Margot Honeckers ganzer Stolz

Von Birgit Kelle
„Manuela Schwesig will mit ihrer 24-Stunden-Kita erreichen, dass sich unsere Kinder künftig dem Arbeitsmarkt anpassen. Warum nicht gleich die DDR-Wochenkrippe?“
„Am schlimmsten ist aber der Grundgedanke, der hinter dem Konzept 24-Stunden-Kita liegt: Kinder müssen sich den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes anpassen. Um nichts anderes geht es wie üblich, schließlich werden am heimischen Herd Potenziale verschwendet, die der Arbeitsmarkt dringend braucht. Auch in den Spätschichten, Frühschichten und Nachtschichten. „Inaktivitätsquote“ nennen es die Ökonomen. Gemeint sind die Menschen, die dem Arbeitsmarkt fernbleiben, ergo inaktiv sind. Sie ziehen ja bloß Kinder groß zum Beispiel, oder pflegen ihre Eltern, das ganze völlig „inaktiv“. Weiß man ja, die tun nichts, trinken Latte Macchiato den ganzen Tag und bleiben böswillig dem Büro fern.
Vergeudete Potenziale, auch so ein netter Begriff, um das Ganze zu beschreiben. Dieser taucht immer gerne in feministischen Debatten auf, um darauf hinzuweisen, dass doch gerade Frauen zu weit Höherem berufen sind, als Brei anzurühren und Schnürsenkel zu binden. Leider hat auch Kanzlerin Merkel diesen Begriff bereits benutzt, die einzige Mutti ohne Kinder. Will sagen: Frauen, die Kinder großziehen, vergeuden ihr Lebenspotenzial. Da kommt die aktuelle Allensbach-Studie, die das Ministerium Schwesig in Auftrag gegeben hat, gerade recht mit ihren Ergebnissen.
Wundersamerweise wünscht sich dort die Mehrheit der Eltern mehr Zeit für den Arbeitsplatz. Ist doch toll, wenn sich Eltern genau das wünschen, was das Familienministerium gerade plant. Seltsamerweise wünschen sich real die meisten Eltern tatsächlich mehr Zeit für die Familie, sie müssen aber ihre Rechnungen bezahlen. Und damit kommen wir zum Wesentlichen in dieser Debatte. Was hat Vorrang: Familie oder Beruf?“  (…)

„Möglicherweise hat Schwesig sich auch nur zu lange mit Magdalena Andersson unterhalten, Finanzministerin von Schweden, dem Land mit der ersten „feministischen“ Regierung.
Im Interview mit der „FAZ“ erläuterte diese nicht nur, dass sie sich mit Schwesig ausgetauscht habe, sondern auch, dass es zum Beispiel „effizienter“ sei, wenn sich in der Kita eine Person um mehrere Kinder kümmere, statt jeder Vater oder jede Mutter allein um ihr eigenes Kind. Kinder-Herden-Haltung, dass wir da nicht schon früher drauf gekommen sind! Oder dass es „Verschwendung von Humankapital“ sei, wenn eine Frau nur Teilzeit arbeite. Und dass dem Bruttoinlandsprodukt ein „Verlust“ von 10 Prozent entstehe durch diese Mütter, die nicht genauso wie die Väter am Arbeitsmarkt teilnähmen. Margot Honecker würde sicher applaudieren, schöner hätte man auch die DDR 2.0 nicht wieder aufbauen können.
Frau Andersson spricht wenigstens aus, was sich Schwesig offenbar nicht traut: All die schönen Konzepte zur Steigerung der Erwerbstätigkeit von Frauen haben nicht etwa ein emanzipatorisches Ziel, sondern ein ökonomisches. Die Ausbeutung des weiblichen Humankapitals wird einfach nur in feministische Befreiungsrhetorik verpackt. Was Kinder brauchen oder wollen, ist dabei irrelevant, um nicht zu sagen: störend.“
(Hervorhebungen: GB)   –  Zum  Artikel:

http://www.theeuropean.de/birgit-kelle/10378-manuela-schwesigs-idee-der-24-stunden-kita
Kommentar GB:
Es handelt sich m. E. um einen glänzenden Beitrag zur feministischen Ökonomiekritik, der nicht nur zutreffend ist, sondern überdies ironisch und gut verständlich geschrieben worden ist. Gratulation!
Siehe hierzu:
https://frankfurter-erklaerung.de/2015/07/n-24-weiss-was-frauen-wuenschen/
 

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