Bericht zur „Initiative Säkularer Islam“

Von Astrid Manthey
gepostet und gefunden auf Facebook am 28.2.2019
Besser spät als nie!
Ich hatte das Glück, am vergangenen Sonntag Abend zu der Veranstaltung der Vorstellung der neuen „Initiative Säkularer Islam“ eingeladen worden zu sein. (…) Dieser Bericht ist der Versuch einer Einordnung dessen, was die neu gegründete „Initiative Säkularer Islam“ bedeutet, welche Intention und Ziele sie verfolgt, und warum sie meines Erachtens dringend erforderlich ist. Daher „besser spät als nie“.
Die Veranstaltung der Vorstellung der neu gegründeten Inituative fand unterhalb der Ibn-Rushed-Moschee in Berlin, bezeichnenderweise im Gemeindesaal der protestantischen Sankt Johannes-Kirche statt, wozu das Who ist Who der deutschen Islam-Kritikerinnen eingeladen hatte: Seyran Ates, Rechtsanwältin und Begründerin der ersten liberalen Moschee Deutschlands; Dr. Necla Kelek, Soziologin, Autorin und Vorstandsfrau bei der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes; Prof. Dr. Susanne Schröter, Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam (FFGI) und Leiterin des Ethnologischen Instituts; Ali Ertan Toprak, Repräsentant der Kurdischen Gemeinde Deutschlands, CDU-Politiker; Ahmad Mansour, deutsch-israelischer Psychologe und Autor; Hamed Abdel-Samad, deutsch-ägyptischer Politikwissenschaftler und Autor; Dr. Ralph Gadbahn, Islamwissenschaftler, Politologe und Autor, und Lale Akgün, Psychologin und SPD-Politikerin. Es fehlten die Mit-Initiatoren Cem Özdemir und Bassam Tibi Moderiert wurde die Veranstaltung von Abdul-Ahmad Rashid.
Ali Ertan Toprak, Sprecher der neu gegründeten Initiative, hielt eine kluge, eindringliche und manchmal fast zornig wirkende Eröffnungsrede, in der er die „Initiative Säkularer Islam“ und ihre Ziele vorstellte.
Lange habe man mit dem Titel der Initiative gerungen, und man sei sich durchaus dessen bewusst, dass die Kombination eines „säkularen Islams “ auf viele Widerstände stoßen würde. Doch warum also dieser Name?
Oberstes Ziel sei es, den weltlich eingestellten Muslimen, oft als sog. KulturmuslimInnen bezeichnet, eine gemeinsame Stimme zu geben. Dabei scheint die Begrifflichkeit „Säkularer Islam“ eine Antinomie zu bilden. Doch dieser scheinbare Widerspruch löst sich bei genauerer Betrachtung auf: Säkularität oder Säkularismus bedeutet einfach und zentral die Orientierung, Akzeptanz und Wertschätzung der geltenden gesellschaftlichen Werte und Normen.
Und da bisher über den Islam ausschließlich polarisiert berichtet wird, nämlich entweder, dass sie eine (Welt-) Religion wie jede andere auch sei, deren Zugehörigkeit zur Gruppe der Umma, ebenso wie die landläufig zugeschriebenen Gepflogenheiten der Gläubigen bedingungslos im Rahmen der Religionsfreiheit zu respektieren sind; oder aber als Wurzel einer ständig wachsenden, sich abschottenden, in Parallelgesellschaften beheimateten Gruppe, der die Religion über die demokratische Grundordnung und die hiesigen Werte und Normen geht, die die hiesige Verfassung ablehnen, und das Rechtssystem der Sharia für sie als ausschließlich verbindlich sehen. Und in der viele, mindestens deviante, wenn nicht kriminelle Verhaltensweisen und Täter ihren Ursprung haben.
Hier wird die Polarität zwischen glorifizierter Religion mit kulturellen, nationalen und ethnischen Merkmalen sichtbar, versus der absoluten „Verteufelung“ und Ablehnung dieser als Ursprung patriarchal-archaischen Denkens, und der Ursache wachsender Kriminalität geltenden Gemeinschaft.
Wie die Unvereinbarkeit von „Heiliger“ und „Hure“, die sich besonders im islamischen Frauenbild wiederfindet. Welches übrigens im Christentum lange ähnlich gesehen wurde und bei fundamentalistischen und orthodoxen Gruppierungen bis heute weiterhin so betrachtet wird.
Doch genauso wie im Christentum bis zur Reformation und Aufklärung ähnliche Grundannahmen des Menschen zu erkennen waren, so finden sich diese bis heute in einer schriftreuen Lesart des Koran und der Hadithe.
Wir haben sozusagen das Glück der Aufklärung und der Entwicklung unserer Gesellschaft hin zu einer freiheitlich-liberalen Demokratie, welches die Menschen aus den islamischen Ländern nicht oder nicht mehr haben. Was für viele auch Ursache der Flucht und Migration darstellt.
Nichtsdestotrotz wird in heutigen Studien davon ausgegangen, dass die menschliche Identität durch verschiedene Bereiche beeinflusst wird. Diese erhalten durch unterschiedliche, individuelle, d.h. intrapsychische, aber auch externe Faktoren ihre jeweilige Ausprägung.
Neben der religiösen stellen die kulturelle, ethnische und nationale weitere Facetten der Identität dar. Abhängig von der Rigidität genannter innerer und auch äußerer Strukturen kommt es zu einer besonders starren Ausprägung, an der unverrückbar festgehalten wird. Dieses kann sich dann in einem unabdingbarem Festhalten an der Religion bis hin zum Fanatismus äussern.
Flucht und Migration bedeuten die Abkehr vom Vertrauten, Gewohnten, Sicheren, womit beide Seiten, nämlich die aufnehmende Gesellschaft, als auch die der eine neue Beheimatung Suchenden die zentrale Aufgabe der Integration zu bewältigen haben.
Leider liegt der Fokus bisher sehr auf dem, was unsere Gesellschaft zu erbringen hat, bedingt durch die Geschichte des letzten Jahrhunderts mit Nationalismus, Nationalsozialismus, Holocaust, aber auch der bis heute nicht abgeschlossenen Wiedervereinigung Deutschlands. Und dem Wunsch, dem Anspruch einer offenen, toleranten Gesellschaft gerecht zu werden.
Es muss eine Umkehr dieser bisher nachweislich erfolglos verlaufenden Strategie erfolgen. Weil diese erkennbar zu einem Anwachsen der Parallelgesellschaften geführt, und weiterhin grosse Zahlen von nicht der deutschen Sprache mächtigen Personengruppen mit ihren sehr eigenen, den demokratischen Werten und Normen zum Teil diametral entgegen stehenden Einstellungen, Riten und Handlungen hervorgebracht hat.
Hier setzt die Kritik der neuen „Initiative Säkularer Islam“ an, dass bisher ausschließlich die konservativ-traditionalistischen, teilweise von auswärts, d.h. anderen islamischen Staaten gesteuerten Verbände als Gesprächspartner der Politik gesehen werden und entsprechende Unterstützung erfahren.
Dabei wurde und wird übersehen, dass diese Gruppen einerseits überhaupt nicht alle muslimischen Richtungen, und erst recht nicht die Mehrheit der hier lebenden MuslimInnen repräsentieren, und andererseits ihre Ziele nicht immer mit den Zielen der hier geltenden demokratischen Verfassung kompatibel sind.
Leider werden alle Forderungen und auch Verstöße gegen die Gleichberechtigung der Geschlechter und die rechtliche Grundordnung immer wieder im Rahmen der religiösen Toleranz und der Religionsfreiheit subsumiert, so dass im Gegenteil auf einmal die Kritik daran als nicht „demokratisch“ angesehen wird. Was natürlich absurd ist.
Auch ist das Erstarkten einer eher vielfach am demokratischen Rand agierenden Partei wie der AfD in diesem Zusammenhang zu sehen, die immerhin von über 5 Millionen BürgerInnen in den Bundestag gewählt wurde. All diese Menschen als „islamfeindlich“ und „rechts“ zu bezeichnen, ist nicht richtig, zumal zu Beginn der sog. Flüchtlingskrise keine andere Partei die sichtbaren und erwartbaren Konflikte bereit war, aufzugreifen.
Das geschah auch aufgrund der von Politik gegenüber Polizei und Presse erteilten „Maulkörbe“, nicht über die mit der Zunahme der Flüchtlinge verbundenen Kriminalität (unabhängig von aufenthaltsrechtlichen Delikten) zu berichten.
Dass jetzt eine neu gewählte Parteivorsitzende der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, eine kritische Reflexion innerhalb der Partei durchführte, und sich damit etwas von ihrer Ziehmutter Angela Merkel distanzierte, erstaunt. Doch es ist dem Umstand geschuldet, dass Probleme fehlender Integration nicht mehr zu übersehen und weg zu diskutieren sind.
Die als vermeintlich homogene Gruppe der Musliminnen angesehene Gruppe, vertreten durch die sichtbaren konservativ-traditionalistischen Verbände, wird mit Forderungen nach Sonderrechten in Schule, Universität und Beruf immer präsenter, und erregt zunehmend Missfallen und Misstrauen. So dass Politik reagieren muss. Und die Diskussion nicht mehr nur der sehr einseitigen und oft populistischen Kritik der AfD überlassen kann.
Diese Faktoren, die sowohl auf bestehende, als auch kommende soziale Konflikte hinweisen, aber auch Ziele der bisherigen vermeintlichen VerteterInnen einer doch sehr heterogenen Gruppe, nämlich der muslimischen BürgerInnen, haben zu der Gründung der „Initiative Säkularer Islam“ geführt.
In ihrer Zusammensetzung spiegelt sich ein Teil der Heterogenität der Musliminnen in Deutschland wider. Auch wenn alle der InitiatorInnen heute der Gruppe der Intellektuellen, dem Bildungsbürgertum zuzurechnen sind, so sind diese bisher unisono als „EinzelkämpferInnen“ aktiv gewesen. Und haben mit unterschiedlichen, teils biografisch geprägten Schwerpunkten auf die fehlende Repräsentanz einer großen Gruppe, die die Mehrheit der BürgerInnen muslimischen Glaubens in Deutschland darstellen, hingewiesen. Und sie haben unablässig, gegen Mainstream und der von den ausländischen Finanziers lancierten Aushöhlung der westlichen Demokratie, mit ihren eigenen Mitteln versucht, aufzuklären.
Drei InitiatorInnen der Initiative können zum Teil seit Jahren nur noch unter Polizeischutz leben, weil ihnen von fundamentalistischen MuslimInnen in Deutschland, und auf Forderung von islamischen Politikern im Ausland, der Tod droht. Sie leben mit ständigen Morddrohungen. Niemand, der nicht in einer solchen Situation ist, kann sich auch nur ansatzweise vorstellen, was das für das Leben dieser Menschen bedeutet. Seyran Ates, Hamed Abdel-Samad und Ahmad Mansour leben mit der ständigen Angst davor, dass sie umgebracht werden. Sie sind ständig, 24h sieben Tage die Woche von Sicherheitspersonal umgeben, das sich rund um die Uhr abwechselt. Das kann zu absurden Situationen führen, wenn zwei dieser Bedrohten sich treffen, und gleichzeitig 10 Securitys dabei sind.
Privatheit, Freundschaft, aber auch Familie, überhaupt ein soziales Leben, wie wir es kennen und uns vorstellen, ist für diese Menschen seit Jahren nicht mehr möglich. Umso bewundernswerter ihr unermüdlicher Kampf für unsere Demokratie und eine freiheitlich-liberale Gesellschaft, in der es keine Geschlechterapartheid gibt und Chancengleichheit für alle besteht.
Das ist das Ziel dieser Initiative, ein Sprachrohr, eine Repräsentanz in der Gesellschaft all derjenigen Menschen zu sein, die in diesem Land leben, sich mit den hiesigen Werten und Normen identifizieren und zufällig auch muslimischen Glaubens sind. Die Mehrheit der muslimischen Bevölkerung ist nicht anders als die nicht-muslimische.
Wobei ich die Hervorhebung „muslimisch“ hier ausschließlich zur Erläuterung der Bedingungen verwende; grundsätzlich soll in einer säkularen Gesellschaft eine klare Trennung zwischen Religion und Politik erfolgen, und eine mögliche Glaubensausrichtung irrelevant sein für die Teilhabe als BürgerIn.
Um aber nicht wieder eine Abgrenzung einer bestimmten Gruppe zu forcieren, ist die Initiative offen für gläubige und nicht-gläubige Menschen muslimischer Herkunft, und auch diejenigen, die anderen Glaubens sind, oder sich aus unterschiedlichen Gründen mit dem Islam befassen. Die Initiative spiegelt somit die Heterogenität der Menschen in der Gesellschaft.
Konkrete Vorstellungen dessen, wie die Initiative politisch verankert werden kann, wie diese Öffnung für die Gesellschaft möglich ist, sollen in sogenannten „Werkstattgesprächen“ erarbeitet werden, die die InitiatorInnen in der nächsten Zeit in verschiedenen Städten der Bundesrepublik durchführen werden. Ali Ertan Toprak wies noch einmal nachdrücklich darauf hin, dass Religion nur eine Facette der Identität darstellt, und für viele MuslimInnen nicht wesentlich ist. Zu diesen KulturmuslimInnen zählen sich etliche der „Initiative Säkularer Islam“.
Unter dem Dach der Initiative haben sich zehn sehr unterschiedliche Menschen zusammen gefunden, die alle entweder qua Geburt, Erziehung und Sozialisation mit dem Islam verbunden wurden, oder sich beruflich im Kontext der Wissenschaft mit allen Facetten des Islams befassen. Alle sind jedoch durch den Islam geprägt, und haben sich – trotz spritueller Verbundenheit mancher – kritisch mit dem Islam befasst.
Die zentrale Forderung der Initiative gilt also der Säkularität, der Trennung von Religion und Politik. Säkularität wird jedoch auch bei spiritueller Zugehörigkeit zum Islam, wie z.B bei Seyran Ates als erster Imamin Deutschlands, als positives Element gesehen; religiöse Freiheit ist eben auch ein grundgesetzlich garantiertes Recht, was oft vergessen wird. Religionsfreiheit bedeutet nicht, dass nur die freie Religionsausübung garantiert wird, sondern auch, dass Menschen frei von Religion sein können, das Recht haben, sich abzuwenden und ohne Religionszugehörigkeit oder Glauben in der freiheitlich-liberalen Gesellschaft leben.
Das ist ein wichtiger Bestandteil der Forderungen der Initiative, die das totalitäre, von einem Absolutheitsanspruch geprägte Religionsverständnis ablehnen. Diese kritische Sicht kollidiert natürlich mit der Auffassung der vielen islamischen Vereine in Deutschland, die zwar nur einen kleinen Teil der vielen unterschiedlichen Musliminnen repräsentieren, sich aber berufen fühlen, für alle zu sprechen. Bis heute finden ständig Gespräche zwischen Politik und nationalistischen und national -islamistischen Verbänden statt.
Auch in den bisher durchgeführten „Islam-Konferenzen“ waren immer VerteterInnen dieser Verbände.
Die vielfältigen Verbindungen zwischen dem Zentralrat der Muslime, Teilen der syrischen und ägyptischen Muslimbruderschaft bis hin zu den Grauen Wölfen sind bekannt, dennoch erfolgt ein kritikloser Umgang.
Verbände wie die IZH in Hamburg, die Israel von der Landkarte „löschen“ wollen, werden dennoch durch Projektgelder mitfinanziert und hofiert. Und, wie schon erwähnt, wurden Verträge einiger Kultusminister der Länder mit u.a. der Ditib geschlossen, obwohl die enge Verquickung zu Erdogan bekannt ist.
All das stärkt weder das Vertrauen in die aktuelle Politik, noch fördert es ein Verständnis der autochtonen Bevölkerung für die islamische Religion.
Daher fordert die „Initiative Säkularer Islam“ eine sofortige Beendigung jedweder Zusammenarbeit mit dem politischen Islam.
Nur wenn Verbände und Initiativen ein klares freiheitlich-rechtliches Grundverständnis zeigen und sich dazu bekennen, darf Förderung und Zusammenarbeit erfolgen.
Die neu gegründete „Initiative Säkularer Islam“ steht genau dafür. Unsere Freiheit und Demokratie, unsere verfassungsrechtlich garantierten Grundwerte sind nicht verhandelbar. Daher stehen die per UN-Charta verfassten Menschenrechte eindeutig über der Religionsfreiheit, zumal wenn diese sich auf ein mit den Menschenrechten in keiner Weise kompatibles Rechtssystem wie der Sharia beruft.
Daher die Bezeichnung „Säkularer Islam“.
Die InitiatorInnen sehen die hier lebenden MuslimInnen in der Pflicht, den Islam mit einem vollumfänglichen Einverständnis der Menschenrechte in Einklang zu bringen. Das entspricht einem zeitgenössischen Religions- und Islamverständnis.
Ali Ertan Toprak betonte nochmals eindrücklich, dass eine solche unumgängliche, zu schaffende Übereinstimmung mit den Menschenrechten auch der beste Schutz vor Islamfeindlichkeit sei.
Denn bisher hat sich keines der islamischen Länder zur UN-Charta der Menschenrechte bekannt, sondern sie berufen sich auf die 1974 als Reaktion auf die Menschenrechtserklärung verabschiedete „Kairoer Erklärung“. Diese basiert auf dem Koran und der Sharia, und ist mit dem Verständnis westlicher Demokratien nicht kompatibel.
Da gerät natürlich auch ein Sitz eines beständig die Menschenrechte auf das brutalste verletzenden Staates wie Saudi Arabien in der UN-Menschenrechtskommision als Farce. Nicht nur im Kontext des immer noch ungeklärten Mordes am zuvor brutal gefolterten und später zerstückelten saudischen Journalisten Kashoggi; der vielen vollstreckten Todesstrafen und der massiven Gewalt gegen andere Staatsangehörige, die zum Teil wie Sklaven gehalten und behandelt werden; sondern vor allem auch die Geschlechterapartheid und Unterdrückung der Frauen. Diese fliehen in den letzten Monaten vermehrt aus dem Land, oft mit Hilfe einer App, die ursprünglich dazu geschaffen wurde, die Mädchen und Frauen besser zu kontrollieren.
Kritik an solchen Zuständen, die mit Migration und Flucht auch hierher getragen werden, wird fälschlicherweise immer mit „Islamfeindlichkeit“ und „islamophobie“ gleichgesetzt. Genau dieses Problem sprach Ali Ertan Toprak an, dass Religionskritik nämlich nicht islamfeindlich ist, und Religion, und die Vorstellungen des Rechtssystems der Sharia hier eben nicht nach Belieben ausgelebt werden dürfen. Sondern Religionsfreiheit als Ausdruck der Bekenntnisfreiheit zu sehen ist, auf Basis der Demokratie und Menschenrechte.
Die „Initiative Säkularer Islam“ lehnt grundsätzlich eine Anerkennung der Körperschaften des öffentlichen Rechts der derzeitigen Islamverbände ab. Diese betonen eine Unterscheidung zwischen Nichtmuslimen und Muslimen in der Gesellschaft und fördern die Separation.
Die VerteterInnen der Initiative sehen auch im Islam die Freiheit und Selbstbestimmung des Individuums als Basis. Sie sehen und fordern eine eindeutige Vereinbarkeit von Säkularismus und Islam. Ihrer Auffassung nach kann eine multireligiöse, multikulturelle Gesellschaft einzig auf Basis der demokratischen Grundordnung bestehen.
Da der Islam von Geburt, d.h. von klein auf das Leben vieler MuslimInnen bestimmt, stellt sich die Frage des Umgangs mit der Religion in Schule und Universitäten. Der religiöse Einfluss an letzteren muss zwingend begrenzt werden, zumal etliche islamische Staaten über massive finanzielle Hilfen die religiöse Ausrichtung bestimmen.
Was nicht im Interesse der Demokratie sein kann. Besonders die Türkei hat über die vom türkischen Staatspräsidenten Erdogan gelenkte Religionsbehörde Diyanet,der die Ditib untersteht und damit als verlängerter Arm Erdogans zu sehen ist, Einfluss bis hin zu den Staatsverträgen der Länder und den Religionsunterricht genommen.
Die Mehrheit der hier lebenden MuslimInnen hat jedoch die demokratischen Werte verinnerlicht und kann sich mit den Zielen und vertretenen Werten der Verbände kaum oder überhaupt nicht identifizieren. Die derzeit mächtigen islamischen Verbände verhindern eine positive Entwicklung des Islams. Eine solche ist nur möglich, wenn sich an der Demokratie und Menschenrechten orientiert wird.
Doch auch die Moscheegemeinden verstehen sich nicht als deutsche Gemeinschaften. Gründe liegen vor allem darin, dass die Lehrstühle in Deutschland, in denen Islamische Theologie gelehrt wird, vom Ausland finanziert werden. Die Abhängigkeit der Finanzierung durch das Ausland muss enden.
Ein Großteil der Imame wurde bisher in der Türkei ausgebildet, so dass die Predigten in den Moscheen entweder auf türkisch, oder – wenn z.B. saudische Geldgeber im Hintergrund standen – auf arabisch gehalten wurden. Diese haben bis heute kaum oder keinen Bezug zur hiesigen gesellschaftlichen Realität und vertreten die Interessen des jeweiligen islamischen Förderlandes hier in Deutschland. Es ist schon erstaunlich, dass ein türkischer Ministerpräsident in Deutschland Wahlkampf führen kann, und Moscheen einweiht.
Aber auch in den Schulen ist dringender Handlungsbedarf angezeigt. Sevim Dagdelen, Bundestagspolitikerin der LINKEN, verwies in der Paneldiskussion darauf, dass in ihren Augen ein Angebot eines Religionskundeunterrichts über alle hiesigen Religionen sinnvoll sei. Ich bin jedoch der Auffassung, was ich in der anschließenden Diskussion mit dem Publikum als Bitte an die Initiative formuliert habe, dass sie sich eher doch für das von „Terre des Femmes“ verabschiedete Positionspapier eines „Integrativen Ethikunterrichts“ stark machen sollten. Dieses entspricht den Vorstellungen eines demokratischen Miteinanders, welches Kinder von klein auf in der Schule vermittelt bekommen sollen. Hier würden neben der Religionskunde auch die allgemein verbindlichen Werte und Normen der demokratischen, freiheitlich-liberalen Gesellschaft vermittelt und das soziale Miteinander sowie die soziale Kompetenz auch in der Diskussion mit Andersdenkenden gestärkt werden können.
Wir dürfen nicht vergessen, dass im häufig schon im Kindergartenalter besuchten Koranunterricht das stupide Auswendiglernen der Suren gefordert wird, und kritische Reflexion vollkommen unerwünscht ist. Der Unterricht wird in einer hier in Deutschland mittlerweile vollkommen verpönten Form des Frontalunterrichts erteilt; es wird mit Angstpädagogik und Sanktionen gearbeitet. All das, was wir hier unter der Bezeichnung „schwarze Pädagogik “ noch kennen (zumindest die älteren unter uns, sowie die pädagogisch geschulten), wird dort zumeist praktiziert. Mit Billigung, und zum Teil auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern, da Gehorsam ein wesentlicher Bestandteil der Erziehung in islamischen Ländern darstellt.
Eines der großen Probleme entsteht durch die Segregation vieler MuslimInnen in Communities und die teilweise daraus entstandenen Parallelgesellschaften, die so abgeschottet bestehen, dass seitens der autochtonen Bevölkerung grosse Unkenntnis, aber auch Unverständnis über Lebensstil und die Bedeutung des Glaubens im Alltag besteht. Wir hören immer nur von denen, die Forderungen stellen, sich quer stellen oder anders auffällig oder gar kriminell sind.
Diese Lücke versucht die Initiative zu schließen, indem durch die Werkstattgespräche und eine darüber erfolgende sukzessive Annäherung mehr Verständnis und Verstehen, aber auch mehr gemeinsames Miteinander entstehen soll. Und die Initiative perspektivisch auch als ernst zunehmendes Gegenüber und wichtige Alternative zu den bisherigen islamischen Verbänden zu sehen sein wird.
Leider hat sich der Westen auch schon damals bei der Fatwa gegen Salman Rushdie nach Erscheinen seiner „satanischen Verse“ schon nicht eindeutig positioniert und schützend vor diesen gestellt hat, so dass kritische oder sarkastische Darstellungen des Islams und vor allem Mohammeds vielfach Todesdrohungen gegen Autoren und Zeichner, sowie grauenvolle bösartige Anschläge wie bei Charlie Hebdo durch islamische Länder hervorgebracht haben.
Wie Khomeini bei Machtergreifung 1979 schon sagte, „der Islam und die Demokratie schließen sich aus“.
Doch die westlichen Länder und besonders unsere deutschen Politiker benötigen Zeit, lange Zeit, um zu erkennen, dass ein konservativer, fundamentalistischer Islam nicht mit den freiheitlich-liberalen Vorstellungen der Demokratie kompatibel ist. Mit solchen leider nicht seltenen Denkstrukturen fällt es schwer, den Islam als „Religion der Liebe“ zu sehen.
Aber auch die bisher eher als EinzelkämpferInnen aufgetretenen KritikerInnen haben gebraucht, um sich zusammen zu finden. Das mag den unterschiedlichen Sichtweisen und Vorstellungen hinsichtlich dessen, was der Islam für die einzelne Person bedeutet, geschuldet sein.
Doch wichtig ist, dass diese Initiative nun gegründet wurde und mit ihrem Anliegen in die Öffentlichkeit geht.
Und wichtig ist auch, dass all diese Aktiven, die an einer offenen, pluralistischen und freiheitlich-liberalen Gesellschaft mit einer demokratischen Verfassung interessiert sind und sich dafür einsetzen, zunehmendes Gehör finden.
Wir alle sind gefordert, als MultiplikatorInnen tätig zu werden, damit über die „üblichen Verdächtigen“ hinaus dieser demokratie-bejahende Gedanke weitergetragen und gefestigt wird. –
(…)
 

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