Der „Islamische Staat“ und der Terror in Brüssel

Wütende Endzeitfantasien
Die Terroranschläge in Brüssel werden nicht die Letzten sein, die der IS in Europa verübt.
Trotz der militärischen Rückschläge in Syrien und im Irak fühlen sich die Extremisten mächtig.
Kommentar von Daniel Steinvorth
(…) „Nichts ist falsch an den Analysen, die den Islamischen Staat als neues Phänomen deuteten. So schwebte der Kaida von Usama bin Ladin ein ganz anderes Kalifat vor. Sie ging von einem revolutionären Ansatz aus; davon, dass sich die islamischen Massen aus eigenem Entschluss erheben würden – während der IS sich dafür entschied, die Menschen lieber gleich zu unterwerfen. Und trotzdem geraten bei allen Unterschieden beider Terrorgruppen die Gemeinsamkeiten aus dem Blick: Die Wahnvorstellung etwa, dass ein endzeitlicher Krieg zwischen allen «Rechtgläubigen» und den «Ungläubigen» in Kürze naht, ist ein Glaubenskern aller Jihadisten.“ (…)

„Was also geschah aus jihadistischer Perspektive in Brüssel, und was vor einigen Monaten in Paris? Ein Sieben-Stufen-Plan, der einst von Kaida-Ideologen ausgeklüngelt wurde und seit über 15 Jahren in der islamistischen Szene kursiert, gibt Auskunft. Demnach sollen die meisten Phasen des Plans bereits vollendet sein: eine erste Phase bis 2003, in der man die USA zu Kriegen in der islamischen Welt provoziert habe; eine zweite Phase bis 2006, als Muslimen die «Augen geöffnet» würden; eine dritte bis 2010, in der es Aufstände geben werde; eine vierte bis 2013, in der arabische Regime stürzen, und eine fünfte, in der das Kalifat ausgerufen werde. Eine «totale Konfrontation» sagten die Jihad-Apokalyptiker für die sechste Phase voraus, die mit dem Jahr 2016 beginne: ein Kampf zwischen Glaube und Unglaube, der mit dem Sieg für die «Bannerträger des Islams» im Jahr 2020 enden werde – der siebten Phase.

In der verqueren Weltsicht der IS-Anhänger läuft also derzeit alles nach Plan: der Export von Terror in die «Reiche der Ungläubigen». Die Verbreitung von Angst und Schrecken, die eine schleichende Aushöhlung der offenen Gesellschaft nach sich zieht. Eine Zuspitzung der Konfrontation im Westen zwischen Nichtmuslimen und Muslimen, die unter Generalverdacht geraten. Die Ausweitung der Kampfzone ist für den IS längst beschlossene Sache.“ (…)


http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/der-is-und-der-terror-in-bruessel-wuetende-endzeitfantasien-ld.9566

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