Bargeldlose Zukunft

von
„Seit gut einem Jahr häufen sich die Berichte, dass immer mehr Länder überlegen ihr Bargeld abzuschaffen. Während Geschäfte in Dänemark noch verpflichtet sind Bargeld anzunehmen, sieht es in Schweden schon anders aus und manch ein Tourist stellt verwundert fest, dass er das Busticket nicht mehr mit Bargeld bezahlen kann. Aber auch in Deutschland melden sich Ökonomen mit diesem Vorschlag zu Wort.
Die Vorteile lägen auf der Hand, sagen die Befürworter. Bargeld würde nur von Kriminellen wirklich gebraucht, da sie damit spurlos zahlen können. Steuerhinterziehung würde unmöglich werden. Raubüberfälle machten keinen Sinn mehr, da in den Kassen kein Geld mehr läge.
Die Politik hat auch Anreize Bargeld abzuschaffen. Denn wenn die Zentralbanken die Zinsen so weit senken möchten, dass sie negativ werden, unser gespartes Geld auf der Bank also weniger werden soll, dann heben wir das einfach ab und legen uns die Scheine unter das Kopfkissen. Nicht so, wenn wir unser Geld nicht mehr abheben können. Wir wären zum Konsumieren gezwungen.
Festgehalten werden kann, dass wir ohne Bargeld unserer Möglichkeit anonym und spurlos zu zahlen beraubt werden.
Jede Currywurst an der Ecke, jedes Bier im Club, der Supermarkt-Einkauf, die Busfahrkarte, einfach jeder Einkauf würde mit Artikel, Betrag, Ort und Uhrzeit geloggt werden. Ein ausführliches Profil unseres Alltags, das von großem Interesse für Wirtschaft und Staat sein wird. Ein anonym bezahltes Handy und SIM-Karte für die Demonstration vor der amerikanischen Botschaft, damit man sich beim nächsten USA-Besuch an der Grenzkontrolle keine Sorgen machen muss? Fehlanzeige.
Aber auch die Argumente der Befürworter lassen sich leicht entkräften. Bei Raubüberfällen steht zu befürchten, dass einem nicht nur das Bargeld am Körper, sondern auch das virtuelle Guthaben in der Handy-App oder dem Bankkonto geklaut wird. Und die Zeiten in denen Steuerhinterziehung mit einer Grenzüberquerung mit einem schwarzen Koffer assoziiert wurden sind auch langsam vorbei. Das Ende der Kriminalität wird die Abschaffung des Bargelds ganz gewiss nicht, denn gerade bei bargeldlosen Bezahlmethoden wächst der Betrug rasant z.B. mit gestohlenen Logins durch Trojaner.
Vermutlich sind die Gründe für die Rufe nach einer Welt ohne Bargeld eher woanders zu suchen. Produktion und Verteilung von Bargeld verursacht den Banken Kosten. Mit Online-Zahlungsmitteln verdienen die Banken und Finanzdienstleister wie Kreditinstitute hingegen an jeder getätigten Transaktion. Die Banken sparen also kräftig Geld und alle anderen zahlen den Banken dafür mehr. Altbekannt ist auch, dass Menschen beim bargeldlosen Einkaufen dazu neigen mehr Geld auszugeben. Besser könnte es für Banken kaum kommen.
Zu guter Letzt schließen wir Teile unserer Gesellschaft aus. Es steht zu befürchten, dass viele ältere Menschen mit der Umstellung auf bargeldlose Verfahren oft überfordert sein werden und Menschen ohne das notwendige gute Schufa-Scoring von vielen der neuen Zahlungsmittel ausgeschlossen werden.“
Quelle:
https://netzpolitik.org/2015/bargeldlose-zukunft/
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/bargeld-peter-bofinger-will-muenzen-und-scheine-abschaffen-a-1033905.html

Tragen Sie sich für den wöchentlichen Medienüberblick - den Freitagsbrief - ein!

Es wird kein Spam geschickt! Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.