Außenminister im Gespräch

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) im F.A.Z.-Gespräch über die Flüchtlingskrise, den Trend zur Renationalisierung in Europa und zu den Entwicklungen im Nahen Osten.

16.01.2016, von Günter Bannas und Majid Sattar
(…)  „Die Flüchtlingskrise ist auch eine Krise Europas. Nach Euro-Rettung und Griechenland-Krise ist es beileibe nicht die erste Krise, die Europa durchlebt. Aber es scheint, dass uns der Umgang mit dem Migrationsstrom in der Europäischen Union noch schwerer fällt. Denn es gibt nicht die eine Entscheidung, die alle Probleme löst, und nicht ein Konzept, das über Nacht die Situation verändert. Dazu ist der Migrationsdruck derzeit einfach viel zu groß. Wir müssen deshalb bei den Menschen um Geduld werben und gleichzeitig weiter an mehreren Fronten arbeiten.
Dazu gehört erstens, dass wir unsere Anstrengungen fortsetzen, die Ursachen für die Flüchtlingsbewegungen zu beseitigen. Zweitens ist klar: Wir müssen die Flüchtlingszahlen verringern. Eine Million Flüchtlinge in einem Jahr kann unser Land verkraften, aber dauerhaft in jedem Jahr geht das nicht. Deshalb haben wir ja zwei Asylpakete vorgelegt. Eines ist vom Bundestag beschlossen. Das andere kommt in Kürze. Und drittens arbeiten wir mit aller Kraft daran, dass Entscheidungen, die wir in Europa treffen, auch umgesetzt werden.
Wichtige erste Schritte, etwa in der raschen Unterstützung Griechenlands durch europäische Grenzschützer haben wir gemacht. Der Schutz unserer EU-Außengrenzen ist Dreh- und Angelpunkt. Hier drängen wir auf Grundlage der Kommissionsvorschläge auf eine Einigung bis zum Sommer. Natürlich klaffen noch große Lücken: etwa bei der Verteilung der Flüchtlinge. Hier werden wir weiter Druck machen müssen. Und vieles wird davon abhängen, ob die Vereinbarungen mit der Türkei entscheidend dazu beitragen, den Flüchtlingsstrom zu reduzieren.
Ein wesentlicher Gesichtspunkt sind Zusagen der Türkei, die Grenze zu sichern. Aber offenbar hält sich die türkische Regierung nicht an Absprachen. Die Flüchtlingszahlen sind weiterhin hoch.

Es ist doch so: Die Zahlen der Flüchtlinge sind merklich zurückgegangen. In den letzten Tagen hatten wir Zugangszahlen über die Ägäis zwischen 1000 und 3000 täglich. Im vorigen Jahr waren es in manchen Monaten bis zu 10.000 am Tag. Zurzeit sind sicher auch Witterungsverhältnisse verantwortlich für den Rückgang. Das bedeutet, dass wir jetzt über die Wintermonate mit der Türkei an der Umsetzung von Maßnahmen arbeiten müssen, damit die Zugangszahlen im Frühjahr nicht wieder auf alte Größenordnungen hochschnellen.“  (…)

Zum gesamten Interview:
http://www.faz.net/aktuell/politik/aussenminister-steinmeier-im-interview-zu-fluechtlingskrise-und-nahost-14016201-p2.html?printPagedArticle=true#pageIndex_3
Kommentar GB:
Im Widerspruch zu meinen Wünschen haben meine Zweifel zugenommen. Es sieht alles nicht gut aus, vielleicht mit Ausnahme des Iran. Aber auch da wird man erst abwarten müssen, wie sich das weiter entwickelt.

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