„Islamophobie“ oder pathologische Angst des orthodoxen Islam vor der kulturellen Moderne?

Hartmut Krauss

„Einleitung
Nimmt man den Begriff „Islamophobie“ zunächst einmal semantisch ernst, dann operiert er mit zwei verschlungenen Grundannahmen: Zum einen unterstellt er die Existenz einer sachlich ungerechtfertigten, kranhaft-irrationalen bzw. psychopathologischen Angst vor dem Islam als verbreitetes Phänomen. Gleichzeitig schwingt damit die Behauptung mit, dass der Islam eigentlich ein harmloses Phänomen sei, vor dem man keine Angst haben müsse  und demgegenüber eine negative Einstellung gänzlich unangebracht, eben ‚phobisch’ sei. Auf diese Weise fixiert und transportiert der Begriff „Islamophobie“ ein doppeltes Vorurteil mit umgekehrten Vorzeichen: Ein positives: Der Islam ist harmlos. Und ein negatives: Wer ihn ablehnt ist ein Phobiker (also ein krankhaft-irrationaler Mensch).

Kritiker und Nichtangepasste als „krank“ zu etikettieren und ggf. zu psychiatrisieren steht in der Tradition des hitlerfaschistischen und stalinistischen Totalitarismus. Und so ist es auch nicht wirklich verwunderlich, dass sich der heutige neue islamistische Totalitarismus diese Vorgehensweise zu Eigen macht. In diesen Kontext passt jedenfalls der Hinweis, dass der Begriff ursprünglich Ende der siebziger Jahre durch iranische Mullahs geprägt wurde, um damit Frauen, die sich weigerten, das Kopftuch zu tragen, zu verunglimpfen. Später wurde er auch auf Autoren wie Salman Rushdie und Taslima Nasreen angewandt. Mittlerweile wird „Islamophobie“ von islamischen Politikern als Kampfbegriff instrumentalisiert, um jede kritische Äußerung gegen Inhalte und Aspekte der islamischen Herrschaftskultur als, so wörtlich, „verrückte Raserei“ des Westens gegen den Islam zu diskriminieren. Auf einem Treffen der Außenminister der Organisation der islamischen Konferenz (OIC) am 16. Mai 2007 in Islamabad wurde „Islamophobie“ als die „schlimmste Form des Terrorismus“ bezeichnet.

Um die mit dem Begriff „Islamophobie“ gesetzten Unterstellungen näher zu beurteilen, muss das eigentliche Corpus delicti (Beweisstück) einer genaueren Betrachtung unterzogen und folgende Fragestellung behandelt werden: Was sind die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale und Grundzüge des Islam? Gibt es ‚gute’ oder nur ‚schlechte’ Gründe, den Islam kritisch zu bewerten?

Zur Konstitution des Islam
Wenn wir die Sachlage genauer reflektieren, dann sind es weniger die theologisch-spekulativen oder aber die philologischen Aspekte, die den Islam ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt haben. Als die letztendlich ausschlaggebende Dimension des Islam (in seiner orthodoxen Grundgestalt) hat sich vielmehr die aus ihm hervorgehende ‚Begründung’, Rechtfertigung und Festlegung/Verteidigung eines spezifischen Systems zwischenmenschlicher Herrschaftsbeziehungen erwiesen. Konkret geht es dabei um Normen, Vorschriften und Regeln des Zusammenlebens, die als göttlich bestimmt, von daher absolut gültig (heilig) und unantastbar behauptet werden. Aus kritisch-gesellschaftswissenschaftlicher Perspektive ist der Islam demnach so etwas wie die kulturell-normative ‚Programmiersprache’ bzw. ‚Grammatik’ eines spezifischen Herrschaftssystems. Dabei bilden der Koran, die Hadithsammlung, die Scharia (in Form von vier Rechtsschulen) sowie die dominanten Auslegungsdogmen der Religionsgelehrten die Grundquellen dieses herrschaftskulturellen Programmiersystems. Hervorzuheben sind nun zunächst zwei elementare Merkmale dieses islamischen Systems:
1) Der Islam fixiert und überhöht eine vormodern-frühmittelalterliche Sozial- und Moralordnung als ewig und absolut verbindliches, göttlich sanktioniertes Konzept.
2) Der Islam ist nicht einfach nur eine auf spirituelle Innerlichkeit ausgerichtete Privatreligion,  sondern eine sämtliche Lebensbereiche umfassende Weltanschauung, politische Doktrin und Herrschaftsideologie. So stellt auch ein islamischer Rechtsgelehrter unmissverständlich klar:
„Es gibt also kein Verhalten, das man sich vernünftigerweise vorstellen kann, und keine Situation, in der der Mensch sich befinden kann, ohne dass der Islam den Muslim beeinflusst und sein Verhalten so festlegt, wie es (der Islam) vorsieht.
Wer folglich denkt, der Islam sei (nur) ein Glaube und nicht auch ein System (eine Ordnung=nizam), ist töricht und weiß nichts vom Islam“ (Abd al-Qadir `Udah, zit. n. Antes 1991, S.59).
Die innerhalb der europäischen Moderne vollzogene Trennung von Religion, Staat, Recht und Privatsphäre kann somit nicht unvermittelt und tatsachenwidrig auf die  islamisch programmierte Herrschaftsordnung übertragen werden, die keine rechtlich geschützte individuelle Wahlfreiheit in weltanschaulichen Fragen und Lebensführungskonzepten zulässt, sondern auch in diesem Sektor nach wie vor absolutistisch verfasst ist.
Im Einzelnen sind nun folgende normativen Grundaussagen der islamischen Herrschaftslehre anzuführen:“ (…)

Folgerichtig akzeptiert das islamische Glaubensbekenntnis auch keine interkulturelle Gleichberechtigung, sondern enthält die Forderung nach Unterordnung/Unterwerfung der Anders- und Nichtgläubigen.“  (…)

3) Ein Kernelement der orthodoxen Glaubenslehre ist die herrschaftlich-moralistische Unterscheidung zwischen dem ‚Reich des Islam’ (Dar-al-Islam) und dem ‚Reich des Krieges’ (Dar-al-Harb). Zum ‚Reich des Islam’ gehören demnach in erster Linie die Gemeinschaft aller rechtgläubigen Muslime und in zweiter Linie diejenigen Juden oder Christen (‚Schriftbesitzer’), die sich der politisch-gesellschaftlichen Herrschaft des Islam unterwerfen und gegen Zahlung einer Steuer den Status eines Dhimmis, d. h. eines ‚geschützten’ Bürgers zweiter Klasse, erlangen.

Die Gesamtheit des Kufr hingegen, all jene Elemente, welche die Herrschaft des Islam ablehnen und sich damit der gottgewollten Ordnung verweigern (also vor allem die Masse der säkularen Humanisten, Agnostiker und Atheisten), bilden das ‚Reich des Krieges’. Dieses Reich der Ungläubigen ist von den Muslimen als Feind anzusehen: Es in Form des ‚kleinen Djihad’ bzw. des ‚religiösen  Krieges’ zu bekämpfen ist göttliche Pflicht.

Die Handlungslogik der frühmuslimischen Beutezüge widerspiegelnd, wird die Verpflichtung zum gottgefälligen Krieg im Koran sowie in den Traditionen des Propheten (Hadith) immer wieder betont.“ (…)     –     (Hervorhebungen GB)

Solange der Islam demzufolge die Trennung von Staat, Religion, Recht und Privatsphäre kategorisch ablehnt oder sogar teils offen und teils verdeckt bekämpft, ist er primär als reaktionäre Ideologie zu betrachten und nicht per se als ‚Religion’. Seine Ziele sind infolgedessen ‚politisch’ – und damit nicht so ohne weiteres unter ‚Religionsfreiheit’ zu subsumieren.

Zudem verstoßen zentrale islamische Normen und Praxen gegen elementare Grund- und Menschenrechte. So führt die dem Islam untrennbar eingeschriebene „Gottesknechtschaft“ in Verbindung mit dem universellen Herrschaftsanspruch zu einer vielfältigen Verletzung der Würde des Menschen. (Verstoß gegen Artikel 1 GG). Das zeigt sich exemplarisch in der barbarischen Bestrafungspraxis der Scharia ebenso wie in der Verfolgung von Anders- und Nichtgläubigen, der Vorenthaltung von Grundrechten für Nichtmuslime, der repressiven Fremdbestimmung in Form von Zwangsheirat und Unterwerfung unter die großfamiliäre Ehrenmoral bis hin zu Ehrenmorden (Verstoß gegen Artikel 2 GG/Persönliche Freiheitsrechte). Der Islam beansprucht zwar Gleichheit vor dem Gesetz, widersprich aber systematisch – wie aufgezeigt – dem Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind sowie dem Grundsatz, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. So werden Nichtmuslime, Frauen, Homosexuelle u. a. unter islamisch normierten Herrschaftsbedingungen umfassend benachteiligt und/oder verfolgt (Verstoß gegen Artikel 3 GG.). Auch lässt der Islam offiziell und informell keine freie Wahl des Glaubens, des Gewissens sowie des weltanschaulichen Bekenntnisses zu und bedroht Abfall vom Islam (Religionsaustritt) mit drakonischen Strafen (Verstoß gegen Artikel 4 GG). Der Islam behindert und verletzt desweiteren systematisch das Recht auf freie Meinungsäußerung in Wort, Schrift und Bild durch Bestrafung, Einschüchterung und Gewaltanwendung (Beispiel: Karikaturenstreit). Zudem sind seine Protagonisten bestrebt, die Pressefreiheit sowie die Freiheit der Berichterstattung in Rundfunk und Fernsehen zu zensieren, d. h. islamgerecht zu manipulieren (Stichwort: UNO-Menschenrechtsrat) während gleichzeitig in arabischen Massenmedien und Schulbüchern eine massive antijüdische Hetze betrieben wird (Verstoß gegen Artikel 5 GG).
Da der Islam folglich in seiner vorherrschenden orthodoxen Form massiv mit diversen Artikeln des Grundgesetzes kollidiert und grundsätzlich einer säkular-demokratischen Gesellschaftsordnung widerstrebt, kann er auch keinen vollen Schutz des Grundgesetzes für sich in Anspruch nehmen. Generell muss deshalb die Einhaltung und der Schutz grund- und menschenrechtlicher Regelungen Vorrang haben vor dem Schutz eines religiösen Glaubens, der in wesentlichen Teilen auf der Befolgung verfassungswidriger religiöser Vorschriften beruht.“ (…)

Im Kontext der Integrationsdebatte zielt der Islamophobie-Vorwurf zudem darauf ab, im Stile einer „Vorwärtsverteidigung“ die eigentliche sozialpathologische Bedrohung der westlichen Einwanderungsgesellschaften demagogisch zu verschleiern, nämlich die tatsächlich vorhandene orthodox-islamische Phobie vor Assimilation.

„Assimilationsphobie“ als das eigentliche Problem – das ist die hasserfüllte Angst der streng gläubigen Muslime vor der kulturelle Moderne, vor dem Geist einer aufgeklärten und säkularisierten Gesellschaft, in der kritische Vernunft, Menschenrechte und Mündigkeit mehr zählen als autoritäre Tradition und religiös-patriarchalischer Gehorsam.

Assimilationsphobie – das ist die reaktionäre Angst vor einer Gesellschaft mit entschleierten, selbstbewussten und selbstbestimmten Frauen, Angst vor der Erosion islamischer Heiratsregeln, vor einer Gesellschaft ohne Gottesknechtschaft, ohne religiösem Überwachungsterror und ohne Zwangsheiraten. Es war ein Skandal, dass der türkische Ministerpräsident Erdogan in seiner Kölner Rede vom Februar 2008 ungeschminkt als Einpeitscher der Assimilationsphobie auftreten durfte und die „Assimilation“, d. h. die Überwindung religiös-kultureller Normen und Traditionen, die den Grundwerten einer säkular-demokratischen Gesellschaft widersprechen, als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ verteufelte. Nicht die hetzerische Aufrichtung einer Fata Morgana der „Islamophobie“, sondern dieser perfide Aufruf zur Integrationsverweigerung bzw. zur fortgesetzten Etablierung einer türkisch-muslimischen Herrschaftskolonie bzw. islamischen Gegengesellschaft in Deutschland stellt die tatsächliche Bedrohung dar.

Der islamkritischen Bewegung muss es deshalb primär darum gehen, diese vom türkischen Staat und seinen deutschen Befehlsempfängern offiziell geschürte Assimilationsphobie als Ursache der Integrationsverweigerung aufzudecken und zurückzudrängen, dem orthodox-islamischen Hass auf die kulturelle Moderne mit offensivem Widerstand zu begegnen  und sich nicht lange mit dem irrational-demagogischen Vorwurf der „Islamophobie“ aufzuhalten.
Integrationspolitisch reicht es schon lange nicht mehr aus, sich mit der Binsenweisheit zufrieden zu geben, dass nicht alle Muslime Terroristen sind, wenn auf der anderen Seite die grundrechtswidrigen Einstellungen und Praktiken der „streng Gläubigen“ tabuisiert werden. Statt islamophiler Legendenbildung muss vielmehr ein offensiver säkular-demokratischer Grundkonsens erarbeitet und artikuliert werden, der den Muslimen in Politik, Medien, Schulen, Gerichten etc. klar und deutlich erklärt: „Wir dulden hierzulande nur eine grundrechtskonforme Religionsausübung. Einen Prozess der Etablierung islamischer Herrschaftskultur werden wir nicht zulassen. Die Zeit der Verwechselung von Toleranz und Ignoranz ist vorbei.“

(Hervorhebungen GB)

http://www.gam-online.de/text-begriffserklarung.html#por

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