USA und Merkel machen Druck auf europäische TTIP-Kritiker

Washington reagiert ungehalten auf europäische TTIP-Kritik

Nachdem die französische Regierung ein Stopp der TTIP-Verhandlungen gefordert hat und in Deutschland die Kritik wächst, machen die Amerikaner Druck. Sie wollen TTIP unter Dach und Fach bringen.

US-Präsident Barack Obama wollte sich zum krönenden Abschluss seiner Amtszeit ein Denkmal setzen. Sein Wunsch: Noch unter seiner Amtszeit sollten die beiden Abkommen TTIP („Transatlantic Trade and Investment Partnership“) und TPP („Trans-Pacific Partnership“) unter Dach und Fach gebracht werden.

Seine Motivation ist sein Vorbild: Bill Clinton. Unter Clinton wurde 1994 das berühmt-berüchtigte nordamerikanische „Freihandelsabkommen“ NAFTA („North American Free Trade Agreement“) begründet. NAFTA wurde damals von der Wallstreet gefeiert und brachte vielen Investoren üppige Renditen ein – und stürzte Millionen Mexikaner und US-Amerikaner in Armut.

Dank TTIP und TPP könnte Obama mit Clinton gleichziehen. Es könnte sein außen- und wirtschaftspolitisches Vermächtnis werden. Doch nun machen ihm die kritischen Europäer womöglich einen Strich durch die Rechnung.

Der Druck auf Barack Obama, das Abkommen endlich abzuschließen, ist auch wegen anderer Gründe groß. Donald Trump hat TTIP kritisiert. Falls er Präsident werden sollte, wäre das Abkommen gefährdet. Daher drückt man auf das Gaspedal, um Tempo zu machen.

Europäer wollen nicht spuren

Die neue Entwicklung gefällt den US-Amerikanern ganz und gar nicht. Hinter dem transatlantischen Abkommen verbergen sich massive Investitionsinteressen der US-Industrie. Doch es geht auch um eine politische Botschaft: Die Abkommen TTIP und TPP sollen ein Signal des westlichen Zusammenhalts gegen Russland und China sein. Man will zusammenrücken und die Regeln des internationalen Handels vorab bestimmen.

Nun wächst in Washington und New York die Sorge, dass die Europäer vom TTIP-Projekt reihenweise abspringen. Zwar gibt es auch in den USA Kritik an den sogenannten Freihandelsabkommen, doch richtet sich diese hauptsächlich gegen das transpazifische Pendant TPP. Denn die Asiaten fürchtet man mehr als die Europäer.

Der für die TTIP-Verhandlungen zuständige französische Außenhandelsstaatssekretär Matthias Fekl hatte am vergangenen Dienstag im Radiosender RMC verkündet, dass Frankreich im September auf der Außenhandelskonferenz in Bratislava verkünden werde, die TTIP-Verhandlungen auszusetzen. Es gebe, so Fekl, keine ausreichende Unterstützung der Öffentlichkeit für dieses Projekt.

Auch Präsident Präsident François Hollande schlug in die gleiche Kerbe. Wie unter anderem Spiegel-Online berichtete, teilte er dies auf einer Botschafterkonferenz in Paris mit. Er halte es nicht für möglich, unter den gegebenen Umständen bis zum Ende des Jahres eine Vereinbarung zu TTIP anzuschließen. Auf jeden Fall sei nicht damit zu rechnen, vor dem Ende der Amtszeit von US-Präsident Barack Obama zu einem Abschluss zu kommen, wie die Amerikaner hoffen.

Widerstand hatte auch der österreichische Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) angekündigt. Er sei dafür, die TTIP-Verhandlungen zu stoppen und nochmal völlig neu zu beginnen. Kritik kam auch vom deutschen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Er hält das Abkommen für „de facto gescheitert“.

Nun hat sich Washington eingeschaltet

Der Chefunterhändel und Handelsbeauftragte der USA, Michael Froman, hat sich verwundert über die Entwicklungen in Deutschland geäußert. In einem Spiegel-Interview warb er erneut für das Abkommen und warnte vor einem Scheitern.

Die Stimmung in Washington scheint gereizter zu werden. Denn wenn das transatlantische TTIP scheitert, könnte auch das transpazifische TPP scheitern. TPP steht auf noch wackeligeren Füßen als das TTIP, weil im Wahlkampf selbst die demokratische Kandidatin Hillary Clinton sich kritisch gegen TTP geäußert hat. Das kann Wahlkampfkalkül sein oder auch nicht. Tatsache ist jedoch, dass in der amerikanischen Bevölkerung ein tiefes Unbehagen gegenüber der asiatischen Wirtschaft weit verbreitet ist. Die hohen Arbeitslosenzahlen und niedrigen Löhne in den USA gehen hauptsächlich auf die Verlagerung der Produktion nach Asien zurück. In den 1970er und 1980er Jahren fürchtete man die Japaner. Nun ängstigt man sich vor China und ganz Ostasien.“ (…)

http://www.freiewelt.net/reportage/usa-und-merkel-machen-druck-auf-europaeische-ttip-kritiker-10068382/   / A /

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