Der endogene Radikalismus des Islam als Grundlage der muslimischen Identität

Von Hartmut Krauss

Die dialektische Tragik des Islam als Grundlage seines endogenen Radikalismus1

„Das islamische Weltherrschaftsstreben, das in den dogmatischen Quellentexten klar festgeschrieben ist2, sieht sich mit zwei zentralen Widersprüchen konfrontiert: Zum einen verabsolutiert und sakralisiert die islamische Orthodoxie das Modell der medinesischen Ursprungsgemeinde als raum-zeitlich unbeschränkte Nomokratie (unantastbare, alleingültige und unüberbietbare Regulierungsherrschaft). Diese ahistorische Fixierung auf ein frühmittelalterliches Konzept sozialer Normierung, archaischer „Sittlichkeit“ und vormoderner Denkweise stößt andererseits aber gesetzmäßig auf den sich zunehmend verschärfenden Gegensatz zur sich konkret-historisch fortentwickelnden und unaufhaltsam verändernden Realität, die neue Probleme, Krisen, Fragen und Themen etc. aufwirft, auf die der dogmatisch eingefrorene „Ursprungsislam“ keine adäquaten Antworten hat und haben kann. Je mehr sich dieser Gegensatz zwischen dem frühmittelalterlichen Ursprungsideal mit seiner vermeintlich klaren und einfachen Ordnung einerseits und der spätmodernen komplexen Kultur und Lebensweise auftut, desto stärker ist die orthodox-islamische Identität dazu genötigt, auf diese Widerspruchserfahrung mit einem regressiven „Zurück“ zum angeblich Goldenen Zeitalter der medinesischen Ursprungsgemeinde zu reagieren. Dabei radikalisiert sich der regressive Impuls je stärker dieser Gegensatz zur modernen Kultur der Ungläubigen im Rahmen der globalisierten Gegenwart erlebbar wird.

Zudem ist die islamische Herrschaftskultur nach dem Ende ihrer imperialistischen Glanzperiode mit der Erfahrung der Widerständigkeit und Überlegenheit moderner Kulturen der Ungläubigen konfrontiert, sieht sich also in ihrem grundlegenden Herrschaftswillen nachhaltig frustriert. Während im islamischen Selbstverständnis der Islam bzw. die im Koran fixierte Offenbarung den End- und Höhepunkt allen menschlichen Wissens darstellt und die Umma offenbarungsgemäß die beste aller menschlichen Gemeinschaften bildet, steht die weltweite politisch-militärische Vorherrschaft und ökonomisch-technologische Überlegenheit der nichtislamischen Zivilisationen dazu in einem eklatanten Widerspruch. Hass auf die säkulare Kultur der Ungläubigen, wie er in großen Teilen der islamischen Identitätsgemeinschaft aufschäumt, ist der aggressive Ausdruck dieses frustrierten Willens zur globalen Herrschaft bzw. die sozialpsychologisch-ideologische Antwort eines sich dominiert und gedemütigt fühlenden Subjekts, das selbst Herrscher sein will und lange Zeit imperialer Herrscher war. Bildet die im islamischen Weltanschauungssystem enthaltende Gewaltlizenz zur Tötung von Ungläubigen und zur Durchsetzung der Weltherrschaft die legitimatorische Grundlage, so fügt sich nun in Form der umrissenen Widerspruchserfahrung ein pathologischer Narzissmus hinzu: Wer sich selbst bzw. die eigene Kultur für das „Größte“ hält und sich mit diesem dogmatisch gepflegten Weltbild permanent an der Realität die Hörner abstößt, fühlt sich natürlich beständig beleidigt und lässt seiner daraus hervorgehenden Frustration freien Lauf. Die aktuelle Gewaltagenda im Namen des Islam bietet dafür ein ebenso reichhaltiges wie beweiskräftiges Anschauungsmaterial.“ (…)

http://www.gam-online.de/text-endogene.radikal.html

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