Von Lucas Schoppe – Auszüge:
„Zu den vielen Problemen der Frauenquote gehört die Frage, wer denn eigentlich auswählt, welche Gruppe gefördert werden muss, also als Opfergruppe besonders privilegiert wird: Warum eine Frauenquote, warum nicht auch, z.B., eine Migrantenquote, oder eine Ostdeutschenquote, oder eine Quote für Menschen aus sogenannten „bildungsfernen Schichten“?
Willkürlich ist an der Quotenpolitik auch die Auswahl der quotierten Bereiche: Warum nur besonders privilegierte Positionen, warum nicht auch besonders unangenehme wie z.B. die Müllabfuhr, oder das Heer im Auslandseinsatz? Und warum kommt eigentlich niemand auf die Idee, die deutsche Fußballnationalmannschaft zu quotieren, um zu beweisen, dass ein „diversity“-Team den rein männlichen und langweiligen Teams der anderen Länder ganz gewiss überlegen wäre?“ –
„Die Quotenpolitik ist, ebenso wie die Politik der systematischen Verhinderung der freien Rede, eigentlich eine elitäre Politik: Anstatt auf korrekte Verfahren der Entscheidungsfindung in Unternehmen oder auf demokratische Debatten zu vertrauen, werden wesentliche Elemente dieser Diskussionen und Entscheidungen immer schon vorweggenommen. Als sei Demokratie zwar irgendwie schön und gut, aber beständig auf Anstandsdamen und –herren angewiesen, die darauf achten, dass sie auch bestimmt keine Dummheiten macht.
Eine elitäre Politik aber wird in aller Regel auch eine Politik der Privilegiensicherung sein – was erklärt, warum sie gerade in besonders privilegierten Umfeldern wie den Universitäten so floriert. In einem allgemeinen Umfeld, in dem ein Großteil der Menschen von der Bedeutung gleicher Chancen und gleicher Rechte überzeugt ist, muss sich eine Politik der Sicherung von Privilegien durch autoritäre staatliche Eingriffe allerdings neu legitimieren.
Eben deshalb ist das Beharren auf der Opferposition so wichtig. Die staatlichen Eingriffe können aus dieser Position heraus als Ausgleich bestehender Ungleichheiten verkauft werden, die Sicherung der eigenen Privilegien erscheint als Beitrag zur allgemeinen Gerechtigkeit.
Es ist ein grundsätzliches Problem der in der Geschlechterpolitik so beliebten Privilegierung der Opferperspektive, dass doch grundsätzlich erst einmal entschieden werden müsste, wer überhaupt das Opfer ist. Wenn das wiederum nur aus der „Opferperspektive“ festgestellt werden kann, schnurrt das ganze Verfahren auf eine simple Aussage zusammen: „Ich muss privilegiert werden.“ (Hervorhebungen: GB) – Weiterlesen:
http://man-tau.blogspot.de/2013/11/warum-die-pole-position-im.html#more
Kommentar GB: Ich bin der Auffassung, dass die Interpretation des Art. 3 GG, die Schoppe im Artikel gibt, falsch ist; vgl. hierzu zunächst ein Zitat aus seinem Artikel:
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Es ist der zweite, erst 1994 ergänzte Satz dieses Grundgesetzartikels, der einen starken Anreiz für eine verbissene Opferkonkurrenz bietet. Wenn der Staat sich nicht nur für gleiche Chancen verantwortlich fühlt, sondern insgesamt ungleiche Lebensbedingungen als Diskriminierung begreift, die staatlicherseits abgeschafft oder ausgeglichen werden müsse – dann verschaffen sich diejenigen einen Vorteil, die sich am erfolgreichsten öffentlich als Opfer allgemeiner Unterdrückungsverhältnisse darstellen können.
Eine der ungünstigen Folgen der Gleichstellungspolitik ist es also, dass es vor allem auf die wirkungsvollste Opfer-Inszenierung ankommt und die Frage, wer tatsächlich unter Benachteiligungen leidet, daneben kaum eine Rolle spielt“.
Schoppe zitiert das GG: Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Schoppes Interpretation: „Wenn der Staat sich nicht nur für gleiche Chancen verantwortlich fühlt, sondern insgesamt ungleiche Lebensbedingungen als Diskriminierung begreift, die staatlicherseits abgeschafft oder ausgeglichen werden müsse – dann verschaffen sich diejenigen einen Vorteil, die sich am erfolgreichsten öffentlich als Opfer allgemeiner Unterdrückungsverhältnisse darstellen können.“ – (Hervorhebungen: GB) .
Ich bin der Auffassung, das diese Interpretation falsch ist. Und zwar deswegen, weil Schoppe mit seiner Interpretation das übliche, aber m. E. eben falsche Verständnis von Art. 3 (2) Satz 2 übernimmt. Allein: der Text ist präzise, und er ist m. E. wörtlich zu nehmen. Tut man dies, dann bleibt der Text nämlich kompatibel mit Art. 3 (1) und Art. 3 (3), so dass der Art. 3 logisch konsistent gedeutet werden kann, anderenfalls aber nicht. Siehe hierzu meine Begründungen:
http://cuncti.net/streitbar/330-entweder-gleichberechtigung-oder-gleichstellung
sowie meinen Beitrag: Kritik der Gleichstellungspolitik, in: Qualifikation statt Quote, Hrsg. Harald Schulze/Torsten Steiger/Alexander Ulfig, Norderstedt 2012, S. 57 – 70
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