Das ZDF als Genderfunk

In seinem in jeder Hinsicht beifallswürdigen Leserbrief „Orwell lässt grüßen“ (F.A.Z. vom 21. November) kritisiert Thomas Wilhelms das „stotterhafte Sprachgestammel“, das im öffentlich-rechtlichen ZDF mit dem geschriebenen und gesprochenen Genderstern Einzug gehalten hat, und zwar gerade auch in Nachrichten. Tatsächlich ist in „heute“ und „heute journal“ ästhetisch ansprechend und auch für des Neusprechs Unkundige gut verständlich von „Politiker-hicks-Innen“ und „Teilnehmer-hicks-Innen“ die Rede, zuweilen auch ganz ohne „hicks“ – „Bürger-hicks-Innen-meister-hicks-Innen“ und „Mitglieder-hicks-Innen“ lassen noch ein wenig auf sich warten. Leser Wilhelms fragt zu Recht, ob hier dem bisher unverständigen Publikum endlich die richtige Gesinnung oktroyiert werden soll und ob dies überhaupt die Aufgabe des mit Rundfunkzwangsbeiträgen finanzierten öffentlich-rechtlichen Fernsehens sein darf. Der Zuschauerservice des ZDF hat mir bereits im Oktober dieses Jahres auf meine Anfrage hin die Stellungnahme der Gleichstellungsbeauftragten des ZDF zugeleitet, die auf eine Empfehlung der Geschäftsleitung des ZDF vom Sommer 2020 verweist, den Genderstern künftig zu nutzen: „Queere Menschen sollen, genauso wenig wie Frauen, lediglich mitgemeint sein.“ Die deutsche Sprache halte, „Stand heute“, noch keine geschlechtergerechte Lösung parat; „aber Sprache ist immer auch ein Spiegel ihrer Zeit, sie entwickelt sich weiter, schafft Bewusstsein“. An der gesellschaftlichen Diskussion um die richtige Lösung teilzunehmen, das sei die Absicht des ZDF. Der – auch gesprochene – Genderstern sei für viele schon Alltag. Nachrichten sind Informationen über Tatsachen und verzichten streng auf die subjektive Meinung des Verfassers, so lehrt es der Doyen des deutschen Journalismus, Wolf Schneider. Sie sind allein nach Maßgabe der Fragen zu verfassen: „Was?“, „Wer?“, „Wann?“, „Wo?“, „Warum?“ und „Wie?“, sicher aber nicht, um an der öffentlichen Diskussion über den Sinn des Gendersterns teilzunehmen, sie damit publikumswirksam zu prägen und so Bewusstsein zu schaffen! Warum formuliert man – übrigens eingestandenermaßen – gegen die Empfehlungen des Dudens sowie des Vereins Deutsche Sprache, gegen die Überzeugung der überwältigenden Mehrheit der deutschen Schriftsteller und nicht zuletzt gegen die Praxis der schweigenden Mehrheit der Zuhörer Nachrichten? Warum stellt man nicht mehr, wie von Paragraph 10 des Rundfunkstaatsvertrags von 1991/2019 vorgesehen, für Berichterstattung und Informationssendungen auf die anerkannten journalistischen Grundsätze ab und benutzt die deutsche Hochsprache? Weil man mit moralischem Furor für eine vermeintlich bessere Sprache kämpft! Wie gefährlich gerade der totalitäre Zugriff auf die Sprache ist, übrigens gleichfalls im Dienst einer angeblich guten Sache, hat Victor Klemperer gezeigt. Da beruhigt es auch kaum, dass sich die selbsternannten Sprachkämpfer dieses Mal im Recht wähnen. Professor Dr. iur. Thomas Finkenauer, Tübingen

https://www.faz.net/aktuell/politik/briefe-an-die-herausgeber/briefe-an-die-herausgeber-vom-7-dezember-2020-17088901.html
Kommentar GB:
Ich schlage hiermit vor, alle Stellen der „Gleichstellungsbeauftragten“  baldmöglichst, flächendeckend und vor allem nachhaltig zu streichen.
 
 
 

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