Seien Sie selbstbewusst und ärgern Sie sich! Psychologische Voraussetzungen für Widerstand gegen Übergriffe „von oben“

von Dr. habil. Heike Diefenbach
„In der sozialwissenschaftlichen Literatur gibt es eine lange Reihe von Arbeiten, in denen die Frage behandelt wird, warum Menschen so oft und so lange bereit sind, Mißstände hinzunehmen, Vorgaben von ihren Verwaltungen und Politikern zu folgen, die ihre eigenen Freiheiten einschränken oder zu ihrem eigenen Nachteil sind, sie sogar als legitim und begründet anzusehen bereit sind, kurz: warum Menschen normalerweise ziemlich träge sind, wenn es darum geht Widerstand gegen Übergriffe auf ihre Freiheit oder ihre Lebensqualität zu zeigen.
Diese Frage tritt, je nach den gesellschaftlichen Entwicklungen und Bedingungen, einmal mehr in den Hintergrund, einmal weniger. Und manchmal wird sie durch bestimmte gesellschaftspolitische Entwicklungen wieder aktualisiert, zu einer hochrelevanten, ja geradezu brisanten Frage. Angesichts von lockdowns ganzer Gesellschaften im Zuge der Covid-19-Panik, angesichts der in vielen Staaten (auch) des Westens zu beobachtender politischer Schließungsprozesse, angesichts massiver Versuche der Zensur und Beschränkung von Information, angesichts massiver Korruption und Wahlfälschung (wie derzeit in den USA) und angesichts der Hybris bestimmter Personen(kreise), die meinen, es sei ihnen aufgegeben, totalitäre Strukturen aufzubauen, die angeblich allein fähig sind, die Welt zu retten – wohlgemerkt unter „Opferung“ der Freiheit und Lebensqualität real existierender Menschen –, angesichts all dessen gewinnt diese Frage so viel Relevanz, wie sie zu keinem anderen Zeitpunkt in der lebendigen Erinnerung der meisten von uns hatte.
Vor diesem Hintergrund ist nicht die Frage nach der Trägheit der Menschen angesichts solcher Übergriffe als solche wichtig, ja, nicht einmal die Antwort auf die Frage. Wichtig ist vielmehr, was sich aus der Antwort auf diese Frage mit Bezug auf eine andere Frage ableiten lässt, nämlich die Frage: Was befördert die Bereitschaft von Menschen, gegen Übergriffe auf ihre Freiheit oder Lebensqualität aktiv zu werden, statt sie mehr oder weniger gleichgültig oder resigniert hinzunehmen? Aber um diese Frage beantworten zu können, ist es eben hilfreich, wenn man die erste Frage, die Frage danach, warum Menschen mit Bezug auf Widerstand normalerweise träge sind bzw. warum Proteste, Aufstände, Revolutionen trotz häufiger und teilweise massiver Übergriffe formaler Autoritäten auf Bürger selten sind, beantworten kann.“ (…)
 

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