Nazis, überall Nazis

Über die Konjunktur von Nazivergleichen und das Verschwinden der Zivilität
Von Schoppe  –  Auszüge:
Gerade wer kein Nazi sein will, kann effektiv als einer beschimpft werden:
Der Begriff „Nazi“ ist auf diese Weise weitgehend abgelöst von seiner historischen Bedeutung zu einer Chiffre geworden, zu einem Synonym für „ein Mensch, dessen politische Meinung mir nicht passt“.
Wichtig ist jedenfalls: Mit Nazis kann und soll kein vernünftiger Mensch reden, weil es bei ihnen ohnehin keinen Sinn habe und sie nur unnötig aufwerte. Der Begriff „Nazi“ markiert so, in seiner heute üblichen Verwendung, tiefe soziale und politische Spaltungen: Er steht dafür, dass politische Meinungsverschiedenheiten nicht mehr moderiert, dass unterschiedliche Perspektiven nicht mehr miteinander abgeglichen werden.
Dabei richtet sich die Nazi-Beschimpfung weniger an den Beschimpften als an Dritte: Denen signalisiert der Sprecher, dass der als „Nazi“ Betitelte – im Unterschied zum Sprecher selbst, natürlich, der ja in jedem Fall ein aufrechter Demokrat ist– kein Umgang sein könne für einen vernünftigen, humanen Menschen. Jemanden willkürlich als „Nazi“ zu bezeichnen, beginnt kein Gespräch, sondern beendet es – weil der so Bezeichnete eines Gespräches nämlich auch gar nicht wert sei.“  (…)
„Eine Politik, der es konsequent um die Sicherung von Privilegien geht und die einmal eindeutig als „rechts“ eingeordnet worden wäre, geht heute als links durch.“  (…)

(Richtig, und das ein deutliches Anzeichen von politischem Schwachsinn, GB)
„Wenn Parteien, die sich diffus als „links“ präsentieren, von diesen Tendenzen nicht deutlich abgrenzen, dann können ihre Vertreter auch nicht erklären, was an ihnen eigentlich „links“ sein sollte. So haben Sozialdemokraten oder Grüne dann ein starkes Motiv, Gegner als „Rechte“ oder als „Nazis“ hinzustellen: Erst im Kampf gegen die rechte Bedrohung kann sich ihre Politik noch als „links“ beglaubigen.
Das Ende der Sozialdemokratie – und das der Medien
Das ist bei der SPD gravierender als bei den Grünen, die ohnehin immer schon eine tief bürgerliche Partei waren. Die Sozialdemokraten aber erfüllen heute eine Funktion nicht mehr, die sie einmal unverzichtbar gemacht hat. Den Ausgegrenzten, Zu-Kurz-Gekommenen und Ausgebeuteten haben Sozialdemokraten einmal glaubhafte Perspektiven für einen Erfolg im Rahmen der gesellschaftlichen Ordnung geboten. Gerade diejenigen, die allen Grund hatten, bestehende soziale Strukturen radikal abzulehnen, wurden so für die Unterstützung dieser Strukturen gewonnen.
Dass Sozialdemokraten diese wesentliche Funktion gesellschaftlicher Vermittlung heute nicht mehr erfüllen, und dass auch niemand sonst diese Funktion übernimmt: Das trägt dazu bei, politische Widersprüche zu unlösbaren, wütend artikulierten Freund-Feind-Strukturen zu machen.
Die Flüchtlingskrise ist also keineswegs verantwortlich für soziale Spaltungen in Deutschland, sie lässt sie nur sichtbarer werden. Wenn Sigmar Gabriel Menschen, die gegen Flüchtlinge hetzen, seinerseits als „Pack“ beschimpft, oder wenn seine ehemalige Generalsekretärin Fahimi dekretiert, dass mit Pegida-Anhängern nicht geredet werden dürfe – dann treffen beide damit eben auch Menschen, die einmal zum Stamm der Sozialdemokraten gezählt haben.
Dabei ist es ja eigentlich naheliegend, dass die Millionen Menschen, die nun einwandern und die für deutsche Verhältnisse meist schlecht ausgebildet und arm sind, mit eben den Menschen konkurrieren werden, die in Deutschland schlecht ausgebildet und arm sind: auf dem Arbeitsmarkt, auf dem Wohnungsmarkt, auch auf dem Partnermarkt. Das entschuldigt keine Hetze – aber es wäre Grund, zuzugestehen, dass einige Menschen sich tatsächlich reale Sorgen machen und dass diese Sorgen für sie nicht nur ein Vorwand sind, um rassistische oder fremdenfeindliche Positionen herauszuschreien.
Schon lange vorher aber hat die SPD diese Menschen verloren: Die Mitgliederzahl ist auf die Hälfte geschrumpft, bei Wahlen ist die SPD von einer 40+%- zu einer 20+%-Partei geworden. Die rot-grüne Politik unter Schröder war nicht nur deshalb eine Politik der sozialen Spaltung, weil sie Menschen etwas abverlangte – sondern weil sie völlig unvermittelt exekutiert wurde und nicht in demokratischen Diskussionen, sondern in kleinen und abgeschotteten Expertenzirkeln entwickelt worden war. Eine skurrile, aber dazu passende Konsequenz von Hartz4: Deutschland ist das einzige Land auf der Welt, das sein Sozialsystem nach einem vorbestraften Automobilmanager benannt hat.
Dass die Bereitschaft zur Vermittlung fehlt, hat die SPD mit eben den Institutionen gemein, deren eigentliches Kerngeschäft die gesellschaftliche Vermittlung ist: mit den Medien.“  (…)
(Hervorhebungen: GB)   –  Zum Artikel:

http://man-tau.com/2015/12/19/nazis-uberall-nazis/
 
 
 
 
 

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