Der vermeidbare Aufstieg des Front National

von Didier Eribon

(…) „So widersprüchlich es klingen mag, bin ich mir doch sicher, dass man die Zustimmung zum Front National zumindest teilweise als eine Art politische Notwehr der unteren Schichten interpretieren muss. Sie versuchten, ihre kollektive Identität zu verteidigen, oder jedenfalls eine Würde, die seit je mit Füßen getreten worden ist und nun sogar von denen missachtet wurde, die sie zuvor repräsentiert und verteidigt hatten. Würde, dieses zerbrechliche und sich selbst nicht sichere Gefühl. Sie verlangt nach Gesten der Bestätigung. Entwürdigt fühlen sich die Menschen vor allem dann, wenn sie sich als quantité négligeable, als bloßes Element politischer Buchführung und damit als ein stummer Gegenstand politischer Verfügungen vorkommen. Wenn die, denen man sein Vertrauen einmal gegeben hat, dieses nicht mehr verdienen, überträgt man es eben anderen. Man wendet sich, und sei es temporär oder in punktuellen Fragen, neuen Repräsentanten zu.“

Ende des ersten Teils. Der zweite Teil folgt in der Septemberausgabe der „Blätter“.

* Der Beitrag basiert auf „Rückkehr nach Reims“, dem jüngsten Buch des Autors, das soeben im Suhrkamp Verlag erschienen ist. 

https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2016/august/wie-aus-linken-rechte-werden

Kommentar GB:

Ein m. E. sehr interessanter und lesenswerter Text, der m. E. geeignet ist, in einer Diskussion die irreal gewordenen ideologischen Schemata aufzulösen und eine theoretisch-begriffliche Neufassung unseres Realitätsverstandnisses zu ermöglichen.

 

 

 

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