Michael Klonovsky 26. 02. 2018

„Viele Leser haben mich durchaus erregt auf das Interview hingewiesen, das der in Havard lehrende Politikwissenschaftler Yascha Mounk vor ein paar Tagen den Tagesthemen gegeben hat, und nachdem ich es mir angehört hatte, verstand ich die allgemeine Empörung. Ein als liberaler Jude auftretender gebürtiger Deutscher, der 2017 die amerikanische Staatsbürgerschaft erworben hat, um nach eigener Auskunft besser oder zumindest effektvoller gegen Trump kämpfen zu können, weil er sich als Zuspätgeborener nicht auf den originalen Donald mit dem Schnauzbärtchen stürzen durfte, verkündet zur besten Sendezeit im deutschen Premiumfernsehen rechtsextremistische, rassistische, fremdenfeindliche Verschwörungstheorien – die angebliche Umvolkung und den noch angeblicheren Großen Bevölkerungsaustausch (Le grand remplacement) –, und die Moderatorin lässt ihn einspruchslos gewähren! Wahrscheinlich war Frau Miosga eingelullt, weil Mounk in seinen Eingangssätzen schlau den Nationalismus und den Rechtspopulismus verurteilt hatte, um dann die Sau raus oder vielmehr reinzulassen mit Worten, die inzwischen landauf, landab rauschen, nämlich „dass wir“ – wer auch immer dieses „Wir“ sein mag, welches ein amerikanischer Politikwissenschaftler im deutschen TV gebraucht – „hier“ – dito – „ein historisch einzigartiges Experiment wagen, und zwar eine monoethnische und monokulturelle Demokratie in eine multiethnische zu verwandeln. Das kann klappen, das wird, glaube ich, auch klappen, dabei kommt es aber natürlich auch zu vielen Verwerfungen.“ Der Interviewpartner der Tagesthemen sagt also genau das, was diese rechten Spinner und AfD-Typen uns immer einreden wollen: Die Deutschen würden durch Einwanderer verdrängt und sukzessive ausgetauscht, sie würden fremd im eigenen Land, die Flüchtlinge seien gar keine Flüchtlinge, sondern Eindringlinge, es finde eine Art Völkermord auf Raten statt und dergleichen Hasslügenfakehetze mehr. Welch ein Skandal! Der Sender freilich scheint keinerlei Konsequenzen aus dem Schurkenstück ziehen zu wollen. Hat sich dort vielleicht auch schon Nazi-Gedankengut etabliert? (Hervorhebung GB)

(Aber wie ich gerade sehe, hat das der Vahlefeld auf achgut schon vor ein paar Tagen so ähnlich gesagt.)

Was dieses Experiment – speziell im Hinblick auf die begleitenden „Verwerfungen“ – für die in Deutschland bzw. in den Nachbarländern lebenden Juden bedeutet, auch das muss u.a. in den Tagesthemen täglich neu ausgehandelt werden, gern einmal wieder mit dem während einer seiner Kampfpausen aus Übersee zugeschalteten Herrn Mounk.“ (…)

https://www.michael-klonovsky.de/acta-diurna/item/778-26-februar-2018

 

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