12. März 2019
Joachim Bischoff/Björn Radke
Nach längerer hat Krankheit hat Sahra Wagenknecht ihre Rückkehr auf die politische Bühne zu einem Paukenschlag genutzt: Sie zieht sich aus der Führungsebene der Bewegung »Aufstehen« zurück und kandidiert im Herbst nicht erneut für das Amt der Fraktionschefin der Partei DIE LINKE.
https://www.sozialismus.de/kommentare_analysen/detail/artikel/wagenknechts-doppel-rueckzug-und-der-politische-schaden/
Kommentar GB:
Ein nicht geringer Teil der LINKEN orientiert sich wie die Grünen, die SPD und die Merkel-CDU an den Vorgaben und Strategien der Global Governance und damit der EU-Kommission in Brüssel. Die Autoren schreiben:
„Es sind keine Spekulationen, wenn wir in diesem Kontext auf den schon länger währenden innerparteilichen und persönlichen Konflikt zwischen der Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und der von ihr beförderten Sammlungsbewegung »Aufstehen« und dem Parteivorstand verweisen.
Im politischen Kern ging es um die Flüchtlingspolitik (offene Grenzen oder gesteuerte Migration), und um den Vorwurf, mit einer restriktiven Flüchtlingspolitik würden rechte Positionen übernommen. Im Grundsatz stimmen wohl alle parteiinternen Strömungen der These zu: Das Kernproblem besteht darin, dass DIE LINKE keine überzeugende linke Erzählung [?? GB] mehr anbieten kann. Und es gibt kaum Verständigung darüber, wie dieses Defizit zu beheben ist.“ (…)
„Wagenknecht führt die Fraktion seit Oktober 2015 als Nachfolgerin von Gregor Gysi gemeinsam mit Dietmar Bartsch. Während Bartsch innerhalb der Linkspartei als Realpolitiker gilt, gehört Wagenknecht dem linken Flügel an. Unter ihren Parteikolleg*innen [?? GB] war sie in letzter Zeit heftig umstritten: »Aufstehen« galt manchen von ihnen vor allem als Vehikel Wagenknechts, um sich an den Gremien der Partei vorbei zusätzlichen Einfluss zu verschaffen.“ (…)
„Sahra Wagenknecht hat gemeinsam mit ihrem Mann Oskar Lafontaine die bisherige Linie abgelehnt, in der sich DIE LINKE für offene Grenzen ausspricht. Sie warnen, dass es durch die Migration eine zunehmende Konkurrenz um Arbeitsplätze und auch Wohnungen geben werde.“
„Wagenknecht hatte vor Monaten offen darüber gesprochen, dass sie die Parteispitze für eine Fehlbesetzung hält.“ (…)
[Diese Einschätzung von SW teile ich; GB]
„Gespräche zwischen den beiden Frauen gibt es dem Vernehmen nach kaum noch, Versuche der Klärung sowieso nicht.“ (…)
[Auch das kann nicht verwundern; GB]
„Im Klartext: Wagenknecht wollte mit »Aufstehen« eine parallele Machtbasis aufbauen, um Druck auf bestimmten inhaltlichen Feldern auf die Politik insgesamt und auch ihre Partei, die Linkspartei, auszuüben.“ (…)
[Dieser Einschätzung der Autoren ist sicherlich zuzustimmen; GB]
Hier positionieren sich die beiden Autoren nun selbst, nämlich als Wagenknecht-Gegner:
„Immerhin bleibt positiv festzuhalten, dass die erwogene Beteiligung von »Aufstehen« an der Europawahl abgeblasen ist.
Oskar Lafontaine sagte: »Obwohl uns das finanziell und organisatorisch geholfen hätte und wir gute Umfrageergebnisse hatten, haben wir dem Drängen vieler Mitglieder, zur Europawahl anzutreten, nicht nachgegeben, weil wir keine Aufspaltung des linken Lagers wollen.«
In dieser Interpretation fehlt, dass das ganze Projekt und auch das Agieren von Wagenknecht mindestens einen Beitrag zur Verunsicherung des linken Lagers geleistet haben.“ (…)
„Sahra Wagenknecht hat bislang eher gegen eine mögliche Regierungsbeteiligung der Partei gearbeitet. Es ist kein verbaler Ausrutscher, wenn sie die »Liaison von Linksliberalismus und Goldman-Sachs-Kapitalismus« für »gefährlich« hält. Diese Liaison [?? GB] untergrabe »nicht nur die Demokratie, sondern auch die Zustimmung zu liberalen Grundwerten«.
„Das ist weniger eine orientierende Einordnung, als eine eigenwillige und gefährlich vereinfachende Interpretation der gesellschaftlichen Verhältnisse“, schreiben die obigen beiden Autoren hierzu.
Nicht recht klar ist, was hier mit „Linksliberalismus“ eigentlich gemeint ist: da es wohl eher nicht um die FDP geht, dürfte es um die von illiberaler Patronage und Libertinage gesteuerten Grünen gehen, auf die Soros bekanntlich vertraut, samt ihrem parteiübergreifenden Umfeld. Und deren Regierungsbeteiligung ist in der Tat kritisch zu sehen; es sei denn, man würde von Soros finanziert.
Nun, die Realität zeigt, daß die Soros-Anhänger in der LINKEN (No-Border-Ideologie) in der Sache Unrecht haben, aber sie sind eben mit welchen finanziellen Mitteln oder aus welchen ideologischen Gründen auch immer in die Global Governance integriert worden und folgen den Grünen, die diesbezüglich die Avantgarde darstellen, zusammen mit Angela Merkel persönlich.
Und die folgende triumphalistisch-erleichterte Passage zeigt nun, woher der Wind weht: man will um jeden Preis mitregieren, es geht den Autoren allein um die „Aussicht auf Machtperspektiven“:
„Der Rückzug des Polit-Duos Lafontaine/Wagenknecht eröffnet der Linkspartei die Chance, die Debatte um eine Reformstrategie neu zu eröffnen. Immerhin gibt es Signale aus den GRÜNEN und auch der SPD. Der politische Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, erklärt: »Die Linkspartei hat jetzt möglicherweise die Chance, ihre Zerrissenheit in Bündnisfragen zu klären.« Der stellvertretende SPD-Vorsitzende, Ralf Stegner, sieht nach einem Rückzug von Sahra Wagenknecht Chancen für neue Bündnisse seiner Partei.“ (…)
Der verbliebene Realismus der beiden Autoren zeigt sich immerhin in der folgenden Passage:
„Über ihre faktische Entmachtung aufzuatmen und sie zugleich als »Gesicht« oder Aushängeschild instrumentalisieren zu wollen, ist ein offenkundiger Widerspruch. Ihr Wort wird bei den Wähler*innen [?? GB] nicht mehr so viel Gewicht haben wie bisher. Das könnte gerade für die Linkspartei in den anstehenden Wahlen in Ostdeutschland und in der Auseinandersetzung mit der deutschen und europäischen modernen Rechten eine schwere Hypothek sein.“ (…)
Darin ist ihnen zuzustimmen. Insgesamt ist zu erwarten, daß der LINKEN ihr überwiegend an der Global Governance (hier also: Grüne, SPD und Merkel) orientierten strategischen Ausrichtung von den Wählern besonders im Osten verübelt werden wird. Die „schwere Hypothek“ wird von ihnen voraussichtlich fällig gestellt werden, das heißt, es ist damit zu rechnen, daß die LINKE dort schwere Verluste haben wird.
Abschließend sei darauf hingewiesen, daß oben mit Fragezeichen jene Begriffe markiert worden sind, die den Einfluß des Postmodernismus aufzeigen. Auf der Ebene des Denkens ist er eine der Wurzeln des Übels, unter dem die LINKE leidet, ohne das zu begreifen.
(Hervorhebungen (fett): GB)
Ich verweise hier weitergehend auf: