23. Februar 2022 Arne C. Seifert
Dr. Arne C. Seifert Berlin, Botschafter a.D., Mitglied des Vorstands des Verbandes für internationale Politik und Völkerrecht
Anmerkungen zur Osterweiterung der Nato, ihrer Motivation und ihren Folgen
„Die Osterweiterung der Nato bildet den Kern des „Sicherheitssyndroms“ der Russischen Föderation. Das Misstrauen gegenüber den geostrategischen und militärischen Absichten von Staatsführungen, welche die Osterweiterung vorantreiben, ist zentrale Konstante russischer Sicherheitspolitik. Es ist vor allem fehlende Berechenbarkeit des „Feindes.“
Die Frage danach, ob fehlende Berechenbarkeit zu Krieg führt, ist erneut nicht mehr unbegründet. Denn „ein Mehr als der, ‚bloße‘ Vorgang des Kampfes“ (…) ist die „erkennbare Disposition zum Kämpfen, solange, wie keine Gewissheit des Gegenteils vorliegt“.1 Zielstrebiges Vordringen der Nato bis an Russlands westliche und südliche Türschwellen bekräftigt dies.“ (…)
Kommentar GB:
Eine bemerkenswert klare Analyse: sehr dringende Leseempfehlung!
Ohne NATO-Osterweiterung, an der NATO-Generalsekretär Stoltenberg bis heute stur festhält, und ohne US-„Farbrevolution“ in der Ukraine („Maidan“) gäbe es die heutige Lage nicht. Die Moskauer Ukraine-Politik ist die Reaktion auf diese beiden Prozesse, die für Moskau zu geostrategisch nicht mehr hinnehmbaren Risiken geführt haben. Und das rechtfertigt – aus Moskauer Perspektive – jetzt auch die militärische Option. Der Westen hat insofern Anteil daran, als er stur die wiederholten nachdrücklichen russischen Hinweise auf sicherheitspolitische „rote Linien“ ignoriert und zurückgewiesen hat; insbesondere die NATO-Führung war und ist diesbezüglich noch sehr auffällig. Die Zuspitzung der Lage in Osteuropa ist von der NATO mindestens hingenommen, wenn nicht sogar gewollt worden, weil das ins geopolitische Konzept der USA paßt.

