Vereinbarung über Sicherheitszusammenarbeit und langfristige Unterstützung

Quelle:

https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975226/2260264/8efa1868839ede7609437b341d75c3c5/2024-02-16-ukraine-sicherheitsvereinbarung-deu-data.pdf?download=1

 

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Vereinbarung
über Sicherheitszusammenarbeit und langfristige Unterstützung

zwischen
der Bundesrepublik Deutschland
und
der Ukraine

Die Bundesrepublik Deutschland („Deutschland“) und die Ukraine, im Folgenden als
„Teilnehmer“ bezeichnet, verurteilen auf das Schärfste den ungerechtfertigten,
unprovozierten, illegalen und brutalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine,
durch den Russland in gravierender Weise gegen das Völkerrecht einschließlich der
VN-Charta verstößt.
Deutschland ist unerschütterlich in seiner Unterstützung für die Unabhängigkeit,
Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine innerhalb der Grenzen, die
seit 1991 international anerkannt sind, einschließlich des Küstenmeers und der freien
(maritimen) Wirtschaftszone.
Die Teilnehmer würdigen die nachhaltige und entscheidende Unterstützung, die von
Deutschland sowie europäischen Partnern, G7-Partnern und internationalen Partnern
geleistet wird, um die Sicherheits- und Verteidigungskräfte der Ukraine zu stärken,
auszurüsten und auszubilden, ebenso wie die umfassende nichtmilitärische Hilfe für
die Menschen in der Ukraine zur Linderung der humanitären, gesellschaftlichen,
wirtschaftlichen und finanzpolitischen Folgen von Russlands Angriffskrieg gegen die
Ukraine.
Gemeinsam werden sie sich weiterhin um einen gerechten und dauerhaften Frieden
in der Ukraine sowie um Frieden, Sicherheit und Stabilität auf dem europäischen
Kontinent bemühen.
Die Teilnehmer verweisen darauf, dass die Ukraine die Umsetzung eines ehrgeizigen
Reformprogramms weiter fortsetzen wird und dass Deutschland bestrebt ist, die
Reformbemühungen der Ukraine zu unterstützen. Diese sind für ihre europäischen
und NATO-Bestrebungen von wesentlicher Bedeutung.
Die Teilnehmer unterstreichen ihre Bereitschaft, ihre bilateralen Beziehungen in allen
Bereichen weiter zu stärken, auch in Bezug auf wirtschaftliche Zusammenarbeit,
Stärkung der Widerstandsfähigkeit, Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung, des
Wiederaufbaus und der nachhaltigen Entwicklung sowie Austausch und
Zusammenarbeit auf kultureller Ebene, wozu auch die Förderung von Verständigung
und Zusammenarbeit zwischen den Menschen in der Ukraine und in Deutschland
gehört.
Sie bekunden ihre tiefe Sorge angesichts der Kontaminierung durch Landminen, die
bis zu 170 000 Quadratkilometer des Hoheitsgebiets der Ukraine betrifft.
Auf dieser Grundlage haben sich die Teilnehmer gemeinsam darauf verständigt, ihre
Sicherheitszusammenarbeit durch die in dieser Vereinbarung dargelegten bilateralen
Sicherheitsabsprachen und langfristigen Unterstützungsmaßnahmen zu stärken:
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I. Geltungsbereich
1. Diese Vereinbarung soll die von Deutschland und anderen Mitgliedern der G7 am
12. Juli 2023 in Vilnius veröffentlichte Gemeinsame Erklärung stärken, der sich
nachfolgend mittlerweile 25 weitere Staaten angeschlossen haben.
2. Mit dieser Vereinbarung haben sich Deutschland und die Ukraine dazu
entschlossen, ihre Zusammenarbeit und Partnerschaft, die auf ihren gemeinsamen
Interessen hinsichtlich der Verteidigung des Völkerrechts und der internationalen
Ordnung, des Friedens und des Schutzes grundlegender Menschenrechte und
Freiheiten aufbauen, zu bekräftigen, zu vertiefen und auszubauen.
3. Deutschland beabsichtigt, die Ukraine unerschütterlich zu unterstützen, so lange
dies nötig ist, um der Ukraine dabei zu helfen, sich selbst zu verteidigen, ihre territoriale
Unversehrtheit innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen wiederherzustellen
und ihre freie und demokratische Zukunft zu sichern, und um es der Ukraine zu
ermöglichen, weiterhin Dienstleistungen für ihre Bevölkerung zu erbringen, eine
funktionierende ukrainische Wirtschaft aufrechtzuerhalten und künftige russische
Aggression abzuschrecken.
4. Deutschland verweist darauf, dass nationales Haushaltsrecht gilt und Beschlüsse
des Bundestages erfordert.

II. Sicherheitspolitische und militärische Unterstützung
1. Seit Russlands großangelegter Invasion im Jahr 2022 ist Deutschland eines der
Länder, die die meiste Militärhilfe an die Ukraine geliefert haben. Deutschland wird die
Ukraine in ihren Anstrengungen zur Selbstverteidigung weiter so lange unterstützen,
wie es nötig ist. Die Teilnehmer verweisen auf das naturgegebene Recht von Staaten
zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung und die Widerrechtlichkeit aller
Versuche, Grenzen mit Gewalt zu verändern. Sie bekräftigen, dass die Sicherheit der
Ukraine wesentlich für die euroatlantische und globale Sicherheit ist.
2. Deutschland unterstreicht seine Absicht, langfristige militärische Unterstützung für
die ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungskräfte bereitzustellen, um die
territoriale Unversehrtheit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten
Grenzen in vollem Umfang wiederherzustellen, und die zukünftigen Kräfte der Ukraine
in Bezug auf die Fähigkeiten auszurüsten und auszubilden, die sie für ihre
Bemühungen benötigen, die Widerstandsfähigkeit der Ukraine zu erhöhen, sodass sie
ausreicht, um künftige Angriffe und Zwangsmaßnahmen abzuschrecken und sich
dagegen zu verteidigen.
3. Deutschland wird weiterhin gemeinsame Beschaffungen und weitere Formen der
Rüstungszusammenarbeit mit europäischen und internationalen Partnern fördern, um
die ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungskräfte insbesondere durch das Modell
der Leitnation zu stärken, und wird auf eine weitreichende internationale Beteiligung
an den laufenden deutschen Beschaffungsmaßnahmen hinwirken. Deutschland wird
fortlaufend potenzielle Synergien und Skaleneffekte bei seiner nationalen militärischen
Beschaffung zugunsten der ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungskräfte prüfen.
Deutschland wird sich neben weiteren internationalen Partnern weiterhin an
internationalen Formaten beteiligen und aktiv in diese einbringen, beispielsweise das
Ramstein-Format (Ukraine Defense Contact Group, UDCG), um die internationale
militärische Unterstützung für die Ukraine eng abzustimmen.
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4. Die Teilnehmer erkennen an, dass die von Deutschland geleistete militärische
Unterstützung nur in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen und
unter strikter Einhaltung aller einschlägigen völkerrechtlichen Pflichten für beide
Teilnehmer eingesetzt werden. Sämtliche militärische Unterstützung wird an
Endverbleibsvereinbarungen gekoppelt sein. Die Teilnehmer sind gemeinsam der
Ansicht, dass die illegale Umleitung militärischer Güter vermieden werden muss.
Deutschland erkennt die Präventionsbemühungen der ukrainischen Seite und
internationaler Partner an und beabsichtigt, diese Bemühungen erforderlichenfalls
durch die Einrichtung eines geeigneten Überwachungsprogramms zum Endverbleib
sowie durch die nötige Ausrüstung zu unterstützen.
5. Im Jahr 2022 hat Deutschland der Ukraine militärische Unterstützung im
Gesamtwert von 1,68 Milliarden Euro, finanziert durch die Ertüchtigungsinitiative der
Bundesregierung, zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2023 hat Deutschland militärische
Unterstützung im Gesamtwert von über 5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im
Jahr 2024 hat Deutschland die Bereitstellung von Finanzmitteln für militärische
Unterstützung im Gesamtwert von 7,1 Milliarden Euro beschlossen. Zudem wurden
seit 2022 zusätzliche Genehmigungen für Zusagen in den Folgejahren im Wert von
mehreren Milliarden Euro erteilt.
6. Deutschland wird seine Unterstützung für die Ukraine für den Geltungszeitraum
dieser Vereinbarung fortsetzen.
Die Fähigkeiten der künftigen Kräfte der Ukraine
1. Die Teilnehmer haben das gemeinsame Ziel, moderne, interoperable und tragfähige
ukrainische Verteidigungskräfte aufzubauen. Deutschland wird die Entwicklung der
Verteidigungskräfte der Ukraine unter anderem (aber nicht ausschließlich) durch
Folgendes unterstützen: Gestaltung der künftigen Kräfte, Bewegung hin zu einer
Angleichung von Konzepten und Operationsverfahren, Führungs- und
Personalausbildung sowie verbesserte Kompatibilität und Interoperabilität mit
euroatlantischen Partnern.
2. Die Teilnehmer werden zusammenarbeiten, um tragfähige Kräfte sicherzustellen,
die dazu in der Lage sind, die Ukraine in der Gegenwart zu verteidigen und künftige
Aggression in der Zukunft abzuschrecken, und zwar durch die fortgesetzte
Bereitstellung von Sicherheitsunterstützung und modernem militärischen Gerät in den
Bereichen Land, Luft und See sowie Cyber – mit Schwerpunkt auf Luftverteidigung,
Artillerie, gepanzerten Fahrzeugen einschließlich Munition und weiteren
Schlüsselfähigkeiten, sowie durch Förderung einer verbesserten Interoperabilität mit
euroatlantischen Partnern.
3. Deutschland wird die Initiative für die künftigen Kräfte der Ukraine (Ukraine Future
Forces Initiative) weiterhin unterstützen, hat die Führungsrolle in der
Fähigkeitskoalition für Integrierte Luftverteidigung- und Flugkörperabwehr (Capability
Coalition „Integrated Air and Missile Defense“) übernommen und leistet einen
bedeutenden Beitrag zu anderen Fähigkeitskoalitionen, beispielsweise für Artillerie
(„Artillery“), gepanzerte Gefechtsfahrzeuge („Armour“), maritime Sicherheit („Maritime
Security“), Informationstechnologie („IT“), Drohnen („Drones“) und Minenräumung
(„Demining“). Sowohl die Zahl der Fähigkeitskoalitionen als auch die Art der
Beteiligung kann in der Zukunft erweitert werden, um auch andere
Fähigkeitskoalitionen einzubeziehen.
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4. Deutschland wird Pläne und Steuerungsstrukturen für Fähigkeitskoalitionen
unterstützen, um sowohl die künftigen Kräfte aufzustellen als auch eine größere
Einheitlichkeit bei der Bereitstellung von Fähigkeiten im aktuellen Krieg zu
gewährleisten. Deutschland entwickelt derzeit in Zusammenarbeit mit anderen
internationalen Partnern den Steuerungsrahmen für die Fähigkeitskoalitionen. Alle
Fähigkeitskoalitionen werden die Interoperabilität der ukrainischen und NATO-Kräfte
verbessern.
Ausbildung und Übungen
1. Deutschland wird seine Unterstützung für die Stärkung der Fähigkeiten der
ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungskräfte insbesondere, aber nicht
ausschließlich im Rahmen der militärischen Unterstützungsmission der Europäischen
Union zur Unterstützung der Ukraine fortsetzen und erforderlichenfalls ausweiten.
Deutschland beabsichtigt, eine individuelle und kollektive Ausbildung der ukrainischen
Streitkräfte durchzuführen, einschließlich Programmen zur Schulung von
Ausbilderinnen und Ausbildern, insbesondere für die durch Deutschland
bereitgestellten Waffensysteme. Diese Ausbildung wird auch zu einer erhöhten
Interoperabilität mit den euro-atlantischen Partnern führen. Sie soll in enger
Kooperation mit den Partnern in der EU und der NATO und im Einklang mit geltendem
Recht auf nationaler, internationaler und EU-Ebene durchgeführt werden.
2. Auf Anfrage wird Deutschland auch Ausbildungseinheiten und Schulungen von
Ausbildenden für Strafverfolgungsbehörden wie die ukrainische Nationalgarde und die
ukrainische Grenzschutzbehörde durchführen und seine materielle Unterstützung von
Partnerbehörden im Strafverfolgungsbereich fortsetzen.
Rüstungsindustrien
1. Die Teilnehmer erkennen an, dass die Zusammenarbeit der Rüstungsindustrien von
hoher Bedeutung ist. Deutschland wird prüfen, wie die eigene Rüstungsindustrie
motiviert und unterstützt werden kann, zum Ausbau der industriellen Basis der
ukrainischen Verteidigung beizutragen, unter anderem gegebenenfalls durch
Investitionen der deutschen Industrie und Anreize für Investitionen, und nach
Möglichkeiten suchen, Partnerschaften und Zusammenarbeit in der Rüstungsindustrie
zu vertiefen – auch mit Blick auf den wechselseitigen wirtschaftlichen Nutzen und die
Koordination. Deutschland wird gemeinsam mit der Ukraine daran arbeiten,
bestehende Kooperationshindernisse entschiedener abzubauen und seine
Rüstungsindustrie – unter Berücksichtigung der allgemeinen Sicherheitslage und der
legitimen Interessen dieser Industrie – zu Investitionen zu ermutigen, unter anderem,
indem es prüfen wird, wie eine lokale Produktion in der Ukraine gefördert werden kann
und welche Optionen bezüglich einer gemeinsamen Produktion bestehen.
2. Deutschland wird gemeinsam mit der Ukraine prüfen, mit welchen Maßnahmen
bestehenden Lieferengpässen entgegengewirkt werden kann, welche die Entwicklung
von Produktionskapazitäten und -fähigkeiten Deutschlands und der Ukraine im Bereich
der vorrangig benötigten Waffen und Munition erschweren.
3. Deutschland wird seine Rüstungsindustrie darin ermutigen, mit der Ukraine
zusammenzuarbeiten, sie dabei flankieren, potenzielle Kooperationsbereiche zu
identifizieren, und eine Lokalisierung von Reparatur- und Wartungsarbeiten – unter
Berücksichtigung der allgemeinen Sicherheitslage und der legitimen Interessen der
deutschen Industrie – in der Ukraine weiter prüfen. Deutschland wird gemeinsam mit
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der Ukraine darauf hinarbeiten, transferierten Technologien und übertragene Rechte
des geistigen Eigentums besser zu schützen. Zudem wird die Ukraine die besagten
Technologien und Rechte des geistigen Eigentums schützen.
4. Deutschland und die Ukraine werden prüfen, wie die ukrainische Rüstungsindustrie
in die Lage versetzt werden kann, wirksam zur Wiederherstellung der territorialen
Unversehrtheit des Landes beizutragen, die wirtschaftliche Erholung bedeutend
voranzutreiben und an einer effektiven Abschreckung künftiger Angriffe ebenso
mitzuwirken wie an der Angleichung von Standards und der Verbesserung der
Interoperabilität mit den euro-atlantischen Partnern.
Reform des Sicherheits- und Verteidigungssektors
1. Deutschland erkennt die erheblichen Fortschritte der Ukraine bei der Umsetzung
von Reformen im Sicherheits- und Verteidigungssektor an. Die Ukraine bekräftigt, dass
sie die umfassenden demokratischen Reformen im Sicherheits- und
Verteidigungssektor fortführen wird; hierzu wird sie insbesondere
 Reformen und eine Modernisierung im Verteidigungswesen vorantreiben, unter
anderem durch eine Stärkung der demokratischen zivilen Kontrolle über den
Sicherheitssektor, und
 die Effizienz und Transparenz der gesamten ukrainischen
Verteidigungsinstitutionen und Rüstungsindustrie verbessern.
2. Deutschland wird die Reform und Weiterentwicklung der künftigen Streitkräfte der
Ukraine weiterhin unterstützend und beratend begleiten, sowohl bilateral als auch mit
Partnern.
Abwehr von CBRN-Risiken sowie von Cyber- und hybriden Bedrohungen
1. Die Teilnehmer beabsichtigen, ihre bestehende bilaterale Zusammenarbeit weiter
auszubauen und so die Widerstandsfähigkeit der Ukraine gegenüber Risiken in
Zusammenhang mit nuklearen, biologischen und chemischen Waffen zu verbessern.
Deutschland beabsichtigt insbesondere, die Ukraine weiterhin dabei zu unterstützen,
die nukleare Sicherheit und Sicherung ihrer Kernkraftwerke zu verbessern, ihre
Zivilschutzfähigkeiten mit Blick auf CBRN-bezogene Risiken auszubauen und ihre
Widerstandsfähigkeit gegenüber Biosicherheitsrisiken zu stärken.
Deutschland und die Ukraine beabsichtigen, hybride Bedrohungen zu identifizieren, zu
erkennen und abzuwehren und konventionelle Aggression, Spionagetätigkeit sowie
hybride Kriegsführung vonseiten Russlands zu unterbinden. Die Teilnehmer werden
gemeinsam darauf hinwirken, die IT-Infrastruktur vor Cyber-Angriffen zu schützen und
gleichzeitig die Modernisierung und Reform der ukrainischen Sicherheits- und
Nachrichtendienststrukturen zu unterstützen, unter anderem in den Bereichen Cyber-
und Informationssicherheit sowie in der Bereitstellung internationaler technischer
Unterstützung für die Ukraine. Die Teilnehmer möchten ihre Widerstandsfähigkeit und
Strafverfolgungskooperation im Bereich von Cyber-Angriffen, Cyber-Kriminalität und
Desinformation verbessern und sichere digitale öffentliche Dienstleistungen anbieten.
Die Teilnehmer werden ihre Zusammenarbeit bei der Durchführung von IT-
Sicherheitsschulungen für ukrainische Fachleute im Bereich der Cybersicherheit auf
Basis von EU-Standards fortsetzen.
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2. Die Teilnehmer beabsichtigen, ihre Zusammenarbeit bei der Abwehr von
Informationssicherheitsrisiken auszubauen, unter anderem mit Blick auf Propaganda
und andere Formen böswilliger Beeinflussung aus dem Ausland, einschließlich
Desinformation.
Zusammenarbeit im Nachrichtendienst- und Sicherheitsbereich
Die Teilnehmer werden ihre Zusammenarbeit im Sicherheits- und
Nachrichtendienstbereich im Einklang mit den geltenden rechtlichen Voraussetzungen
und Möglichkeiten verbessern. Dies soll unter anderem durch den Austausch
nachrichtendienstlicher Erkenntnisse und Zusammenarbeit erreicht werden, auch im
Bereich Spionageabwehr.

 

III. Wirtschaftliche Stabilität, Widerstandsfähigkeit und Wiederaufbau,
nachhaltige Entwicklung
Wirtschaftliche Zusammenarbeit

1. Um ihre bestehende wirtschaftliche Zusammenarbeit zu stärken und auszubauen,
streben die Teilnehmer ihr wechselseitiges sozio-ökonomisches Wohlergehen und die
Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) an und werden für ein
sicheres rechtliches und institutionelles Rahmenwerk für umfangreiche Investitionen
des Privatsektors, wirtschaftlichen Wohlstand und die ökonomische Integration der
Ukraine sowie für ein Geschäftsumfeld sorgen, das in- und ausländischen
Investitionen in der Ukraine zuträglich ist.

2. Im Hinblick auf die europäische Perspektive der Ukraine wird Deutschland die
Ukraine dabei unterstützen, ihre Rechtsetzung an die EU-Standards anzugleichen.
Eine Vertiefung der Zusammenarbeit wird zudem unter anderem in den folgenden
Bereichen angestrebt: Bauwirtschaft, Cyber-Sicherheit, Digitalisierung/Industrie 4.0,
Chemieindustrie, Elektronik/Elektrotechnik, Energiewirtschaft, Landwirtschaft,
Maschinenbau, Rüstungsindustrie und grüne Energie/Wasserstoff.

3. Neben engem und regelmäßigem politischen Dialog soll die vorliegende
Vereinbarung unter anderem dazu dienen, den direkten persönlichen Austausch zu
bewährten Verfahren und Wissen zu fördern und so gegenseitiges Lernen und die
gemeinsame Entwicklung wirksamer politischer Maßnahmen ebenso voranzutreiben
wie die bilaterale Handels- und Investitionstätigkeit sowie gemeinsame Forschung,
Entwicklung und Demonstration.
Widerstandsfähigkeit der Energie- und sonstigen kritischen Infrastruktur
1. Die Sicherheit der Energieversorgung ist für die Widerstandsfähigkeit der Ukraine
weiterhin entscheidend. Auf Grundlage der Unterstützung der G7+ für die ukrainische
Energieinfrastruktur wird Deutschland den gesamten Energiesektor der Ukraine auch
weiterhin langfristig unterstützen und dabei besonderes Augenmerk auf die grüne
Energiewende legen.
2. Die Teilnehmer werden darauf hinarbeiten, sowohl kurzfristige Verpflichtungen als
auch langfristige gesamtwirtschaftliche Netto-Null-Ziele voranzutreiben, Bereiche für
eine verstärkte bilaterale Zusammenarbeit zu ermitteln und Energieeffizienz,
erneuerbare Energien sowie innovative und nachhaltige Technologien und
Dienstleistungen auf dem Gebiet innovativer Energien und Klima zu fördern, um in
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beiden Ländern das Wirtschaftswachstum und gut bezahlte Arbeitsplätze zu fördern.
Deutschland wird die Ukraine dabei unterstützen, die Widerstandsfähigkeit ihrer
kritischen Infrastruktur zu verbessern, insbesondere mit Blick auf die Energie-, Wasser
und Heizinfrastruktur.
3. Deutschland wird die Ukraine dabei unterstützen, ihre Fähigkeit zum Schutz der
kritischen Infrastruktur auszubauen, und dazu beitragen, den Zugang ukrainischer
Fachleute zu den einschlägigen internationalen Programmen zu verbessern.
Deutschland wird ukrainische Fachleute mit Erfahrung im Bereich der Sicherheit
kritischer Infrastruktur damit beauftragen, im eigenen Hoheitsgebiet und in
Partnerländern einschlägige Projekte durchzuführen. Die Teilnehmer werden
gemeinsame Ausbildungs- und Schulungsprogramme auflegen, die sich an Fachleute
für den Schutz kritischer Infrastruktur richten.
4. Deutschland wird gemeinsam mit der Ukraine daran arbeiten, Finanzierungsquellen
für Förderprogramme zu identifizieren, um den Schutz und die Widerstandsfähigkeit
der kritischen Infrastruktur in diversen Bereichen zu stärken.
5. Die Teilnehmer werden dazu beitragen, die Fähigkeit der Ukraine zu verbessern,
sich gegen Bedrohungen der kritischen Infrastruktur zu verteidigen, von solchen
Bedrohungen abzuschrecken und auf sie zu reagieren, indem sie ukrainischen
Akteuren im Bereich Cyber-Sicherheit einen besseren Zugang zu modernen
technologischen Lösungen für den Schutz kritischer Infrastruktur verschaffen werden,
unter anderem durch die Bereitstellung internationaler technischer Unterstützung für
die Ukraine.
Informationssicherheit
1. Die Teilnehmer werden die wechselseitige Zusammenarbeit im Bereich der Abwehr
russischer oder anderweitiger Informationsmanipulation und Propaganda fortsetzen.
2. Sie werden gemeinsam den Ausbau der Fähigkeit der Ukraine fördern,
Bedrohungen im Bereich Informationssicherheit entgegenzuwirken, gemeinsame
Maßnahmen zur Abwehr von Desinformation durch ausländische Staaten und
Organisationen ergreifen und streben an, gemeinsame Bildungs- und
Ausbildungsprogramme für Fachleute im Bereich strategische Kommunikation und
Public Diplomacy zu entwickeln und einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch und
Fachveranstaltungen unter Beteiligung von Expertinnen und Experten im Bereich
strategische Kommunikation und Public Diplomacy zu organisieren.
Zusammenarbeit bei der Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität
1. Die Teilnehmer erkennen an, dass schwere und organisierte Kriminalität,
insbesondere illegale Finanzströme, zur Finanzierung von Aktivitäten, die darauf
abzielen, die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine sowie ihre innere
Stabilität zu untergraben, aber auch andere Arten schwerer und organisierter
Kriminalität eine Bedrohung für die ukrainische Gesellschaft darstellen.
2. Die Teilnehmer beabsichtigen, Maßnahmen zur Abwehr von Aktivitäten schwerer
und organisierter Kriminalität zu ergreifen, insbesondere von Einzelpersonen und
Gruppen, die versuchen, die ukrainische Gesellschaft in allen Bereichen zu
unterwandern, die kriminellen Einfluss in bestimmten Regionen haben, darunter die
vorübergehend besetzten Regionen, und die aktiv als Instrument einer hybriden
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Kriegsführung genutzt werden, um den Prozessen der wirtschaftlichen Erholung und
der Aussöhnung in der Ukraine entgegenzuwirken.
3. Um allen Formen von Aktivitäten der schweren und organisierten Kriminalität zu
begegnen, werden die Teilnehmer Maßnahmen ergreifen, um:
 gemeinsame Operationen zur Ermittlung und Unterbindung von schwerer und
organisierter Kriminalität durchzuführen;
 die Kriminalitätslage in den Ländern zu analysieren und die wesentlichen
Risiken, die von schwerer und organisierter Kriminalität ausgehen, zu
bestimmen;
 Vermögenswerte zu ermitteln, die im Rahmen von Strafverfahren
beschlagnahmt oder als illegale Vermögenswerte eingestuft werden können;
 gemeinsame Arbeitsgruppen und gemeinsame Ermittlungsteams bestehend
aus Staatsanwaltschaft und anderen Stellen einzurichten sowie
 die Bereitstellung von Ausbildungsmaßnahmen und den Austausch bewährter
Verfahren zu erleichtern.
4. Die oben genannten Maßnahmen sollen keine vollständige Aufzählung darstellen,
und die Teilnehmer können andere Formen der Zusammenarbeit anstreben, um ihre
Ziele bei der Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität zu erreichen.
Wirtschaftliche Erholung, Wiederaufbau und nachhaltige Entwicklung
1. Deutschland wird gemeinsam mit seinen internationalen und europäischen Partnern
und in enger Abstimmung mit einschlägigen internationalen Organisationen und
internationalen Finanzinstitutionen die Ukraine weiterhin auf ihrem gesamten Weg von
der frühzeitigen bis hin zur langfristigen wirtschaftlichen Erholung begleiten, wobei
diese Anstrengungen auf die europäische Perspektive der Ukraine und ihren Status
eines EU-Bewerberlandes abgestimmt werden. Deutschland und die Ukraine werden
daher weiterhin die von der G7 ins Leben gerufene, von vielen Akteuren getragene
Geberkoordinierungsplattform für die Ukraine sowie andere
Koordinierungsmechanismen für gemeinsame internationale
Wiederaufbaubemühungen stärken und die Reformagenda der Ukraine sowie das vom
Privatsektor getragene Wachstum fördern.
2. Deutschland hat einen wesentlichen Beitrag zum humanitären und militärischen
Minenräumen in der Ukraine geleistet. Die Teilnehmer erkennen die Notwendigkeit von
vereinten Bemühungen an, die darauf abzielen, die Bevölkerung und die
Hoheitsgebiete der Ukraine vor den negativen Auswirkungen zu schützen, die
aufgrund der bewaffneten russischen Aggression durch Minen und explosive
Kampfmittelrückstände verursacht werden, sowie die verheerenden Auswirkungen
nach deren Ende zu mildern. Angesichts der außerordentlich großen Herausforderung,
die sich aus der massiven Kontamination der ukrainischen Böden mit Minen, Munition
und anderen Kampfmitteln durch Russland ergibt, will Deutschland weiterhin
gemeinsam mit Partnern erhebliche Finanzmittel für humanitäres Minenräumen zur
Verfügung stellen. Deutschland wird in Zusammenarbeit mit anderen Partnern die
Ukraine bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung internationaler Standards der
Minenräumung während ihrer Operationen unterstützen.
3. Deutschland wird die wirtschaftliche Erholung und den Wiederaufbau weiterhin mit
dem Ziel unterstützen, den Einsatz regenerativer Materialien und erneuerbarer
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Energiequellen zu fördern, sichere und nachhaltige klimaneutrale Technologien
anzuwenden sowie die natürlichen Ressourcen und die sensible Umwelt der Ukraine
zu schützen. Die Teilnehmer werden daher auch innovative Ansätze für die
wirtschaftliche Erholung verfolgen und den digitalen Wandel sowie Energieeffizienz
und eine grüne Energiewende fördern. Sie sind gemeinsam der Auffassung, dass der
Prozess der wirtschaftlichen Erholung transparent und rechenschaftspflichtig
gegenüber den Menschen in der Ukraine und der internationalen Gemeinschaft sein
muss.
4. Die Teilnehmer unterstreichen die Bedeutung der Beteiligung des Privatsektors
sowie der Zivilgesellschaft und Gemeinden als Triebfedern eines ehrgeizigen,
dezentralisierten Wiederaufbauprozesses, der alle einbindet. Die Teilnehmer wollen
den direkten geschäftlichen sowie zivilgesellschaftlichen Austausch zwischen beiden
Ländern fördern. Deutschland strebt an, die Ukraine zu unterstützen, indem es
fachlichen Rat mit Fokus auf gute Unternehmensführung, die proaktive Leitung
staatlicher Unternehmen, die Privatisierung staatlicher Unternehmen und die
professionelle Verwaltung von Mitteln für den Wiederaufbau anbieten wird. Das
beinhaltet auch den Aufbau von Kapazitäten mit einem besonderen Augenmerk auf
Entwicklungsfinanzierung und die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen,
wobei auf bestehenden erfolgreichen Initiativen wie dem Business Development Fund
aufgebaut werden soll. Die Bemühungen werden auch die Bereiche Bildung, fachliche
Bildung, psychosozialer Bedarf für Traumabewältigung, Gesundheitsförderung und
gesundheitliche Unterstützung für gefährdete Bevölkerungsgruppen, darunter
Veteranen, umfassen.
Humanitäre Hilfe, Zivilschutz und Widerstandsfähigkeit
1. Die Teilnehmer bekräftigen, dass sie, während die Ukraine sich in der Frühphase
der wirtschaftlichen Erholung befindet und den Wiederaufbau beginnt, sicherstellen
werden, dass weiterhin gut abgestimmte lebensrettende humanitäre Hilfe geleistet
wird, wo dies nötig ist. Die Teilnehmer werden zusammenarbeiten, um zu
gewährleisten, dass in der humanitären Hilfe bessere Schwerpunkte gesetzt werden,
sie zielgerichteter ist und denjenigen zugutekommt, deren Not am größten ist, auch in
Gebieten, die schwer zu erreichen sind.
2. Die Teilnehmer bekräftigen das Ziel, die Widerstandsfähigkeit und den Zivilschutz
des ukrainischen Staats zu stärken. Deutschland wird seine
Stabilisierungsbemühungen insbesondere in befreiten Gebieten und Frontgebieten
fortsetzen. Die deutsche Unterstützung wird auch beinhalten, auf unmittelbaren Bedarf
zu reagieren, beispielsweise indem Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt werden
wird, sowie Hilfe bei der Ermittlung und Dokumentierung von
Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und Unterstützung für die ukrainische
Zivilgesellschaft zu leisten.
Kompensation für durch die russische Aggression verursachte Verluste, Verletzungen
und Schäden
1. Die Teilnehmer bekräftigen, dass die Russische Föderation für die auf ukrainischem
Hoheitsgebiet zugefügten Schäden zur Rechenschaft gezogen werden soll. Staatliche
russische Vermögenswerte sollten so lange immobilisiert bleiben, bis die Russische
Föderation für die der Ukraine verursachten Schäden gezahlt hat. Deutschland will bei
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seiner Zusammenarbeit mit seinen Partnern in der Europäischen Union und der G7
weiterhin alle rechtmäßigen Wege verfolgen, auf denen im Einklang mit europäischem
Recht und dem Völkerrecht Einnahmen aus russischen Vermögenswerten zur
Unterstützung der Ukraine genutzt werden können.
2. Die Teilnehmer erkennen an, dass ein internationaler Mechanismus für die
Wiedergutmachung von durch die russische Aggression verursachten Schäden,
Verlusten oder Verletzungen eingerichtet werden muss, wie in der mit Entschließung
CM/Res(2023)3 des Ministerkomitees des Europarates verabschiedeten Satzung des
Schadensregisters im Zusammenhang mit der Aggression der Russischen Föderation
gegen die Ukraine vorgesehen. Die Teilnehmer werden weiter gemeinsam mit
anderen, darunter Mitglieder der G7, daran arbeiten, im Einklang mit ihren jeweiligen
Rechtssystemen und dem Völkerrecht alle möglichen Wege auszuloten, um der
Ukraine dabei zu helfen, Kompensationsleistungen von Russland zu erhalten.
IV. Technische und finanzielle Unterstützung, Reformen
Technische und finanzielle Unterstützung
1. Deutschland wird bestehende internationale und europäische Rahmen und
Institutionen beharrlich bei deren Bemühungen unterstützen, der Ukraine eine
regelmäßige und vorhersehbare finanzielle Unterstützung zur Verfügung zu stellen.
2. Die Teilnehmer beabsichtigen, ihre Zusammenarbeit im Bereich Zölle sowie auf dem
Gebiet der Finanzmarktaufsicht einschließlich öffentlich-rechtlicher Banken zu stärken.
Reformprozess der Ukraine
1. Die Teilnehmer bekräftigen, dass eine inklusive Reform unabdingbar ist für die
euroatlantischen Bestrebungen der Ukraine sowie für ihre zukünftige Sicherheit, ihren
Wohlstand, ihre Demokratie und die Widerstandsfähigkeit ihrer Institutionen.
2. Die Ukraine wird ihren ehrgeizigen Reformprozess fortsetzen, und zwar mit
besonderem Augenmerk auf die Reformbereiche, die für einen Beitritt zur
Europäischen Union (EU) festgelegt und in den Empfehlungen der Europäischen
Kommission vom 8. November 2023 dargelegt sind, insbesondere Justiz,
Rechtsstaatlichkeit, Dezentralisierung, Bekämpfung von Korruption und Geldwäsche,
Sicherheitssektor und staatliche Verwaltung, welche das Bekenntnis der Ukraine zu
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, zur Achtung der Menschenrechte und der
Medienfreiheit unterstreichen.
3. Alle Reformen sollen im Einklang mit den für einen EU-Beitritt festgelegten
prioritären Reformbereichen und den Bewertungsmaßstäben des Internationalen
Währungsfonds (IWF) sowie in enger Abstimmung mit zentralen Gebern,
insbesondere den internationalen Finanzinstitutionen, der EU und der G7,
durchgeführt werden. Deutschland wird die Ukraine auf diesem Weg weiterhin
unterstützen.
V. Politische Zusammenarbeit
Ein gerechter Friede
1. Die Teilnehmer erkennen an, dass die Ukraine und ganz Europa nicht sicher sind,
solange es keinen gerechten Frieden gibt, der die Rechte der Ukraine nach dem
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Völkerrecht und der VN-Charta achtet. Die Ukraine und Deutschland werden sich
demnach für einen gerechten und dauerhaften Frieden einsetzen, der weltweit breite
Unterstützung erfährt.
2. Deutschland begrüßt die Bemühungen der Ukraine um einen gerechten und
dauerhaften Frieden auf der Grundlage der Prinzipien der ukrainischen
Friedensformel. Deutschland ist bereit, eine Führungsrolle zu übernehmen, wenn es
darum geht, Maßnahmen zur Umsetzung von Initiativen voranzutreiben, in denen sich
die Grundsätze der VN-Charta wiederfinden.
Rechenschaft
1. Die Teilnehmer betonen ihre feste Entschlossenheit, die Personen vor Gericht zu
bringen, die für Kriegsverbrechen und andere im Zusammenhang mit Russlands
Angriffskrieg gegen die Ukraine begangene Gräueltaten verantwortlich sind. Sie sind
sich einig bezüglich der Notwendigkeit, für völkerrechtliche Verbrechen, die von der
russischen Führung, anderen russischen Staatsangehörigen und insbesondere von
Mitgliedern der russischen Streitkräfte im Hoheitsgebiet der Ukraine begangen
wurden, Rechenschaft durch angemessene, faire und unabhängige Ermittlungen und
Strafverfolgung auf nationaler oder internationaler Ebene zu gewährleisten und mit
Blick auf die Verhütung künftiger Verbrechen eine unterschiedslose Anwendung des
humanitären Völkerrechts sicherzustellen. Die Teilnehmer werden die Arbeit der
ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft und des Internationalen Strafgerichtshofs
weiterhin unterstützen, um zu gewährleisten, dass Vorwürfe von Kriegsverbrechen und
anderen völkerrechtlichen Verbrechen umfassend und angemessen im Rahmen
unabhängiger, wirksamer und robuster rechtlicher Mechanismen untersucht werden.
2. Die Teilnehmer sind von der Notwendigkeit überzeugt, für das Verbrechen der
Aggression gegen die Ukraine Rechenschaftspflicht zu gewährleisten und ein Tribunal
einzurichten, um wirksame Rechenschaftslegung sicherzustellen. Deutschland wird
deshalb sein Engagement im Rahmen der „Kerngruppe für die Einrichtung eines
Sondertribunals zum Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine“ fortsetzen.
3. Die Teilnehmer erinnern daran, dass die Ukraine, wie im Assoziierungsabkommen
zwischen der EU und der Ukraine festgelegt, auf ihrem Weg zur EU-Mitgliedschaft das
Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs einschließlich der von der
Überprüfungskonferenz des Römischen Statuts im ugandischen Kampala am 11. Juni
2010 mit Resolution RC/Res.6 angenommenen Änderungen bezüglich des
Verbrechens der Aggression ratifizieren wird.

VI. Künftige Aggression
1. Im Falle eines künftigen bewaffneten Angriffs Russlands auf die Ukraine werden
sich die Teilnehmer auf Ersuchen eines der beiden Teilnehmer binnen 24 Stunden
beraten, um über angemessene weitere Schritte zu entscheiden.
2. Deutschland bekräftigt, dass es unter diesen Umständen sowie im Einklang mit
seinen rechtlichen und verfassungsrechtlichen Voraussetzungen, dem Völkerrecht
und europäischem Recht der Ukraine in einem angemessenen Rahmen rasch und
langfristig Sicherheitsunterstützung, modernes militärisches Gerät je nach Bedarf in
allen Bereichen sowie wirtschaftliche Unterstützung zur Verfügung stellen würde, eine
Einigung innerhalb der EU darüber anstreben würde, Russland wirtschaftliche und
anderweitige Kosten aufzuerlegen, und sich mit der Ukraine über deren Bedürfnisse
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bei der Ausübung ihres in Artikel 51 der VN-Charta verankerten Rechts auf
Selbstverteidigung beraten würde.
3. Zur Gewährleistung einer möglichst breiten und möglichst wirksamen gemeinsamen
Reaktion auf einen künftigen bewaffneten Angriff können Deutschland und die Ukraine
diese Bestimmungen ändern, um sie an Mechanismen anzupassen, die die Ukraine
möglicherweise noch mit anderen internationalen Partnern vereinbart, auch mit den
Teilnehmern der Gemeinsamen Erklärung vom 12. Juli 2023.
VII. Bilaterale Beziehungen und europäisches Aufbauwerk
Bilaterale Beziehungen
1. Auf der Grundlage gemeinsamer Werte und unerschütterlicher Solidarität im
Angesicht des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sowie gemeinsamer
Bedrohungen und Herausforderungen werden die Teilnehmer ihre engen und
freundschaftlichen Beziehungen in allen Bereichen weiterentwickeln.
2. Die Teilnehmer möchten politisch, wirtschaftlich und kulturell künftig noch enger
zusammenarbeiten. Die Zukunft der Ukraine und ihrer Bürgerinnen und Bürger liegt in
der EU, und Deutschland und die Ukraine werden sich gemeinsam für ein starkes und
geeintes Europa einsetzen.
3. Die Teilnehmer werden ihre bilateralen Beziehungen weiter vertiefen, indem sie
regelmäßige Gesprächsformate weiter stärken.
Europäische Unterstützung, Sanktionen und europäisches Aufbauwerk
1. Deutschland wird sich über diese Vereinbarung hinaus an der laufenden und
künftigen Unterstützung der EU für die Ukraine beteiligen.
2. Die Teilnehmer werden weiter darauf hinarbeiten, dass der Preis, den Russland für
seine Aggression zahlen muss, weiter steigt, auch durch Sanktionen und
Ausfuhrkontrollen. Die Teilnehmer erkennen den Wert von Sanktionen an, wenn es
darum geht, den Zugriff der Russischen Föderation auf die Finanzmittel, Güter,
Technologie und Dienstleistungen zu beschränken, die sie in ihrem Angriffskrieg nutzt,
die Einnahmequellen Russlands ins Visier zu nehmen und von künftigen Angriffen
abzuschrecken. Deutschland wird sich im Rahmen der EU und der G7 dafür einsetzen,
den Sanktionsdruck auf Russland aufrechtzuerhalten und die Umgehung von
Sanktionen zu bekämpfen, solange der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine
fortdauert und die territoriale Unversehrtheit der Ukraine nicht wiederhergestellt ist.
Deutschland wird ein entschlossenes Handeln innerhalb der EU anstreben, um gegen
jede Form der Umgehung von Sanktionen vorzugehen und seine eigene
innerstaatliche Widerstandsfähigkeit gegen illegale Finanzströme, die mit Russland im
Zusammenhang stehen, und gegen Eliten mit Verbindung zum Kreml zu stärken.
Deutschland und die Ukraine werden einander im Einklang mit einschlägigen
Verpflichtungen fortlaufend auf den neuesten Stand bringen, was die Grundlage für
Sanktionen und andere einschlägige Informationen anbetrifft.
3. Deutschland wird die Ukraine weiterhin auf ihrem Weg hin zu einer EU-
Mitgliedschaft unterstützen und praktische Beratung anbieten.
4. Deutschland möchte die Bemühungen der Ukraine, sich am EU-Binnenmarkt
auszurichten, mit dem übergeordneten Ziel eines EU-Beitritts der Ukraine
unterstützen. Mit Blick auf gemeinsame Werte, zu denen ein unerschütterliches
13

Bekenntnis zu Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gehört, werden
Deutschland und die Ukraine die Durchführung dieser Vereinbarung im Einklang mit
den internationalen und bilateralen Verpflichtungen der Ukraine regelmäßig
überprüfen und aktualisieren.
5. Deutschland wird die langfristigen Bemühungen der Ukraine zur Sicherung ihrer
freien und demokratischen Zukunft auch weiterhin entschlossen unterstützen –
solange dies nötig ist.

VIII. Schlussbestimmungen
Organisatorische und technische Regelungen
Die Teilnehmer werden erforderlichenfalls zuständige Stellen für die Ausarbeitung und
Durchführung bilateraler Vereinbarungen im Einklang mit den in dieser Vereinbarung
festgelegten Bereichen der Zusammenarbeit benennen.
Zeitrahmen der Vereinbarung
1. Diese Vereinbarung ist ab dem Datum ihrer Unterzeichnung zehn Jahre gültig.
Die Teilnehmer können gemeinsam entscheiden, diese Vereinbarung durch eine
Mitteilung spätestens sechs Monate vor Ablauf des Zehnjahreszeitraums zu
verlängern.
2. Gleichzeitig sind beide Teilnehmer im Einklang mit der Gemeinsamen Erklärung der
G7 vom 12. Juli 2023 der Ansicht, dass diese Vereinbarung nicht die Bemühungen der
Ukraine berührt, den Weg zu einer künftigen Mitgliedschaft in der euroatlantischen
Gemeinschaft zu verfolgen.
3. Diese Vereinbarung kann im gegenseitigen schriftlichen Einvernehmen der
Teilnehmer geändert und ergänzt werden.
4. Diese Vereinbarung wird unmittelbar nach ihrer Unterzeichnung wirksam.
5. Diese Vereinbarung kann von jedem Teilnehmer jederzeit beendet werden. Der
Teilnehmer sollte den anderen Teilnehmer mindestens sechs Monate im Vorfeld durch
eine schriftliche Mitteilung informieren.
Unterzeichnet in Berlin am 16. Februar 2024 in zwei Exemplaren, jeweils in deutscher,
ukrainischer und englischer Sprache, wobei alle Fassungen gleichwertig sind.
Für die Ukraine:
Wolodymyr Selenskyj
Präsident
Für die Bundesrepublik Deutschland:
Olaf Scholz
Bundeskanzler

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Schwierige Kriegsfinanzierung

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