Die distanzierte Mitte

https://www.fes.de/referat-demokratie-gesellschaft-und-innovation/gegen-rechtsextremismus/mitte-studie-2023

 

Hartmut Krauss

21.09.2023

Anmerkungen zur Kritik der FES – Mitte Studien

Prinzipiell nichts Neues. Siehe (mit Leseempfehlung wegen elementarer Bedeutung wesentlicher Passagen):

Rechtsextremismusforschung zwischen empirischer Auftragswissenschaft und parteilicher Stigmatisierungsideologie
Eine kritische Betrachtung am Beispiel der Studie
„Die Mitte im Umbruch. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland (2012)“

http://www.gam-online.de/text-Rechtsextremismusforschung.html

(…) Grundsätzlich ist zu kritisieren, dass die Verfasser der Studie keine Unterscheidung zwischen pauschaler „Ausländerfeindlichkeit“ und selektiver „Ausländerkritik“ vornehmen, sondern implizit unterstellen, kritische Einstellungen gegenüber bestimmten Ausländern aufgrund bestimmter Bewusstseins- und Verhaltensaspekte etc. seien generell illegitim und somit prinzipiell negativ zu etikettieren. Indem sie damit aber untersuchungstechnisch die Möglichkeit eliminieren, Ausländer auch kritisch beurteilen zu können, ohne gleich als „Ausländerfeind“ gerastert zu werden, unterliegen sie selbst dem Vorwurf der a priori pauschalierenden Vorurteilsanwendung. Entscheidend wäre letztendlich vielmehr die Überprüfung der Begründungsinhalte und Begründungsmuster der entsprechenden Urteile, um auf dieser Grundlage ein angemessenes Bewertungsurteil über sie fällen zu können.

So stimmt ein Drittel der Befragten der Aussage zu „Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen“. Ein Drittel ist unentschieden und ein weiteres Drittel lehnt die Aussage ab. Diese hohe Unentschiedenheit der Befragten ist rein fragetechnisch induziert, da mit undifferenzierten Pauschalaussagen operiert wird, deren einfache Negation auch wiederum falsch wäre. Auf diese Weise wird aufgrund inadäquater Fragebatterien eine „hohe (pauschale) Ausländerfeindlichkeit“ erzeugt, die so in der Realität gar nicht vorkommt. Angemessen wäre es demgegenüber gewesen, folgende Differenzierungen zuzulassen: „Die allermeisten Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“ „Manche Ausländer kommen hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“ „Keine Ausländer kommen hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“
Grundsätzlich ist es jedenfalls abwegig und wissenschaftlich unhaltbar, rational begründete/begründbare Kritik an bestimmten Ausländern/Zuwanderern untersuchungstechnisch per se auszuschließen bzw. unter das pauschalierende Etikett „Ausländerfeindlichkeit“ zu subsumieren. Dabei wäre es gerade wichtig, pauschale Ausländerfeindlichkeit und begründbare Kritik an bestimmten Ausländern in ihrer überzeugungsbedingten und diskursiven Unterschiedlichkeit genauer zu erfassen.
Festzuhalten ist demnach, dass begründete bzw. rational begründbare Kritik an bestimmten Ausländern, möglicherweise auch solchen, die selbst ein extrem reaktionäres und autoritäres Bewusstseins- und Verhaltensprofil aufweisen, nichts mit „Rechtsextremismus“ zu tun hat. (…)

Zudem ist kritisch zu hinterfragen, ob der Tatbestand, dass „rechtspopulistische“ Kräfte das Islamthema nutzen, um öffentliches Aufsehen zu erzeugen (11), überhaupt dazu ausreicht, islamkritische Einstellungen im Kontext von „Rechtsextremismus“ zu thematisieren oder ob hier nicht vielmehr die politisch motivierte Absicht ausschlaggebend ist, auf künstliche Weise möglichst viel vermeintlich „rechtes Gedankengut“ in die „Mitte“ der Gesellschaft zu verlagern. Denn obwohl die Verfasser der Studie zugeben müssen, dass es eine Vielzahl von sachlich-rationalen Gründen gibt, dem Islam gerade von einer fortschrittlich-emanzipatorischen Position aus kritisch gegenüber zu stehen, wenden sie die wissenschaftlich unsaubere Strategie an, kognitiv begründete bzw. argumentativ begründbare und faktenkongruente Einstellungen zu irrationalisieren und zu psychologisieren.
So ist es grundsätzlich verfehlt, Ausländerfeindlichkeit, Xenophobie und Rassismus mit Islamkritik zu konfundieren. Der Ausländerfeind ist prinzipiell gegen Ausländer eingestellt, unabhängig von ihrer Herkunft und Weltanschauung. Als volksfremde Ausländer/Zuwanderer gehören diese Menschen einfach nicht dazu bzw. nicht hierhin und damit basta. Gleiches gilt für den Fremdenfeind. Die Islamgläubigkeit bzw. das Muslim-Sein des Ausländers/des Fremden ist nicht konstitutiv für die Ablehnung. Diese würde auch einen katholischen Polen, einen protestantischen Finnen, einen säkularen Afrikaner, einen atheistischen Inder oder einen iranischen Ex-Muslim treffen. Auch der Rassist interessiert sich nicht für die Weltanschauung der Zuwanderer, sondern definiert deren angebliche biologisch-genetische Andersheit als minderwertig. Dem Auftreten von rechten Ausländerfeinden, Fremdenfeinden und Rassisten gegen Muslime liegt deshalb keine genuine „Islamfeindschaft“ zugrunde. Vielmehr sind Muslime in diesem Fall eine jederzeit propagandastrategisch austauschbare Gruppe für eine irrational-pauschale Abwertung von „Volksfremden“.

Die Zustimmung zu folgenden Items deuten die Autoren – ohne jede nähere sachlich-inhaltliche Erörterung – völlig willkürlich als Indikatoren für „Islamfeindschaft“ (12):
„Die islamische Welt ist rückständig und verweigert sich den neuen Realitäten.“
„Der Islam ist eine archaische Religion, unfähig sich an die Gegenwart anzupassen.“
„Ich denke, dass die Nähe von Islam und Terrorismus schon im Islam selber und seinen aggressiven Seiten angelegt ist.“
„Jegliche Kritik von Vertretern des Islam an der westlichen Welt ist übertrieben und ungerechtfertigt.“
„Muslime und ihre Religion sind so verschieden von uns, dass es blauäugig wäre, einen gleichen Zugang zu allen gesellschaftlichen Positionen zu fordern.“ (S.92)

Die Zustimmung zu folgenden Items deuten die Autoren – ohne jede nähere sachlich-inhaltliche Erörterung – völlig willkürlich als Indikatoren für „Islamfeindschaft“ (12):
„Die islamische Welt ist rückständig und verweigert sich den neuen Realitäten.“
„Der Islam ist eine archaische Religion, unfähig sich an die Gegenwart anzupassen.“
„Ich denke, dass die Nähe von Islam und Terrorismus schon im Islam selber und seinen aggressiven Seiten angelegt ist.“
„Jegliche Kritik von Vertretern des Islam an der westlichen Welt ist übertrieben und ungerechtfertigt.“
„Muslime und ihre Religion sind so verschieden von uns, dass es blauäugig wäre, einen gleichen Zugang zu allen gesellschaftlichen Positionen zu fordern.“ (S.92)

Insgesamt zeigt das Ergebnis der Studie folgendes Einstellungsbild der Befragten zum Islam:
Weder Zustimmung zu islamfeindlichen noch islamkritischen Aussagen: 33,9 Prozent.
Zustimmung nur zu islamkritischen Aussagen: 29,9 Prozent
Zustimmung zu islamfeindlichen und islamkritischen Aussagen: 31 Prozent
Zustimmung nur zu islamfeindlichen Aussagen: 5,2 Prozent (S. 95).

Tatsächlich gibt es nun aber durchaus eine Fülle von rationalen Gründen, eine Rückständigkeit der islamischen Welt zu konstatieren (13) und den Islam als eine archaische Religion zu betrachten, die einer modernen, säkular-demokratischen Gesellschafts- und Werteordnung widerstrebt. So sind nach einer neueren Umfrage des Instituts Allenbach 83 Prozent der Deutschen der Meinung, „der Islam sei von der Benachteiligung der Frau geprägt, 77 Prozent meinten, typisch für den Islam sei das Festhalten an althergebrachten Grundsätzen, 70 Prozent assoziierten mit dem muslimischen Glauben Fanatismus und Radikalität. Deutliche Mehrheiten der Bevölkerung attestierten dem Islam darüber hinaus unter anderem Gewaltbereitschaft (64 Prozent), die Neigung zu Rache und Vergeltung (60 Prozent), missionarischen Eifer (56 Prozent) und das Streben nach politischem Einfluss (56 Prozent). Nächstenliebe brachten nur 13 Prozent mit dem Islam in Verbindung, 12 Prozent dachten beim Stichwort Islam an Wohltätigkeit und nur 7 Prozent an Offenheit und Toleranz.“ (14)

+++

 

sowie

https://www.telepolis.de/features/Mehr-Rechtsextreme-als-vor-zwei-Jahren-und-doch-weniger-als-gedacht-9313138.html

 

 

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