Weltwoche Daily DE
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Kommentar GB:
Es gilt zwar wohl zu Recht die allgemeine Aussage der Außenhandelswirtschaftstheorie, daß ein freier Handel zu wechselseitigen Vorteilen und Wohlstandsgewinnen führt, daß er also für alle vorteilhaft ist, insbesondere in der längeren Frist betrachtet, aber es gibt eben auch Ausnahmen, die in gewissen Zeiten und für begrenzte Zeiträume zu anderen Beurteilungen führen können.
Der historisch-klassische Fall liegt zum Beispiel dann vor, wenn ein Land sich in einem technologisch-industriellen Entwicklungsrückstand gegenüber einem anderen Land befindet und sich daher das Ziel setzt, den Rückstand aufzuholen. In einem solchen Fall können Schutzzölle zweckmäßig und geeignet sein, weil ohne sie die Importe durch Freihandel ein Aufholen blockieren würden; die Aufholbewegung käme unter dieser Konkurrenz umgehend zum Erliegen.
In Europa bestand eine solche Lage, nachdem ab 1780 in Großbritannien die Industrielle Revolution einsetzte, durch die die Briten rasch in eine ökonomische Führungsposition gelangten, während Deutschland in dieser Hinsicht zuückblieb. Diese Problemlage wurde damals bekanntlich von Friedrich List erkannt und ökonomietheoretisch thematisiert. Den britischen Freihandelsinteressen standen nun (u.a.) die deutschen Entwicklungsinteressen entgegen, zumindest für eine gewisse Zeit, so daß Schutzzölle zum – so begründeten – Mittel der Wirtschaftspolitik wurden: sie sollten eine aufholende Entwicklung ermöglichen, bis dann zum Freihandel zurückgekehrt werden konnte.
Die heutige Situation ist ein andere. Wir erleben das Ende der Globalisierung, die eine etwa dreißjährige Epoche kennzeichnete, in der im Interesse einer gesteigerten Profittrate oder Kapitalrendite eine ungehemmte kostenorientierte globale Standortwahl als Mittel genutzt wurde, was in etlichen Fällen, so auch in den USA, zur Verlagerung industrieller Produktionskapazitäten – z.B. nach China – führte.
China war, seit Deng tsiao-ping Nachfolger von Mao tse-tung wurde, eine aufholende Ökonomie gegenüber den bereits industrialisierten westlich geprägten Ländern. Der Aufholprozeß ist mittlerweise sehr weit fortgeschritten, so daß China nun seitens der USA als der westlichen Führungsmacht als Hauptrivale wahrgenommen wird, und dies in ökonomischer, politischer und militärischer Hinsicht. Der Sachverhalt hat in der Bildung der BRICS-Gruppe seinen politisch-organisatorischen Ausdruck gefunden.
Daher befinden sich die wechselseitigen Bedeutungen dieser beiden Volkswirtschaften füreinander im Mittelpunkt des gegenwärtigen Markt- und Regulationsgeschehens, wie es in der Zollpolitik der Administration Donald Trumps zum Ausdruck kommt. Alles weitere gehört zur bloßen Peripherie dieses Konflikts. Erwartungsgemäß werden Zolleinführungen oder Zollerhöhungen aber taktisch kalkuliert mit entsprechenden Gegenmaßnahmen erwidert, und solche Konflikte entwickeln dann eine eigene individuelle Dynamik, die ungünstigenfalls auch allgemeinpolitisch riskant werden können, oder aber man gelangt über handelspolitische Vereinbarungen wieder auf einen Pfad in Richtung auf den Freihandel.
Ob es in diesem Fall der Trump-Administration gelingen wird, wie gewünscht eine Reinidustrialisierung der USA einzuleiten und zu fördern, das wird man abwarten müssen, aber wenn das der Fall sein sollte, dann kämen damit auch Arbeitsplätze mit ihren wertschöpfenden Prozessen in die USA zurück, was die Lage der US-Arbeiterschaft verbesserte und zugleich die Steuerbasis stärkte, auch wenn die erzielten Kapitalrenditen vorausichtlich geringer als zuvor in der Zeit der Globalisierung sein dürften.