten hat Karl Marx den „linken Impetus“ auf den Begriff gebracht: „Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, dass der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“ (MEW 1, S. 385).

Es sind insbesondere folgende historischen Großereignisse („Kulturbrüche“) gewesen, die das klassische Rechts-Links-Schema nachhaltig erschüttert und verkompliziert haben:

1) Der Formwandel des antifeudalen Bürgertums zunächst zur herrschenden und dann zur kolonialistischen, imperialistischen und kriegstreibenden (reaktionären) Bourgeoisie.

2) Das Faschistisch-Werden des deutschen Kapitalismus und damit die komplette Negation/Ausmerzung der „kulturellen Moderne“ innerhalb eines konkreten bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftssystems. (Ähnliches gilt für Italien und Japan.)

3) Die Stalinisierung der russischen Revolution und der kommunistischen Bewegung und damit auch hier die weitgehende Negation/Ausmerzung der „kulturellen Moderne“ innerhalb einer zunächst „links“ inspirierten Bewegung.

4) Der Zusammenbruch des „Realsozialismus“, der das desaströse Scheitern eines antiemanzipatorischen („rechten“) Versuchs des Aufbaus einer postkapitalistischen Gesellschaftsordnung unter unterdurchschnittlich entwickelten Bedingungen markiert.

Diese objektive Dominanz „rechter“ Entwicklungen im konkret-historischen Prozess seit der Französischen Revolution wird nun – im Rahmen der postrealsozialistischen ‚Globalisierung’ seit dem Ende des Kalten Krieges – noch einmal erheblich verstärkt: Denn der „Einbruch der kapitalistischen Moderne“ in nichtwestliche Herrschaftsregionen führt nicht primär zu progressiven („linken“) Gegenbewegungen, die sich das revolutionäre Sozialerbe in Gestalt der ‚kulturellen Moderne‘ zumindest partiell aneignen und gegen die neuen Herrschaftsverhältnisse zur Geltung bringen, sondern ruft primär reaktionär-antimodernistische Protestbewegungen hervor, die ihren bedrohten bzw. abhanden gekommenen ‚prämodernen‘ Privilegien nachtrauern und ihre traditionelle Herrschaftskultur vornehmlich im Gewand radikal-religiöser Bewegungen verteidigen (Antikapitalismus von „rechts“ bzw. reaktionärer „Antiimperialismus“).

Vor diesem Entwicklungshintergrund sind wir nun mit folgender paradoxen Konstellation konfrontiert: Als spezifische Verkörperung und normative Festschreibung einer vormodern-religiösen, mittelalterlich-feudalen und patriarchalischen Sozialordnung mit ihren vielfältigen Herrschaftsbeziehungen und hierarchischen Strukturen repräsentiert die islamische Herrschaftskultur eine autoritär-reaktionäre Erscheinung par excellence. Ihre Protagonisten und Reproduzenten denken und handeln wie „Rechte“ sans phrase. Sie sind radikale Verfechter einer religiösen Ideologie der Ungleichwertigkeit, die auf eine herrenmenschliche Unterwerfung der Ungläubigen (Nichtmuslime) abzielt. Dennoch sind es – neben wirtschaftlichen und politischen Utilitaristen und Opportunisten mit einem kurzsichtig-egoistischen Interessenhorizont – zumeist „Linke“, die den Islam verteidigen und oftmals „Rechte“, die ihn kritisieren. Woher kommt das?

Zunächst einmal ist in aller Klarheit festzuhalten, dass diejenigen, die sich heute als „links“ etikettieren und deshalb in einer oberflächlichen Mediengesellschaft von außen auch so „angerufen“ werden, mit dem klassischen herrschaftskritisch-emanzipatorischen Impetus, wie er im Marxschen Theorieprogramm und konzentriert im kategorischen Imperativ zum Ausdruck gebracht wird, nichts mehr zu tun haben. Insofern kann man die Rechts-Links-Achse im Grunde bei Seite legen. Tatsächlich handelt es sich bei der fälschlicherweise so genannten „Linken“ um eine Ansammlung von Kulturrelativisten, Multikulturalisten und Poststalinisten, deren weltanschaulich-politische Positionen im schroffen Gegensatz zur klassischen Marxschen Theorie stehen. Sie sind weder an einer kritisch-emanzipatorischen Analyse und Bewertung nichtwestlicher Herrschaftskulturen noch am Begreifen der aktuellen Verflechtungsdynamik von Kapitallogik und chinesischen, indischen, islamischen (arabischen, iranischen und türkischen etc.) Herrschaftsverhältnissen wirklich interessiert. Was sie antreibt, sind vielmehr folgende Beweggründe:

1) Das Absuchen der Wirklichkeit nach vordergründigen Bestätigungen für ihr veraltetes ideologisches Weltbild vom allmächtigen und einzig bösartigen westlichen Kapitalismus.

2) Die Pflege eines positiv-rassistischen Vorurteils, das Angehörige nichtwestlicher Kulturen per se als Verkörperung des Guten, wenn auch etwas Zurückgebliebenen und Unselbständigen (auf jeden Fall: nicht Eigenverantwortlichen) ansieht und deshalb in sozialfürsorgliche Obhut nimmt, dass heißt an ihnen ein vormundschaftssüchtiges Helfer- und Beschützersyndrom auslebt.

3) Der antimarxistische, im Grunde reaktionär-konservative Verzicht auf die kritische Bewertung zwischenmenschlicher Herrschaftsverhältnisse und repressiver Praxen, wenn es sich dabei um eine „andere“, nichtwestliche Lebenskultur handelt.

4) Die Ausprägung eines deutungspathologischen Reflexes, der jedwede Kritik von Deutschen an Nichtdeutschen mit fast schon krimineller Verleumdungsenergie a priori, also unhängig von der Überprüfung der inhaltlichen Tragfähigkeit der geäußerten Kritik, als „rassistisch“ und „fremdenfeindlich“ denunziert.

5) Die Tendenz zur Verbrüderung mit nichtdeutschen (antiamerikanischen und antijüdischen) Reaktionären, insbesondere islamistischen Kräften, nach der Logik „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“.

Wie weit sich diese islamophile Pseudolinke von klassisch-linken Positionen entfernt hat, mögen in hier gebotener Kürze folgende zwei Grundaussagen verdeutlichen:

„Der Koran und die auf ihm fußende muselmanische Gesetzgebung reduzieren Geographie und Ethnographie der verschiedenen Völker auf die einfache und bequeme Zweiteilung in Gläubige und Ungläubige. Der Ungläubige ist ‚harby’, d. h. der Feind. Der Islam ächtet die Nation der Ungläubigen und schafft einen Zustand permanenter Feindschaft zwischen Muselmanen und Ungläubigen. In diesem Sinne waren die Seeräuberschiffe der Berberstaaten die heilige Flotte des Islam.” (Marx-Engels-Werke, Band 10, S. 170; Hervorhebung von mir, H. K.).

„In Bezug auf die zurückgebliebenen Staaten und Nationen, in denen feudale oder patriarchalisch-bäuerliche Verhältnisse überwiegen, muß man insbesondere im Auge behalten … die Notwendigkeit, die Geistlichkeit und sonstige reaktionäre und mittelalterliche Elemente zu bekämpfen, die in den zurückgebliebenen Ländern Einfluß haben; …. die Notwendigkeit, den Panislamismus und ähnliche Strömungen zu bekämpfen, die die Befreiungsbewegungen gegen den europäischen und amerikanischen Imperialismus mit einer Stärkung der Positionen der Khane, der Gutsbesitzer, der Mullahs usw. verknüpfen wollen.“ (Lenin Werke Band 32, S.137; Hervorhebung von mir, H. K.).

Anzumerken ist hier auch, dass es aus einer herrschaftskritisch-wissenschaftlichen Perspektive unhaltbar ist, das Bestreben der Bewahrung (Konservierung) einer autochthonen Lebenskultur gegenüber dem Eindringen einer Zuwanderungskultur, die in ihrem normativen Grundbestand eindeutig reaktionärer und antiemanzipatorischer beschaffen ist als die „angestammte“, unvermittelt als „rechts“ zu klassifizieren.

In dem Maße, wie sämtliche etablierten Parteien, die überwiegende Mehrheit der Medien, die „Linke“, die christlichen Kirchen, die Gewerkschaften, die staatlichen Organe der Migrationsindustrie und ihre Auftragnehmer bis hin zur abhängigen Auftragswissenschaft gegenüber breiten Einstellungsströmungen innerhalb der einheimischen Bevölkerung ein proislamisches Kartell bilden, das sich obendrein auch noch als „volkspädagogischer“ Vormund aufspielt (und somit den Unmut noch verschärft), tragen diese unterschiedlichen Kräfte eigentätig zur Herausbildung eines Repräsentationsdefizits bzw. einer eklatanten Vertretungslücke bei, in die „populistische“ Kräfte hineinstoßen. D. h.: Die systematische Desartikulation, ja Diffamierung islamkritischer Einstellungen der Bevölkerungsmehrheit ruft fast schon gesetzmäßig das Aufkommen zum Teil tatsächlich zwielichtiger politischer Kräfte hervor, indem sie bislang marginalisierten Rechtskräften die willkommene Gelegenheit bietet, sich zum Anwalt tatsächlich verkannter Interessen und Einstellungen aufzuschwingen.

In Anbetracht dieser fatalen Konstellation sind nun folgende Aspekte besonders hervorzuheben:

1) Bei den rechtspopulistischen „Antiislamisierungskräften“ handelt es sich nicht um Akteure, denen es in Wahrheit um Kritik des Islam und der durch ihn bestimmten Herrschaftskultur geht, sondern um taktische Ausbeuter islamkritischer Einstellungen im Interesse der eigenen rechtsreaktionären Einflussgewinnung. So verriet etwa Markus Beisicht, der Mitbegründer und Vorsitzende von Pro Köln und Pro NRW in einem Interview mit der „Jungen Freiheit“, die eigentliche Intention:

„Das Thema Islamisierung drückt die Menschen und es liegt uns politisch nahe, also haben wir es uns ausgesucht. Wir haben nach Inhalten Ausschau gehalten und waren anfangs selbst überrascht, welche außerordentliche Resonanz wir mit dem Thema gefunden haben. Gerade in Großstädten kann man damit punkten! Wir haben die Marktlücke besetzt, und es ist uns der Einbruch in Schichten gelungen, die wir sonst nicht erreicht hätten.“

2) Die durch eigene Tabuisierungspolitik und apologetische Dogmatik zum Teil selbst mit verursachte Existenz sowie das Wirken rechtspopulistischer „Antiislamisierungskräfte“ wird nun wiederum von den „Freunden des Islam“ als willkommenes Alibi benutzt, islamkritische Positionen – oftmals mit willfähriger Unterstützung der Medien – pauschal zu delegitimieren und ins politisch-moralische Zwielicht zu rücken. Diese pauschale Diffamierungspropaganda verstärkt nun aber auf der anderen Seite den sich latent aufstauenden Unmut innerhalb der Bevölkerung und bietet den Rechtspopulisten somit erweiterten Bewegungsspielraum, indem diese nun obendrein auch noch genüsslich gegen die paradoxe Spezies der „linken Islamverteidiger“ zu Felde ziehen können. Auf diese Weise bilden rechte Pseudo-Islamkritiker und pseudolinke Islamverteidiger eine ebenso fatale wie aberwitzige Legitimationssymbiose, die eine rationale Debatte kaum noch möglich macht.

3) Die pauschale Verleumdung islamkritischer Einstellungen als „fremdenfeindlich“, „rassistisch“, „islamophob“ etc. ist absolut verfehlt und hauptverantwortlich für die lagerübergreifende Spaltung der Gesellschaft. Der überwiegenden Mehrheit der einheimischen Bevölkerung geht es, jenseits fortbestehender pluralistischer Überzeugungsdifferenzen, um die Verteidigung errungener säkular-demokratischer Standards und Grundrechte sowie um die Bewahrung einer nichtislamischen Lebenswelt gegenüber einer islamischen Herrschaftskultur, die mit guten Gründen sowie anhand zahlreicher Fakten als menschenrechtsfeindlich, antiemanzipatorisch und vormodern-rückschrittlich angesehen wird. Wer – wie zahlreiche Politiker und Medienleute – den Menschen diese überzeugungsbasierte Erfahrungsverarbeitung in arroganter Manier als „von diffusen Ängsten getrieben“ wegschulmeistern will, stellt sich damit selbst ins Abseits der faktenblinden Ignoranz.

Genau genommen erweist sich damit das klassische Rechts-Links-Schema im Kontext der Auseinandersetzung mit dem Islam-Komplex als zunehmend problematisch. Zum einen ist der Islam in seiner orthodoxen Kerngestalt normative Grundlage einer vormodernen, autoritären und repressiven Herrschaftskultur. Ihn zu verteidigen ist aus einer herrschaftskritisch-emanzipatorischen Perspektive eindeutig „rechts“. Auch dann, wenn Islamverteidiger auf den Plan treten, die sich selbst als „links“ etikettieren und es Islamkritiker gibt, die den Islam von der Position einer unkritischen Verteidigung des „christlichen Abendlandes“ ausgehend ablehnen. Zum anderen ist es schon deshalb gänzlich verfehlt, Kritik am Islam als „rassistisch“ zu bezeichnen, weil „islamisch Sein“ weder ein biologisches noch ein ethnisches Merkmal ist, sondern ein überethnisches weltanschaulich-normatives Gesinnungsmerkmal, das auch auf zum Beispiel deutschstämmige Konvertiten zutrifft. Auch „Fremdenfeindlichkeit“ passt hier nicht, da nicht das schlichte „Fremd-“ oder „Anderssein“ an sich als Stein des Anstoßes fungiert, sondern der Grund der Kritik eine gravierende, rational begründ- und kommunizierbare Normen- und Wertedifferenz ist. Der Islam wird aufgrund seiner Behauptungen, grundrechtswidrigen Normen, Ansprüche, Repressionspraktiken etc. abgelehnt. Auch die große Zahl von islamistischen Terroranschlägen im Namen Allahs oder aber die Vielzahl von Ehrenmorden sind natürlich als reale bzw. faktenbasierte Auslöser von Ablehnungsreaktionen von ganz anderer Qualität als etwa die gefälschten Protokolle der Weisen von Zion als Grundlage der Erzeugung von Ressentiments. Schon aus diesem Grunde kommt es einem geistig-moralischen Schurkenstück gleich, wenn von einigen pseudowissenschaftlichen Banausen Islamkritik mit Antisemitismus gleichgesetzt wird.

Darüber hinaus gibt es unter denjenigen Deutschen, die außer anderen Nichtdeutschen auch Muslimen feindlich begegnen, Rassisten und Fremdenfeinde. Aber diese Ablehnung hat dann nichts mit deren zufälliger Islamgläubigkeit zu tun, sondern lediglich mit deren Merkmal, ‚nichtdeutsch’ zu sein. Die Träger dieser fremdenfeindlichen, aber nicht islamkritischen Gesinnung würden auch Ex-Muslime und islamkritische Oppositionelle aus islamisch geprägten Ländern angreifen.

Die fatale Dominanz „politisch-korrekter“ Überwachungskartelle innerhalb der medialen Öffentlichkeit hat es bislang noch vermocht, durch Errichtung von Tabuzonen und die Lancierung der beschriebenen desorientierenden Diskusmuster eine umfassend-systematische Kritik an der islamischen Herrschaftskultur zu blockieren. Damit tragen die Akteure dieses proislamischen Empörungskäfigs entscheidend dazu bei, die dringend notwendige Verteidigung der Grundprinzipien der westeuropäischen kulturellen Moderne (bzw. der säkular-demokratisch und menschenrechtlich normierte Lebensweise) angesichts des Aufmarsches religiös inszenierter neototalitärer Bewegungen zu sabotieren. Nur durch die beständige Wiederherstellung einer fortschrittlich-emanzipatorischen Bildungs- und Wertekultur sowie einer dadurch vermittelten positiven Identität in breiten Bevölkerungsschichten wird es aber möglich sein, zukünftig Rückfälle in antihumanistische Tyrannei und religiös verblendete Barbarei zu verhindern, wie sie heute insbesondere in islamischen Kernregionen mit expansiver Bevölkerungsentwicklung zu beobachten ist. Sowohl der faschistische als auch der stalinistische Zivilisationsbruch haben deutlich gemacht, dass die einmal erreichte Niveaustufe der kulturellen Moderne kein irreversibler Selbstläufer ist. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, eine neue Bewegung zu formieren, um eine abermalige Dezivilisierungskatastrophe – diesmal in Gestalt des islamistischen Neototalitarismus – mit allen Mitteln zu verhindern.  –

Ergänzend:

Thesen zur säkular-demokratischen „Leitkultur“1 für die europäischen Gesellschaften

http://www.gam-online.de/text-thesen.html#sdfootnote1sym

„In der Tat beweist uns die Erfahrung, daß die Religion sich nicht dazu eignet, den Strom der Verderbnis einzudämmen, dem viele angestaute Ursachen eine unwiderstehliche Gewalt verleihen. Vermehrt die Religion nicht vielmehr die öffentliche Unordnung durch die gefährlichen Leidenschaften, die sie entfesselt und sie billigt?“

(Paul Thiry d’Holbach: System der Natur, Frankfurt am Main 1978, S.259)

http://www.gam-online.de/text-thesen.html

 

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