18. Juli 2016, von Dr. Alexander Ulfig
„Die philosophische Postmoderne ist der größte intellektuelle Irrtum unserer Zeit. Ihr Hauptanliegen ist es, bestehende Strukturen zu zerstören, sie zu dekonstruieren.“
„Diesem Zweck dienen drei gedankliche Vorgänge: die Historisierung (alles ist historisch, alles vergeht), die Individualisierung (nur das Einzelne, das Singuläre zählt, es gibt kein Allgemeines, Allgemeingültiges, Universelles) und die Kontextualisierung (jegliches Wissen hängt vom jeweiligen historischen und sozio-kulturellen Kontext ab). Die Durchführung dieser Vorgänge führt in der Postmoderne zum Relativismus.
Im theoretischen Bereich gibt es für die Postmodernisten keine festen Beurteilungskriterien, Standards und Methoden, ferner keine Wahrheit und Objektivität. Im praktischen Bereich zeichnet sich der postmoderne Relativismus durch die Auflösung von fundamentalen Prinzipien, Normen, Werten und Orientierungen. Die Konsequenz davon ist eine skrupellose Machtpolitik.(1)
Doch die Vorgänge der Historisierung, der Individualisierung und der Kontextualisierung wurden nicht von den Postmodernisten erdacht. Sie wurden bereits im 19. Jahrhundert von den sog. Historisten thematisiert und erhielten von ihnen einen herausragenden Stellenwert. Die Historisten dachten sie wesentlich radikaler als die Postmodernisten, ohne dass die Ersteren daraus relativistische Konsequenzen gezogen hätten, denn sie waren an der Ausarbeitung einer Methodologie der Geschichts- und Geisteswissenschaften interessiert, d.h. an der Ausarbeitung von Methoden, von Vorgehensweisen, mit deren Hilfe historische Phänomene verstanden werden können.
Im ersten Schritt möchte ich darstellen, wie repräsentative Vertreter des Historismus die drei genannten Vorgänge ausführen. Von besonderer Wichtigkeit ist der Umstand, dass sie dem Relativismus entgehen, indem sie geisteswissenschaftliche Methoden herausarbeiten. Im zweiten Schritt möchte ich schildern, wie repräsentative Vertreter der philosophischen Postmoderne die drei Vorgänge zum Kern ihrer Positionen machen. Dabei werde ich fragen, ob die Postmodernisten einen Weg aus dem Relativismus gefunden haben, d.h. ob sie eine wissenschaftliche Methode entwickelt haben.“ (…)
http://cuncti.net/wissenschaft/950-das-elend-der-postmoderne
Kommentar GB:
Es handelt sich hier m. E. um einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung über postmodernes Denken.
Für Naturwissenschaftler, die methodisch auf ERKLÄREN abzielen, wird ein Zugang zur geisteswissenschaftlichen Methode eröffnet, die VERSTEHEN will.
Das ist zur Vermeidung von Mißverständnissen im Dialog zwischen Wissenschaften wichtig.