Klimaneutralität dank Kernkraft

Der hervorragende Leitartikel von Christian Geinitz „Das Ende der Energiegeschichte“ (F.A.Z. vom 13. November) trifft den Nagel auf den Kopf. So verleugnet die Umweltlobby aussichtsreiche Techniken bei gleichzeitigem Appell, auf erneuerbare Energien zu setzen. Die „Erneuerbaren“ sollen es also richten! Können die das? Nur Klimaneutralität zu fordern, ohne dabei zu sagen, wie es gehen soll, stärkt allenfalls das moralische Selbstwertgefühl der Glaubensanhänger. „Klimaneutralität“ bedeutet keine CO2-Emissionen in allen Bereichen der Industrie, Chemie, Stahlerzeugung, Baustoffe, Zement, Verkehr und Gebäude. Sie allein mit regenerativen Energieträgern zu erreichen wird kaum gelingen und zudem extrem teuer. Um das Ziel zu erreichen, bedarf es einer ganz anderen Energieerzeugung. Denn wo stehen wir nach 20 Jahren EEG, den welthöchsten Stromkosten und Ökostrom-Umlagen von 30 Milliarden Euro im Jahr? Die Antwort lautet: Der Anteil am Primärenergieverbrauch liegt gerade einmal bei 3 Prozent Wind und 1,3 Prozent Solar. Zur Erreichung der Klimaneutralität – vorwiegend mit Wasserstoff – werden gigantische Strommengen benötigt. Gleichzeitig bauen wir gerade 58 Prozent der Erzeugungskapazitäten ab (fossil, nuklear). Allein die Chemie würde für die Transformation zur Klimaneutralität 100 000 Windräder benötigen. Die Stahlerzeugung auf Wasserstoff umzustellen ist kein Hexenwerk, benötigt werden aber 58 Gigawatt Strom, das entspricht zwei Dritteln der Kraftwerks-Grundlast!

Allein dafür wären weitere 12 000 Windräder erforderlich, deren Flatterstrom aber zur Stahlerzeugung nicht taugt. Zum Vergleich: In Rheinland-Pfalz stehen 1800 Windräder. Nach einer Studie des Forschungszentrums Jülich ist das Ziel von 95 Prozent CO2-Reduktion bis 2050 machbar, aber teuer: Die Kosten betragen 128 Milliarden Euro pro Jahr. Die Fakten zeigen, die Energietöpfe, die zu erschließen sind, müssen von einer ganz anderen Größenordnung sein. Die Deckung aus deutschem Wind- oder Solarstrom anzunehmen ist geradezu kindisch.

Um „Klimaneutralität“ zu erreichen, bieten sich verschiedene Lösungen an. Etwa die Wasserstofferzeugung durch Elektrolyse, gespeist durch Solarparks (zum Beispiel in Nordafrika oder auf schwimmenden Inseln im Mittelmeer) und Windparks (zum Beispiel auf Spitzbergen oder in Patagonien). Zur Verfügung steht auch eine neue Kernkraft-Technologie, der Dual-Fluid-Reaktor. Er erzeugt CO2-frei Strom oder Prozesswärme und ist inhärent sicher. Ein ganz wesentlicher Nutzen dieser neuen Technologie liegt darin, dass als Brennstoff Castoren-Müll verwendet wird. Die Suche nach einem Endlager erübrigt sich daher. Übrig bleiben nur Restmengen an Spaltprodukten, deren Radioaktivität nach 300 Jahren geringer ist als Natururan aus dem Schwarzwald. Der neue unterirdische Reaktor, der so groß wie ein Einfamilienhaus ist, kann Strom oder Prozesswärme erzeugen zur Herstellung von Treibstoff für Brennstoffzellen-Autos, synthetischen Kraftstoff aus Wasser und CO2 oder „grünen“ Wasserstoff für konventionelle Verbrennungsmotoren. Wasserstoff kann zum Öl des 21. Jahrhunderts werden. Wir müssen umsteigen statt aussteigen. Mit Hilfe der neuen Nukleartechnologie können wir unseren Wirtschaftsstandort Deutschland mit wettbewerbsfähigen Energiekosten und hochqualifizierten Arbeitsplätzen sichern, die Grundlage unseres Wohlstands. Und wir erreichen die Klimaneutralität im Jahr 2050. So sieht die Alternative zum bisherigen Herumdoktern aus. Bisher wurden die Klimaziele verfehlt und Fehlentwicklungen durch milliardenschwere Subventionen zugedeckt. Gleichzeitig schnellten die Energiekosten in die Höhe, und wir laufen Gefahr, unsere exportgetriebene Industrie in den Abgrund zu fahren. Es geht um unsere technologische Führung, an der Zehntausende Arbeitsplätze hängen. Klimaneutralität ist ein hohes Gut. Unideologisch müssen wir zur Erreichung der Klimaziele 2050 vorgehen und moderne Kernkraft einen Hauptbeitrag leisten lassen. Unsere Ingenieure genießen Weltruf, und wir können auf eine hochqualifizierte Facharbeiterschaft bauen. Mit Kernkraft kann Klimaneutralität gelingen, ohne – wegen der enormen Kosten – nicht. Dipl.-Ing. Heinrich Hofmann, Worms

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