Sex, Crime und Frauen im Völkermord
Der Holocaust wird neuerdings als Projektionsfläche für die Gender Studies genutzt – mit fragwürdigen Befunden. Ein Einspruch.
07.07.2016, von Ruth Bettina Birn und Volker Rieß
„Vor einiger Zeit behauptete der israelische Ministerpräsident Netanjahu, dass Hitler 1941 die Juden nur habe vertreiben wollen und erst von Mohammed Amin al-Husseini, dem Großmufti von Jerusalem, darauf gebracht worden sei, alle Juden zu ermorden. Viele Wissenschaftler erklärten die politisch motivierte Geschichtsklitterung Netanjahus für unsinnig. Sie ist aber keineswegs gleichsam vom Himmel gefallen; erschienen doch seit 1945 eine Anzahl Schriften, welche die unrühmliche Rolle des Großmuftis übertreiben oder verfälschen.
Darin reihte sich das Buch „Halbmond und Hakenkreuz. Das ,Dritte Reich‘, die Araber und Palästina“ (2006) von Klaus-Michael Mallmann und Martin Cüppers ein, in dem unter anderem versucht wurde, dem Großmufti und darüber hinaus den Arabern eine Mitschuld am Holocaust zuzuschreiben. Cüppers war dann einer der wenigen Historiker, der in einem Interview mit der „Jüdischen Allgemeinen“ versuchte, die Äußerungen Netanjahus so weit als möglich zu rechtfertigen.
Immer wieder wird der Holocaust als Projektionsfläche benutzt, auf der aktuelle Tendenzen abgebildet werden. So erschienen, als die Gender Studies in den Blick traten, Publikationen zur Frage der sexuellen Gewalt gegen jüdische Opfer im Holocaust. Nun gab es sicher Fälle von Vergewaltigungen jüdischer Frauen. Es handelte sich dabei aber nicht um politisch sanktionierte Aktionen, wie wir sie von Bosnien oder Ruanda her kennen, sondern diese wurden, wenn sie bekannt wurden, von deutscher Seite als Verbrechen, als „Rassenschande“ geahndet.“ (…)
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