Dr. Gudrun Eussner
28. März 2019
Florentin Collomp, dem London-Korrespondenten des Figaro, kann man nicht unterstellen, ein Freund der Brexiteers zu sein, aber er ist ein aufrechter Journalist, wenn er berichtet: „Außer der Ankündigung von Theresa May [ihres demnächst erfolgenden Rücktritts, wenn ihr Deal angenommen wird] ist dieses Auseinanderlaufen [der Meinungen über den Brexit] verstärkt worden durch die Anarchie des Unterhauses. Seit ihrem Sieg, am Montagabend, haben die aufsässigen pro-europäischen Konservativen, Gelegenheitsverbündete der oppositionellen Labour- und anderer Minderheitsparteien, die Kontrolle über die Tagesordnung übernommen.“
„Die Leute sehen, wie die EU uns behandelt hat in den Verhandlungen, wie einen Abtrünnigen. Und die europäische Integration, die wir ablehnen, ist seit dem Referendum fortgeschritten, sagt Matthew Elliott, Geschäftsführer der Brexit-Kampagne Vote Leave von Boris Johnson, zum Korrespondenten. Er ist gegen einen No Deal und den dann am 12. April 2019 folgenden EU-Austritt.
Er weiß außerdem, von einer unter Verschluß gehaltenen Umfrage, die ergeben hat, daß bei einer Wiederholung des Referendums noch mehr Briten für den Austritt aus der EU stimmen würden, als am 23. Juni 2016.
Warum die Brexiteers den Verstand verloren haben sollten, ist dem Interview nicht zu entnehmen. Die Wahlbeteiligung, am 23. Juni 2016, betrug 72,21%, eine Beteiligung, von der Frankreich und Deutschland träumen könnten. 51,89% waren für den Brexit. Beim zweiten Referendum wäre die Wahlbeteiligung noch höher, wetten? Den Verstand hat nämlich keiner von ihnen verloren.
Eben auf Sky News: Morgen, am 29. März 2019, dem Tag, der den Brexiteers fast heilig ist, weil er bis gestern der gesetzlich festgelegte Austrittstag war, morgen also wollen sie im Unterhaus ganztags quasseln, ohne daß mangels Mehrheit für Theresa Mays Deal ein „meaningful vote“ vorgesehen ist. Sie verhöhnen die Bürger, nicht nur diejenigen, die aus der EU austreten wollen, sondern alle.
Die neueste Version ist, daß morgen, am „Brexit-Tag“, nur über den halben Deal abgestimmt werden soll, den Austrittsteil, Withdrawal. Die Political Declaration, die integraler Bestandteil des Deals ist, wie Therea May wiederholt erklärte, soll weggelassen werden. So leiste man den Anforderungen des Europäischen Rates genüge, der dem Austritt zum 22. Mai 2019 nur zustimmt, wenn positiv über den Deal befunden wurde. Es ist irre, für wie bekloppt Theresa May die Abgeordneten hält.
In der nächsten Woche wollen die konservativen Chaoten, wieder auf Einladung der Regierung, im Unterhaus weiter quasseln und neue Probeabstimmungen präsentieren, so lange, bis sie ein zweites Referendum oder eine Zollunion erreichen. Da eine Umfrage ergeben hat, daß dann noch mehr Wähler für den Brexit sein werden, läuft ihre Absicht wohl auf eine Zollunion, auf Fälschungen der Ergebnisse des zweiten Referendums oder aufs Hoffen auf ein Wunder hinaus. Die britische Demokratie muß doch zu zerstören sein!
Derweil ändert Brexiteer Boris Johnson seine Meinung. Gestern noch wollte er für den Deal der Premierministerin stimmen, weil Großbritannien sonst nie aus der EU käme, heute dagegen erklärt er, der Deal der Theresa May sei „tot“. Sie sollte trotzdem zurücktreten, auch wenn sie ihren Rücktritt bislang daran gebunden hätte, daß ihr Deal vom Unterhaus angenommen werde.
Sein Umschwenken kommt, weil die Nord-Iren der DUP sowie bis zu 25 hartleibige Brexiteers nicht für den Deal stimmen werden. So ist auch die morgige Quasselbude zu erklären, die aber von Theresa May auch einberufen worden sein könnte, um ihren Deal zum dritten Mal vors Unterhaus zu bringen.
Briten sind nicht wie Deutsche, die immer mit allem „zufrieden“ sind. Wer’s nicht glaubt, der schaue die insgesamt sehr interessanten Folgen von „Bares für Rares„, im ZDF. Wie das Ergebnis der Verhandlungen mit den Antiquitätenhändler auch ausfallen mag, 95 von 100 Anbietern sind immer „zufrieden“. Erwartung 1 500 €, erzielt weniger als die Hälfte? „Ich hatte mir zwar mehr erhofft, aber ich bin zufrieden.“ Spricht’s, wedelt mit den Scheinen und verläßt strahlend die Szene.
https://eussner.blogspot.com/2019/03/zdf-wurde-der-brexit-gekauft.html
https://briefingsforbrexit.com/the-money-behind-remain/
Eine Nachbemerkung von Dr. Gudrun Eussner:
„Ich habe noch mehr in dem letzten Artikel ergänzt. –
Es ist irre. Eben ist eine Sitzung im Unterhaus, ab 17 Uhr GMT, zur morgigen Tagesordnung. Da die EU den Briten aufgegeben hat, den Deal spätestens am 29. März vom Parlament bestätigen zu lassen, wenn nicht, wird’s nichts mit dem 22.Mai als Austrittsdatum, will sie jetzt nur über den ersten Teil des Deals abstimmen lassen: Withdrawal. Der zweite Teil: Political Declaration, der soll dann später kommen. Der Trick dabei ist, daß ihr gesamter Deal dann durch ist. Sie hält die MPs für bescheuert. Die zitieren sie, die mehrfach sagte, beide Teile gehören zusammen, der Deal besteht aus beiden Teilen. Dann kommt hinzu, daß den MPs bis jetzt keine schriftlichen Unterlagen vorliegen, die kämen morgen, um 9:30 Uhr. Die Stimmung ist derartig gereizt, und zwar bei allen, daß man um den morgigen Tag nichts geben kann. Die Mehrheit wird die Halbheit ablehnen. Dann gibt es so Formulierungen wie: “Der Europäische Rat hat uns aufgegeben, das und jenes zu tun …”, das kommt den Remainern von den Lippen, ohne daß sie es merken, welche Stellung die EU ihnen einräumt.
Dann sagt einer ganz offen, der Deal müßte um jeden Preis durchkommen, damit man nicht auf die Freihandelsbedingungen der USA eingehen müsse. Inzwischen weiß ich auch, daß Barack Obama zur Remainer-Lobby gehört, kurz alles, was sozialistisch ist.“ –






