Das abgekartete Spiel der Verhinderung des Brexit

23. März 2019

Dr. Gudrun Eussner

Dem Präsidenten des Europäischen Rates entbietet Theresa May die Unterwerfung der Briten unter die Europäische Union: ?“Dear Donald … „Yours ever Theresa May [handschriftlich]“?.
Das ist kein Liebesbrief, sondern das ist das für alle Welt sichtbare Signal, daß sie überzeugt ist, im Einvernehmen mit denjenigen Abgeordneten, die Großbritannien in der EU halten wollen, „für immer“ in der EU zu bleiben, jedenfalls so lange die nicht von anderen Mitgliedsstaaten ausgehebelt wird.
1000 Jahre entpuppten sich einst aber auch nur als 12!

Am 23. Juni 2016 stimmen die Briten in den Wahlbezirken, in der konservativen, der Arbeiterpartei und den Splitterparteien sowie in den Regionen, darunter in den drei reichsten des Südostens der Insel, mit 17,4 : 16,1 Millionen überraschend für den Brexit. Seit dem 13. Juli 2016 ist Theresa May, die selbst in der EU bleiben will, Premierministerin. Am 8. Juni 2017 wählen die Briten ein neues Unterhaus, in dem nicht 486, sondern 242 Abgeordnete für den Verbleib in der EU sein müßten. 244 Abgeordnete betrügen demnach ihre Wähler; denn man kann davon ausgehen, daß der Brexit das Thema Nr. 1 in den Wahlveranstaltungen ist.
Im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Europäischen Rates Donald Tusk und mit denjenigen Abgeordneten, die in der EU bleiben wollen, den Remainern, setzt Theresa May durch, daß die Verhandlungsschritte unter dem Motto „discretion, moderation and mutual respect“ nicht in die Medien geraten und nicht ständig im Parlament debattiert werden, weil man sonst aus den Debatten nicht raus käme. So vergeht die Zeit.
Ein Brexiteer macht sich die Mühe zu zählen, wie oft Theresa May in den 1000 Tagen ihrer Verhandlungen mit der EU bestätigt, daß Großbritannien am 29. März 2019 austritt: 108 mal. Jedes Mal wissen sie und die Remainer, daß ihre Aufgabe darin besteht, den Brexit zu verhindern.
Das ist bis heute so. Die Brüsseler Verhandlungsergebnisse, vom 21. März bestätigen das.
Da anzunehmen ist, daß der Deal der Theresa May in der für den 27. März 2019 einberufenen Unterhaussitzung bei Vorlage zum dritten Mal durchfallen würde, man nicht einmal sicher sein könnte, daß John Bercow nicht wieder mit dem maßgebenden Buch zu Parlamentsgesetz und -praxis winkt, dem Erskine May, der Parlamentsbibel, liefert Theresa May den nächsten Trick. Unter dem Motto divide et impera dürfen die Abgeordneten zwei Tage vor dem Austrittstag verschiedene Brexit Optionen wählen, von denen von vornherein klar ist, daß keiner eine Mehrheit erhält:
Rücknahme des Austrittsbegehrens, zweites Referendum, Zollunion, Gemeinsamer Markt, No Deal.
Eine lange Verschiebung des Brexit gemäß „Plan B“ ist mit Theresa May nicht zu haben. Dann wählt das mehrheitlich von Remainern besetzte Parlament eben einen anderen Premierminister, und der bietet als Alternative Neuverhandlungen über viele Monate oder den Verbleib in der EU, wobei schon jetzt abzusehen ist, daß in der EU niemand einen anderen Vertrag haben will.
Der Feiertag des 29. März 2019 ist gestrichen. Das Austrittsdatum 22. Mai 2019 gilt nur, wenn Theresa Mays Deal im Unterhaus angenommen wird, wenn nicht, ist am 12. April 2019 Austritt mit No Deal oder Mitteilung einer anderen Lösung an die EU-Kommission, die entscheiden wird, ob sie den Antrag annimmt. Großbritannien hat keine Kontrolle mehr über die Lage. Vier der fünf vorliegenden Optionen führen zu einem de facto Verbleib in der EU. Großbritannien hätte dann nur noch bei einem Verbleib und bei Teilnahme an den Wahlen zum EU-Parlament in der EU etwas zu sagen.
Hinzu kommt, daß der Vorsitzende der Arbeiterpartei Jeremy Corbyn die Stunde nutzt und seinerseits in Brüssel Verhandlungen führt. In wessen Namen, ist nicht klar, wahrscheinlich in seinem eigenen.
Die Demütigung des Vereinigten Königreiches ist bereits jetzt vollzogen. Das sehen laut Umfrage 90% der Briten ebenso: Brexit: 90% say handling of negotiations is ’national humiliation‘ – Sky Data poll.
Theresa May hat für die britischen Brexiteers dieses Wort: „Die Briten haben für das Leiden gestimmt!“

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https://www.tagesspiegel.de/politik/briten-demonstrieren-fuer-zweites-brexit-referendum-hunderttausende-bei-protestzug-in-london/24137360.html

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