Muslime dürfen sich nicht vor der Freiheit fürchten
„Nie war die Aufklärung des Islam so notwendig wie heute.“
„Abdel-Hakim Ourghi fordert deshalb eine Selbstkritik der Muslime. Dazu gehöre unter anderem, den Korantext historisch einzuordnen und Kritik am Propheten üben zu dürfen.“
„Im Jahr 1930 schrieb der syrisch-libanesische Autor Schakib Arslan ein Buch mit dem Titel „Warum sind die Muslime zurückgeblieben, und warum kamen andere voran?“ Diese herausfordernde Frage stellt sich heute mehr denn je. 2002 diagnostizierte Abdelwahab Meddeb dem Islam einen pathologischen Zustand, eine Krankheit, die in seinem Körper wüte. Diese hausgemachte Krankheit bedarf mehr denn je eines innerislamischen Therapieprozesses auf der Basis eines Aufklärungsprogramms. Und tatsächlich ist das Weltbild der Muslime durch Herrschsucht, Zerstörungslust, Radikalität und Gewalt gekennzeichnet.
Niemals war die Aufklärung des Islam so sehr notwendig wie in der heutigen Situation. Sowohl Muslime als auch Nichtmuslime sehen die Dringlichkeit einer Islam- und Selbstkritik. Gewiss bleibt ein europäischer Islam den Grundsätzen der westlichen Moderne fremd, solange er nicht in der Lage ist, die eigene historische Entwicklung seit seiner Entstehung im siebten Jahrhundert kritisch zu hinterfragen. Nun, was bedeutet die Aufklärung des Islam?
Das Gegenteil von Aufklärung
Eine Renaissance des Islam, die sich zum Ziel setzt, die Religion in ihrer „ursprünglichen Form“ wieder zu beleben, durch die Rückkehr zum Koran und zur Tradition des Propheten, ignoriert die vielfältige Lebenswelt der Menschen. Auch bequeme Verschwörungstheorien als eine unbewusste Abwehr gegen die westliche Moderne, welche die Anderen für die Identitätskrise des Islam verantwortlich machen, scheinen heute nicht mehr vertretbar. Deren Rechtfertigung, dass die islamische Lehre nur schlecht umgesetzt sei und die Muslime die Verantwortung dafür trügen, stellt ein Verdrängen dar. Der Islam ist nicht von den Taten der Menschen zu trennen, weil jene sich an seinen Grundsätzen orientieren. Und auch die Strömung, welche vehement die westliche Zivilisation unter dem Vorwand des Identitätsverlusts ablehnt, ist zum Scheitern verurteilt.
Unsere Gegenwart ist die eigentliche Epoche der kritischen und reflektierenden Aufklärung, deren zentrale Aufgabe es ist, die islamische Ideengeschichte differenzierter wahrzunehmen. Wir Muslime können uns dadurch aus der historischen Unmündigkeit befreien, wenn wir uns unseres Verstandes ohne Anleitung eines Anderen bedienen. Um Anschluss an die westliche Moderne zu finden, ist es heute eine Notwendigkeit, dass Muslime ihren Glauben ohne Tabus, Denkverbote und Dogmen reflektieren.
Die Aufklärer können die Menschen von der Macht des konservativen Islam befreien, wie etwa von jener der muslimischen Dachverbände, wie DITIB und dem Zentralrat der Muslime. Die Aufgabe liegt darin, erstens auf die Defizite der kollektiven Identität im konservativen Islam hinzuweisen. Und zweitens, die Autonomie der Menschen in ihrem Denken und Handeln durch die Anwendung der kritischen Vernunft zu betonen. Zunächst einmal heißt es, mit dem Dogma zu brechen, dass Nichtmuslime „Ungläubige“ seien. Man müsste anerkennen, dass andere Religionen auf Augenhöhe stehen und prinzipiell als gleichwertig anzusehen sind. Auch sollte das Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass alle Menschen gleich frei sind und die gleichen Rechte besitzen.
Gleichheit von Nichtmuslimen muss anerkannt werden
Dadurch trennt sich die Vernunft vom Gehorsam gegenüber religiösen Instanzen. Die Mündigkeit des Selbst beinhaltet auch die Autonomie des Korantextes und die Freiheit seiner Auslegung. Besonders durch die Vielfalt der zeitgenössischen Lesarten jenseits politischer Interessen können die Menschen selbst neu verstehen und entdecken.
Die Aufklärer können die Menschen von der Macht des konservativen Islam befreien, wie etwa von jener der muslimischen Dachverbände, wie DITIB und dem Zentralrat der Muslime. Die Aufgabe liegt darin, erstens auf die Defizite der kollektiven Identität im konservativen Islam hinzuweisen. Und zweitens, die Autonomie der Menschen in ihrem Denken und Handeln durch die Anwendung der kritischen Vernunft zu betonen. Zunächst einmal heißt es, mit dem Dogma zu brechen, dass Nichtmuslime „Ungläubige“ seien. Man müsste anerkennen, dass andere Religionen auf Augenhöhe stehen und prinzipiell als gleichwertig anzusehen sind. Auch sollte das Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass alle Menschen gleich frei sind und die gleichen Rechte besitzen.
Vier Reformvorschläge
Die Islamkritik zielt auf vier Sachverhalte ab.“ : (…)
http://cicero.de/weltbuehne/plaedoyer-fuer-aufklaerung-den-islam-ohne-denkverbote-reflektieren
Kommentar GB:
Sicherlich ist die selbstkritische Aufklärung des Islam wünschenswert. Ich wünsche mir auch, das so etwas nach 1400 Jahren beginnen möge. Wünschen kann man sich bekanntlich alles mögliche, wie wir vom Wünsch-Dir-was-Feminismus täglich vermittelt bekommen. Nur bezweifle ich aus Gründen der geschichtlichen Erfahrung stark, daß eine solcher Wunsch, und wenn er noch so begründet vernünftig vorgetragen wird, Aussicht auf Verwirklichung hat. Die Chance dafür dürfte m. E. zwar positiv sein, aber nur ganz knapp über Null liegen.
Die Realität ist eben etwas ganz anderes als ein Wolkenkuckucksheim subjektiver Wünsche.
Die einfachste und konsequenteste Art der Realisierung der Mündigkeit besteht darin, einen religiösen Irrationalismus durch Austritt hinter sich zu lassen. Das jeweilige – nur vermeintlich heilige – Buch wird zugeklappt und sich selbst überlassen.
Die Vernunft übernimmt das Kommando.
Damit ist der falsche Zauber dann beendet.
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