Das Grundgesetz, eine Verfassung?

(Für Nichtjuristen)

„Vor zwei Jahren habe ich mich hier mit einer Verschwörungstheorie auseinandergesetzt, nach der die Bundesrepublik Deutschland kein Staat ist, sondern eine GmbH. Die größte Herausforderung beim Verfassen meiner Replik lag dabei nicht etwa in den guten Argumenten der Verschwörungstheoretiker, sondern, im Gegenteil und zu meiner anfänglichen Überraschung, gerade in dem von Sinn und Logik weitgehend freien Gedankenwirrwarr derselben. Gegen schlechte Argumente kann man gute Argumente setzen. Eine bloße Wortcollage als solche zu entlarven, stellt höhere Ansprüche.

Heute möchte ich mich gegen ein Gerücht wenden, das (wie schon die Theorie von der BRD GmbH) vor allem im Internet kolportiert wird, wo noch die abenteuerlichste Verschwörungstheorie ihren Anhänger findet, der sie glaubt. Ich meine das Gerücht, dass das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland keine Verfassung ist. Diese Behauptung erfreut sich bei jenen Zeitgenossen, welche die Existenz des Staates mit dem Namen Bundesrepublik Deutschland leugnen, großer Beliebtheit. Der Gedanke geht so: Kein Staat kann ohne Verfassung existieren. Die Bundesrepublik Deutschland hat keine Verfassung. Also ist sie kein Staat.

Zunächst jedoch möchte ich ein Missverständnis im Keim ersticken: Ich behaupte keineswegs, nur ein Verschwörungstheoretiker könne dem Grundgesetz dessen Verfassungsqualität absprechen. Die BRD für eine GmbH zu halten, ist ohne Verschwörungstheorie kaum möglich. Das Grundgesetz nicht für eine Verfassung zu halten, funktioniert mit Verschwörungstheorie besser, kommt allerdings auch ohne aus.

Das ist sehr erfreulich. Ich möchte meine Argumentation ja an möglichst hohen Maßstäben messen und darum am liebsten an der Gegenmeinung eines studierten Juristen. Kein Jurist käme auf die Schnapsidee, die BRD für eine GmbH zu halten. Aber es gibt mindestens einen Juristen, der in dem Grundgesetz keine Verfassung sieht, und der das auf seiner Website erläutert. Ich erlaube mir, die wesentlichen Argumente dieser Website wie folgt zusammenzufassen:

Der Jurist zitiert zunächst Artikel 146 des Grundgesetzes, der wie folgt lautet:

„Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“

Nach dem „eindeutigen Wortlaut“ dieser Vorschrift sei das Grundgesetz, „juristisch genau genommen“, keine Verfassung, sondern nur ein Provisorium, das von einer vom Volk gemeinsam verabschiedeten Verfassung ersetzt werden solle. Es handle sich „völlig unstreitig“ nur um ein vorläufiges ordnungsrechtliches Instrumentarium der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs. Der herausragende Politiker und Demokrat Carlo Schmid habe 1948 in einer Rede vor dem Parlamentarischen Rat (die Bundesrepublik Deutschland als Staatsfragment und) das Grundgesetz ausdrücklich als Provisorium und nicht als Verfassung bezeichnet.“ (…)

http://www.jurablogs.com/go/das-grundgesetz-eine-verfassung/3?utm_source=JB+TOP+NL&utm_medium=email

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