Die Diffamierungs-Spirale oder: Von der Erosion des Verstandes

Von Michael Klein und Dr. habil. Heike Diefenbach
„Die letzten Tage und vor allem die Debatte über die “Homosexualität”, die sich, wie Heike Diefenbach regelmäßig mit Verwunderung feststellt, ziemlich auf Schwule kapriziert und Lesben weitgehend außen vor läßt, hat uns dazu angeregt, ein Instrument aus der Mottenkiste der Sozialwissenschaften zu holen, das in neuerer Zeit weitgehend verschwunden ist, gewichen den vielfältigen Formen politisch korrekter Datenhuberei, deren Ziel darin besteht, auch noch die letzte Trivialität als Korrelation zu erheben und dann als Kausalität auszugeben.
Wir wollen die gute alte Gesellschaftskritik wieder zu Ehren kommen lassen und das Mittel der Typologisierung nutzen, um einen Prozess nachzuzeichnen und in seinen wesentlichen Bestandteilen probeweise zu generalisieren und auf diese Weise Lesern und Wissenschaftlern die Möglichkeit geben, unsere Theorie zu prüfen.
Die Theorie, die wir hier präsentieren, haben wir unter die Überschrift “Diffamierungs-Spirale” gestellt. Sie zeigt, wie Politiker nicht nur den öffentlichen Diskurs zu manipulieren suchen, sondern ihn auch vergiften, was regelmäßig von einer Erosion des Verstandes begleitet wird.
Aufmerksame Leser werden festgestellt haben, dass wir den Begriff des Verstandes hier als Kollektivbegriff benutzen, quasi als Summe der individuellen Verstände, derer, die am öffentlichen Diskurs beteiligt sind. Wir beschreiben damit also die Informiertheit des öffentlichen Diskurses, und sind auf diese Weise in der Lage, eine Entwicklung nachzuzeichnen, die grundlegend für den Prozess ist, den wir Diffamierungs-Spirale nennen: Im Verlauf einer öffentlichen Diskussion, die sich als Diffamierungs-Spirale qualifiziert, sinkt die aggregierte Informiertheit ins schier Bodenlose, was darauf zurückzuführen ist, dass (1) Informationen absichtlich aus dem Prozess ausgeschlossen oder diskreditiert werden oder (2) Informationen durch affektive Begriffe ersetzt werden, die wiederum eine Anziehungskraft auf Uninformierte ausüben, sich im öffentlichen Diskurs mit ihren Gefühlchen zu Wort zu melden und eine rationale und vom Verstand geleitete Diskussion damit unmöglich machen.
Die Diffamierungs-Spirale, die wir am Beispiel der Petition “Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens” nachzeichnen, beginnt in der abgeschlossenen Welt, die Niklas Luhmann als  System beschrieben hat. Systeme sind sich selbst genügsam, die Akteure, die sich in ihnen aufhalten, braten, wenn man so will, im eigenen Saft. Sie sind mit systemimmanenten Diskursen beschäftigt und haben nur in seltenen Fällen Kontakt zur Außenwelt.
Politiker bewegen sich in einem solchen System. Das, was Politiker für die Realität halten, basiert auf dem, was ihnen erzählt wird. Politiker zu sein bedeutet, erfahrungsarm zu sein, denn Wissen und Erfahrung über das normale Leben, das die Angehörigen der Gruppe, die Politiker gewöhnlich “die Bürger” nennen, führen, ist Politikern so fremd, wie den Parteimitgliedern in George Orwells Roman 1984 das Leben der Prols bekannt ist.“  –  Weiterlesen:

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