„Eine Analyse von Ahmed Rashid. Der Westen übersieht das nächste Desaster: Die Gotteskrieger übernehmen Afghanistan, der Islamische Staat fasst Fuß. Das Land droht zu kollabieren
Das Chaos im Nahen Osten verdeckt den Blick auf eine neue und gleichzeitig alte Gefahr. Afghanistans schwache Regierung ist nicht in der Lage, einen politischen Konsens zu schmieden. Die Taliban sind wieder erstarkt. Und der Islamische Staat hat sich in mindestens drei Provinzen installiert und droht, seinen Einfluss auszuweiten. Das bedeutet, dass Afghanistan heute wohl schlimmer dasteht als vor der Intervention internationaler Streitkräfte 2001.“ (…)
„Etwa 160 000 Menschen haben 2015 das Land verlassen
Unter den Asylbewerbern in Europa sind die Afghanen heute die zweitgrößte Gruppe, etwa 15 Prozent, so die Uno. Viele davon entstammen Mittelklasse-Familien und hatten gute Arbeitsplätze, solange die ausländischen Truppen im Land waren. Und wovor fliehen sie? Die Welt bekam einen Ahnung davon, als Videos von der Steinigung einer angeblich untreuen Ehefrau die Runde machten. Einst wurden solche Aufnahmen vorgeführt, um die westliche Intervention zu begründen. Jetzt treiben sie viele Afghanen zur Flucht. Manche, die es sich leisten können, kauften gar gefälschte Morddrohungen der Taliban für 1000 Euro. Etwa 160 000 Menschen haben 2015 das Land verlassen, viermal so viel wie 2013.
Von Beamten in Kabul erfuhr ich, dass die Taliban eine ernste Bedrohung für mehr als die Hälfte der 34 Provinzen des Landes darstellen. Ein halbes Dutzend droht vollständig unter die Kontrolle der Taliban zu fallen.“ (…)