Buchbesprechung:
von Michael Mansion
Der Autor ist ein Wissenschaftler, ein Ökonom und Ökonomen können normalerweise recht gut mit Zahlen und Statistiken umgehen. Dieser Eindruck vermittelt sich auch dem Laien und es wird ihm oder ihr recht verständlich klar gemacht, worum es geht.
Die politische Klasse berausche sich an einem fiktiven Reichtum des Landes und bürdet Bürgerinnen und Bürgern gewaltige und dauerhafte Lasten (Euro-Rettung, Migration und Flüchtlinge, Energiewende usw.) auf, was offensichtlich auch dadurch begünstigt werde, dass grundlegende ökonomische Zusammenhänge nicht begriffen werden.
Trotz durchschnittlich gutem Verdienst, verfügen die Deutschen über weniger Vermögen als etwa die Italiener, Franzosen, Spanier und nur wenig mehr als die Griechen, deren Staatsschulden im Grunde wir übernommen haben.
Auch unsere Renten sind – in Relation zum Lohn – nicht höher als vergleichsweise in Süd-Europa.
Zugleich wird zu wenig staatliches und privates Vermögen gebildet. Wir sorgen nicht ausreichend vor.
Die wachsende wirtschaftliche Abhängigkeit von China ist zudem nicht unproblematisch, weil der realwirtschaftliche Impuls der chinesischen Schulden (3 Billionen $) dramatisch abnimmt. Das Kreditwachstum ist zu groß und zu schnell. Hinzu kommen die Überkapazitäten staatlicher Unternehmen. Eine deutliche Rezession in China würde die deutsche Industrie hart treffen.
Der hoch gelobte Euro – so der Autor – sei im Grunde eine Subventionswährung für die Exportwirtschaft, aber zugleich ist er deutlich schwächer notiert, als es die DM gewesen ist. Die Rezession von 2003 in Deutschland hatte länger gedauert, als es sonst ohne den Euro der Fall gewesen wäre und Deutschland kurbelte seine Wettbewerbsfähigkeit mit niedrigen Löhnen statt mit Produktionsverbesserungen an. Die geringe und daraus resultierende Binnennachfrage, ist der Hauptgrund für die Exportkonzentration.
Die sog. Euro-Rettung durch tiefe Zinsen führt zu einer Enteignung der Sparer und ist dramatisch dort, wo die Menschen ihre Altersvorsorge daraus generieren wollten.
So gesehen sind die Deutschen auch keinesfalles die Haupt-Nutznießer des Euro, wie man ihnen einzureden versucht.
Ohne den Euro hätte es die Schuldenparty im Süden garnicht gegeben!
Die deutsche Automobilindustrie sieht Stelter nicht wirklich für die Zukunft gerüstet.
Seine Sorge ist berechtigt, wenn einerseits Elektromobilität gefordert wird, hierfür jedoch weder eine Infrastruktur noch die nötige Energiesicherheit existiert.
Hinzu kommt, dass Politik und Umweltlobbyisten sich gegenseitig dabei überbieten, der deutschen Industrie schwer zu schaden.
Hohe Abgaben, eine schrumpfende Mittelschicht und schlechte Geldanlagen sind ein deutsches Phänomen und man kann die zu erwartenden Renten aus volkswirtschaftlicher Sicht auch nicht dem Vermögen hinzu rechnen, was gerne gemacht wird, aber falsch ist.
Bei relativ geringer Einkommensungleichheit im europäischen Vergleich und geringem Armutsrisiko, unterstellt der Autor bei boomender Wirtschaft steigende Sozialausgaben. Er erwähnt jedoch nicht den steigenden Kostenspiegel und eine zunehmende Zahl derer, die zwar Arbeit haben, aber zusätzlich alimentiert werden müssen.
Es erschließt sich deshalb nicht, wen der Autor im Auge hat, wenn er argumentiert, dass mit der Armut agiert werde, um gewünschte politische Ergebnisse zu erzielen.
Wenn er darauf hinweist, dass die Steuerschraube schon bei 50 000 € Jahreseinkommen drastisch angezogen werde, was zugleich nicht rechtfertige, hier von Besserverdienenden zu sprechen, dann muss dem entgegen gehalten werden, dass ein Facharbeiter in Bayern-Ost im Durchschnitt 1500 € netto pro Monat in der Tasche hat und damit noch eine Familie über Wasser hält.
Dass die hohe Abgabenbelastung zugleich ein Grundübel ist, rechtfertigt eher die Frage, wo das gute Geld eigentlich hinfließt und wer darauf einen Einfluss hat?
Dankenswerterweise verweist der Autor auf die ökonomische Grundeinsicht, dass in diesem Lande unter dem Strich gerade mal 15 Mill. Menschen im produktiven Sektor tätig sind und damit das erwirtschaften, von dem auch der ganze Rest bezahlt wird.
Interessant auch sein Hinweis, dass die sog. Energiewende pro Kopf der Bevölkerung mit 140 € (bisher) zu Buche schlägt, zu Lasten selbstverständlich der ärmeren Bevölkerung.
Statt eine groß angelegte Bildungsinitiative zu starten, sinken die Löhne, was zur Exportweltmeisterschaft geführt hat. Dabei ist das mengenmäßige Anwachsen der unteren Einkommen der Zuwanderung von Migranten und der Abwanderung von Fachkräften geschuldet.
Statt aber die Bevölkerung am Produktionsvermögen zu beteiligen, wurde das Sparen mit niedriger Rendite favorisiert.
Entgegen landläufiger Meinungen bringen aber die „weniger sicheren“ Anleihen in Immobilien und Aktien zwischen 6-8% pro Jahr. Hauptnutznießer dieser Zurückhaltung sind die Staaten, die sich so eine günstige Finanzierung sichern. Hinzu kommt, dass die Kosten für Geldanlagen eindeutig zu hoch sind.
Daniel Stelter sagt auch, wie man die Vermögensverteilung in Deutschland verbessern könnte und welche Fehler aus der Vergangenheit zu korrigieren wären (Seite 60).
Der politischen Klasse wirft er vor, Wählerstimmen mit politischer Desinformation zu generieren. Über Jahrzehnte seien die falschen Anreize gesetzt worden.
Zudem seien während der Finanzkrise durch eine falsche Investitionspolitik 400-600 Milliarden verloren gegangen.
Ein zentrales Problem sei auch, dass unsere Exportüberschüsse Forderungen zur Folge haben, die nur zu einem Teil durch Importe ausgeglichen werden.
So hatte die Bundesbank im Sommer 2018 rund 1000 Milliarden € an Target 2-Forderungen. Das sind rund 12000 € pro Kopf der Bevölkerung, die wir als zins- und tilgungsfreie Kredite ohne Sicherheit an Länder der Euro-Zone vergeben. Alleine Italien schuldet mehr als 430 Milliarden (Seite 76).
Man mag das (wie Olaf Siewert) nicht für so schrecklich halten, müsste dann aber davon ausgehen, dass der Euro Bestand hat. Davon ist aber selbst Mario Draghi nicht mehr wirklich und irreversibel überzeugt. Selbst wenn ein Mitglied aus der EU ausscheidet, kann man davon ausgehen, dass es seine Schulden weder bezahlen wird noch kann.
Am Kapitalmarkt gibt es da offensichtlich einige Bedenken, was ja auch zu einer nicht unerheblichen Kapitalflucht geführt hat und führt.
Eine mögliche Pleite diverser europäischer Notenbanken, würde die Notenbanken Deutschlands, der Niederlande und Luxemburgs mit echten Verlusten belasten. Deutschland würde einen erheblichen Teil seiner Forderungen verlieren und wird zudem fortlaufend erpressbar, während eine nicht enden wollende Nullzinspolitik die Menschen weiter entreichert.
Die Politik der EZB unterdrückt im Grunde die massive Euro-Krise, was die politische Klasse von einer Euro-Rettung schwadronieren lässt. Hier wird ein politisches Projekt „gerettet“, welches nicht zu retten ist. Es wird lediglich Zeit gekauft, so der Autor.
Daniel Stelter bedient in diesem Buch eine ganze Reihe sehr spezieller und im Kontext wichtiger Themen, weil er einen wissenschaftlichen Anspruch hat und sich bewusst ist, auch auf sachkundige Kritik zu treffen, die er sehr wohl zu Wort kommen lässt. Ihm ist bewusst, dass bestimmte Verteilungswirkungen und das Finanzgebaren insgesamt nicht einer zwingenden Logik zu unterstellen sind, so sich diese denn überhaupt als solche darstellt oder darstellen lässt.
Es geht ihm um die klar vermeidbaren Fehler und es geht ihm um eine Wiedererlangung der ökonomischen Wirklichkeit, besonders im Hinblick auf eine EU, die er in keiner guten Verfassung sieht.
Stelter liefert eine ernüchternde Zwischenbilanz für all jene, die eine vermeintlich heile Welt in Frage zu stellen bereit sind.
Es sieht nämlich eher nicht so aus, als ob die Gesellschaft die ihr aufgebürdeten Probleme wird leisten können. Investitionsschwäche und sinkendes Wachstum sprechen dagegen.
Bildungs- und Innovationsmangel, verbunden mit einem stückweisen Verlust von bisherigen Alleinstellungsmerkmalen, gesellen sich hinzu und treffen auf mangelnde Vorsorge.
Bei der Zuwanderung dominiert Masse statt Klasse und könnte selbst im günstigsten Falle nicht darüber täuschen, dass wir unsere Fachleute schon selbst ausbilden müssen.
Eine vermutlich scheiternde Integration der muslimischen Migranten, wird dabei zu einer enorm teuren Dauerbaustelle.
Rechnet man die staatlichen Kosten, dann kommt man aus finanzieller Erkenntnis zu der Einsicht, dass die Hälfte aller Migranten für den Staat ein Verlustgeschäft darstellen.
Mit dem legitimierten Familiennachzug, dürfte der Anteil der Alterskohorte auch nochmals deutlich steigen.
Jährliche Kosten von (vorsichtig gerechnet) 30 – 40 Milliarden € sind im Gespräch. Von den erforderlichen zusätzlichen 180 000 Kindergartenplätzen nicht zu reden.
Das Institut für Wirtschaft (IW) kommt in seiner Schätzung noch auf weit höhere 50 Milliarden. Das Kieler Institut für Wirtschaftsforschung kalkuliert gar mit einer Summe von 55 Milliarden, wobei sich diese Zahlen mit den Schätzungen aus Schweden in etwa decken.
Mit dieser Summe mussten in 2017 die Ministerien für Verkehr, Bildung und Forschung, sowie Familie, Senioren und Jugend auskommen.
Nur etwa 13% der sog. Flüchtlinge sind erwerbstätig und das meist nur als Praktikanten oder Hilfskräfte, während 59% von ihnen keinen Schulabschluss haben. Viele sind Analphabeten.
Minister Maas meint hierzu, dieses Geld würde ja niemandem weggenommen. Eine interessante Äußerung!
Der Autor verwahrt sich deutlich gegen politischen Unfug, der als Erfolg verkauft wird und bezeichnet Schulen mit einem 80%igen Migrantenanteil als Verwahranstalten.
Diese Art der Zuwanderung hält er für ein Desaster.
Im Kapitel: Europa um jeden Preis, versucht Stelter seinen Lesern die medialen Illusionen zu nehmen, die täglich wie Drogen verabreicht werden.
Es gehe in der EU um Wirtschaft und der Hinweis auf die Friedensunion sei Propaganda, wenn man nicht mal seine Außengrenzen sichern kann oder will.
Auch ist Deutschland nur indirekt ein Profiteur, da es in letzter Konsequenz alle Schulden wird zahlen müssen.
Dennoch sollte man die EU nicht zerschlagen, weil ein durchaus übles Szenario die Folge sein könnte, weshalb der Autor dringend einen realistischen Diskurs anmahnt.
Es wären mehrere Szenarien vorstellbar, aber keines wäre wirklich wünschenswert.
Ein „Weiter so“ in der Euro-Zone könne jedoch bei nüchterner Betrachtung nur zu der Erkenntnis führen, dass es schief gehen muss.
Es wird wohl zu weiteren EU-Austritten kommen, meint er. Je später diese erfolgen, um so größer wird der finanzielle und politische Schaden für alle sein.
Sein Fazit ist eine Abrechnung mit der politischen Klasse und den fragwürdigen „Eliten“ in Brüssel und Straßburg.
Es bedarf aus seiner Sicht eines grundsätzlichen Neustarts mit einem Bezug zur Wirklichkeit, die eine Erhöhung des Anteils der Erwerbsbevölkerung, eine Steigerung der Leistungsfähigkeit, eine Beendigung des Sozialtransfers an Zuwanderer ohne Gegenleistung, eine entsprechende Steuerung, eine Erhöhung der Attraktivität für wirkliche Leistungsträger, eine Bildungsoffensive, die diesen Namen verdient, Investitionen in die Infrastruktur und in die Forschung, Förderung privater Investitionen im Inland und einen nationalen Staatsfonds zur Folge haben müssten. Der Staat muss bei gerechter Lastenverteilung modernisiert werden.
Das ist allemal ein vernünftiges Credo, wenn wir den Mut haben, Altlasten bereinigen, was aber möglichst schnell angepackt werden müsste, denn sonst ist es wirklich zu spät.
Sehr empfehlenswert für Leute, die abseits jeder haltlosen Europa-Seligkeit einen klaren Blick für die Realität behalten wollen und ein Herz für die Ökonomie haben. –
(Hervorhebungen GB)


