Balletskandal in Berlin : Ist der Nussknacker rassistisch?

Ein Kommentar von Wiebke Hüster
Aktualisiert am 24.11.2021

Das Staatsballett Berlin setzt den „Nussknacker” ab – weil die Darstellung der Chinesen und Orientalen darin rassistisch sei. Für wie dämlich hält man das Publikum?

„Das Staatsballett Berlin hat massive Probleme. Seit 2020 steht Christiane Theobald, ehemals Stellvertreterin einer ganzen Phalanx längst vergessener Direktoren, selbst kommissarisch an der Spitze. Das Ensemble ist zunehmend unattraktiv: für Tänzer, weil sie bis 2023 keinen Direktor haben werden, der mit ihnen im Ballettsaal steht, aber auch für ein Publikum, dem immer wieder vorgesetzt wird, was noch so spielbar im Repertoire ist. Aber es ist noch schlimmer. Die Berliner B.Z. hat es gemerkt. Weihnachten ist die Saison für ein berühmtes Ballett des neunzehnten Jahrhunderts, eines von Peter Iljitsch Tschaikowsky, von Marius Petipa und noch mehr von Lew Iwanow. Die B.Z. fragt also: Wo bleibt „Der Nussknacker“ in diesem Jahr? Auf dem Spielplan steht er nämlich nicht.

Theobald erklärt, den könne sie nicht spielen, denn darin gäbe es einen Chinesischen Tanz und einen Orientalischen Tanz. Ballettensem­bles rund um den Globus bürsten derzeit die Mäusekostüme aus und putzen die Nussknackerdegen blank für den großen Kampf, der den halben Jahresetat einspielt. Für Christiane Theobald aber ist „Der Nussknacker“ ein klarer Fall von Rassismus, besonders in dieser Fassung, einer wissenschaftlich fundierten, russisch geleiteten Rekonstruktion des Originals von 1892.“ (…)

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/rassismusvorwurf-staatsballett-berlin-streicht-den-nussknacker-17650394.html

Kommentar GB:

Die Sprengung der monumentalen historischen Buddhastuen von Bamiyan durch die Taliban ist mit dieser Fehlbeurteilung vergleichbar. Allerdings kann man zugunsten der Taliban vorbringen, daß sie nicht wußten, was sie taten. Dies jedenfalls in dem Sinne, daß sie mit Sicherheit über keinerlei Vorstellung vom Buddhismus verfügen, außer der, daß solche Standbilder islamisch nicht vorgesehen und somit zu zerstören sind.

Mit Blick auf das klassische kulturelle Erbe Europas wäre jedoch die Annahme abwegig, die Direktorin des Staatsballetts Berlin verfüge nicht über die einschlägige Kenntnis. Also weiß sie, was sie tut. Ihr dürfte oder sollte auch bewußt sein, daß sie sich selbst einer hochgradig problematischen zeitgeistigen Ideologie untergeordnet hat. Aber dieser bewußte Verrat am kulturellen Erbe kann nicht wie im Falle der Taliban mit Unwissenheit entschuldigt werden.

 

 

 

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